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Urlaub im Wohlstand

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Der österreichische Fremdenverkehr kann auf eine Entwicklung sondergleichen zurückblicken. Aus den Anfängen in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde er nach dem ersten Weltkrieg zu einem bewußt geförderten Wirtschaftsfaktor, erfuhr jedoch erst von 1947 an eine Entwicklung, die der gesamteuropäischen Fremdenverkehrsentwicklung weit voranging. Die Tatsache, daß Österreich in der Reihe der europäischen Staaten hinsichtlich seines Fremdenverkehrsumfanges zunächst auf die dritte Stelle aufrückte und nur mehr von den beiden touristischen Großmächten Italien und Frankreich übertroffen wurde, war schon sehr beachtlich. Als aber 1962 die Zahl der Ausländernächtigungen in Österreich diejenigen von Frankreich und sogar von Italien übertraf und Österreich damit an die erste Stelle in Europa brachte, war dies ein Erfolg, der gleichzeitig zur Sensation wurde.

Dieser Erfolg der Zahl läßt die Frage sinnvoll erscheinen, ob er ein erarbeiteter, zielstrebig und planvoll herbeigeführter Erfolg war, oder ob er einer zufälligen, günstigen Situation im Strom des internationalen Tourismus entsprang.

Feststeht, daß die touristische Ortsveränderung in so starkem Maße zu einem Bestandteil des heutigen Lebensstandards geworden ist, daß man sie in fast allen Einkommensschichten antrifft. Es ist dabei nicht immer nur das Erholungsbedürfnis entscheidend, sondern vielfach spielt das Sozialprestige eine wichtige Rolle, Aber auch die gesunde Neugierde, andere, bisher noch nicht geschaute Gegenden zu sehen und zu erleben, gehört zu den Triebkräften des Fremdenverkehrs. Sie beziehen ihre Nahrung aus Erzählungen, aus Büchern, aus Berichten in Wort und Bild mit Hilfe der Publikationen, des Rundfunks und des Fernsehens. Sie alle tragen zur Begriffsbildung und damit zur Wunschbildung nach eigener Anschauung und eigenem Erleben sehr wesentlich bei.

Die moderne, wenn auch nur temporäre Völkerwanderung, die in allen Teilen der Welt vor sich geht, hat, um überhaupt möglich zu sein, eine ungeheure organisatorische und technische Maschinerie zur Voraussetzung. Teile dieser Organisation und Maschinerie sind weltumspannend, andere sind auf nationale, regionale und lokale Bereiche beschränkt. Wesentlich sind ihre Funktionen, die sie innerhalb des modernen Tourismus zu erfüllen haben, und die Art, in der sie ihren Anforderungen entsprechen.

Es weitet sich somit die Frage, ob der Erfolg des österreichischen Fremdenverkehrs ein erarbeiteter oder ein zufälliger war, zur Frage, ob die Organisation und Maschinerie des Fremdenverkehrs in Österreich dieses Ergebnis herbeigeführt oder zumindest gefördert hat. Dazu vorweg die Feststellung, daß Österreich keine zentrale Organisation, kein alleiniges Instrument einer Fremdenverkehrspolitik kennt, sondern eine Vielzahl von Organisationen in diesem Felde tätig ist. Organisationen auf Bundesebene, Landesorganisationen, Gebietsorganisationen und örtliche Stellen sind am Werk und — um es vorwegzunehmen — ihr Zusammenspiel ist nicht immer geordnet. Die Grundsätze der Koordination und der Kooperation werden entweder überhaupt nicht oder nur dort und dann akzeptiert, wo es dem eigenen, oft nur persönlichen Ansehen dient. So kann man beobachten, daß einmal zweckbestimmte Organisationen über ihren Aufgabenkreis hinaus sich mit Fremdenverkehrsaufgaben und -Problemen befassen, die ihnen nicht nur aus Bestimmungsgründen nicht zufallen, sondern die sie auch gar nicht sinnvoll lösen oder zu einer sinnvollen Lösung Vorschlägen können. Es bilden sich da und dort Ausschüsse unter dem Motto „Koordination“, aber ihre Beschlüsse sind ohne den Apparat, der sie durchführen könnte, ziemlich hypothetisch.

Eines ist sicher: Der Fremdenverkehr an sich, als Problem der Massenhaftigkeit, ruft eine Vielheit von Erscheinungen, von Erfordernissen und zu treffenden Maßnahmen hervor, die im Zusammenwirken aller Faktoren den Gesamtablauf des Fremdenverkehrs beeinflussen. Begreiflich, daß die vom Fremdenverkehr als wirtschaftlicher Erscheinung Betroffenen danach streben, auch Einfluß auf die den Fremdenverkehr bestimmenden Faktoren zu nehmen. Der Weg dazu scheint geeignet über ihre Organisation.

In Österreich hat das Bestreben, die bestehenden oder auftretenden Probleme partikular und nicht durch die zuständigen Einrichtungen in Angriff zu nehmen, nicht zu einer dem Ganzen dienenden oder beschleunigenden Arbeitsmethode geführt, sondern vielmehr zu einem Nebeneinander, Übereinander, ja manchmal sogar Durcheinander von Aktionen und Kräften.

Allerdings verleitet der Fremdenverkehr in der Universalität seiner Beziehungen und auslöst, die risikoreich sind; sie setzen sich fort mit den Finanzierungsnotwendigkeiten der Fremdenverkehrseinrichtungen; mit den Rangstufen und Preisstufen der Fremdenverkehrsbetriebe; mit der Leistungsinanspruchnahme, also der Frequenzdichte und Frequenzdauer; mit den Kosten und Schwierigkeiten der Betriebsbereitschaft; alles Probleme, die gleichzeitig Faktoren der Rentabilität sind, die den Fremdenverkehrsbetrieb trotz der Massenhaftigkeit des Fremdenverkehrsablaufes keineswegs auszeichnet. Sowohl für die Transportbetriebe, wie für die Beherbergungsbetriebe besteht das Rentabilitätsproblem in besonderem Maße, bedingt durch die Anlagenintensität dieser Betriebe, die dadurch mit hohen fixen Kosten belastet erscheinen. Je mehr die Betriebsbereitschaft in Anspruch genommen, also zur Betriebsleistung wird, desto kleiner wird der Anteil der fixen Kosten an der einzelnen Leistung. Zeiten der Unterbeschäftigung, aber auch des Betriebsstillstandes lassen den Druck der fixen Kosten besonders spürbar werden.

Erscheinungen sehr leicht dazu. Er verleitet ja auch dazu, ein dankbarer Stoff für Reden und Aufsätze zu sein, weil er es gestattet, infolge seiner Vielseitigkeit ihn von jedem beliebigen Standpunkt aus zu betrachten. Wenn auch diese Betrachtungen meist wirtschaftlich orientiert sind, so können sie doch nicht über die Ganzheit des Phänomens Fremdenverkehr hinwegsehen.

Nicht nur die Universalität des Fremdenverkehrs an sich, auch seine quantitative und qualitative Manifestierung schafft Probleme. Sie beginnen mit der Streuung des Fremdenverkehrs, der sich auf einige Zentren konzentriert und in diesen Investitionsmaßnahmen

Es sind aber nicht nur in der Betriebseigenart selbst gelegene Probleme, die sich ergeben, auch äußere Umstände bewirken Verhältnisse, die in der Gesamtsicht des Fremdenverkehrs früher oder später einer Lösung zugeführt werden müssen. So das Personalproblem, das nicht nur eine Frage der Arbeitskräfteanzahl, sondern ebenso eine sozialpolitische und lohnpolitische Frage ist; das Mißverhältnis zwischen der Beherbergungskapazität und der Verpflegungskapazität verursacht durch die hohe Besteuerung des Küchen- und Getränkeumsatzes, die im Verein mit den übrigen Kosten zur ungenügenden Rentabilität führen; die Belastung des Gastes mit Gebühren, Abgaben und Taxen im Zuge seines Aufenthaltes; aber auch der Mangel einer koordinierten Organisation des gesamten Fremdenverkehrs; die unruhige Preisorientierung; rückständige gewerberechtliche Ordnungsprinzipien, wie überhaupt eine ungenügende Bedachtnahme auf die Notwendigkeiten des Fremdenverkehrs in den gesetzlichen Verfügungen zur Ordnung des Gemeinwesens.

Damit sind nur einige wichtige Gegenwartsprobleme des Fremdenverkehrs genannt, zu denen sich aber noch Aufgaben und Schwierigkeiten der künftigen Fremdenverkehrsentwicklung fügen.

Das touristische Angebot in aller Welt wird immer größer, mehr und mehr Staaten, alte und junge, drängen nach dem Segen der touristischen Wertbewegungen und kennen deren Wirkung im internationalen Zahlungsausgleich. Die Konkurrenz um den Gast wird immer härter. Deutlich zeigt sich dies in den Vereinigten Staaten, wo die Länder Europas und die des pazifischen Raumes in scharfem Wettbewerb stehen. Die USA besitzen selbst einen weit vorgeschobenen touristischen An - ziehungspunkt, Hawaii. Allein die PAA unterhält zwischen der Westküste der USA und Hawaii wöchentlich 53 Flüge, davon 26 zu einem verbilligten Tarif von S 100.—, der sogenannten „Thrift-Class“.

Diese Tarifverbilligung einer „Thrift-Class“ soll auch im Transatlantikflug verwirklicht werden, sobald die lATA-Konferenz darüber eine Einigung erzielt.

Ab Jänner 1964 wird Tahiti in das touristische Flugprogramm stärker einbezogen; die Philippinen verzeichnen einen stark ansteigenden Reiseverkehr aus den USA, Japan ist ein überaus beliebtes Reiseziel, und insbesondere Thailand und Hongkong liegen im Strom des USA-Tourismus nach dem Pazifik.

Die Bemühungen um den amerikanischen Gast müssen von Europa aus verstärkt, insbesondere aber von Österreich aus intensiviert werden. Wenn auch in stärkerem Maße als noch vor wenigen Jahren der amerikanische Mittelstand im Reisepublikum sichtbar wird und demzufolge in der durchschnittlichen Ausgabenhöhe der amerikanischen Touristen eine Senkung eintritt, so ist diese immer noch über den Durchschnittsausgaben des europäischen Gastes. Darüber hinaus sind die amerikanisch-europäischen Fremdenverkehrsbeziehungen auch in ihrer geistig-kulturellen Auswirkung wichtig.

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