Verfeindete Glaubensbrüder

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Im Verlauf der islamischen Geschichte wurden die beiden Konfessionen Sunniten und Schiiten immer dann aufeinandergehetzt, wenn es um politische Konflikte ging, in denen jeder die jeweils eigene Position als religiös legitimiert erscheinen lassen wollte.

Ähnliches erleben wir in diesen Tagen im Konflikt zwischen Saudi-Arabien und dem Jemen. Nach außen sieht es so aus, als würden hier Schiiten gegen Sunniten kämpfen. In Wirklichkeit geht es überhaupt nicht darum, dass die einen die anderen bekämpfen, weil sie einer anderen islamischen Konfession angehören. Es geht vielmehr um die Angst Saudi-Arabiens und einiger anderer Golfstaaten vor dem Einfluss des Iran in der Region. Saudi-Arabien scheint immer mehr von Pro-Iran-Gemeinschaften umzingelt zu sein: Die Schiiten im Osten Saudi-Arabiens sowie in Bahrain, die Schiiten im Süden (Jemen) und die Schiiten im Norden (Irak und Libanon). Diese schiitischen Gruppen stellen, wie gesagt, keine Gefahr für Saudi-Arabien dar, weil sie Schiiten sind, sondern weil sie pro Iran sind.

Bis jetzt war der Iran durch die seit mehreren Jahren bestehenden Sanktionen stark geschwächt. Seit voriger Woche haben sich allerdings der Iran und die USA auf ein Atomabkommen geeinigt, das zur Aufhebung der Sanktionen führen soll. Auch der UN-Sicherheitsrat und die EU haben eine Woche nach dem Atomkompromiss mit dem Iran den Weg frei gemacht für die Aufhebung von Sanktionen.

Das heißt, aus dem Feind wird nun ein Freund. Dies beunruhigt aber Staaten wie Saudi-Arabien oder Katar. Daher verwundert es auch nicht, dass gerade diese beiden Länder Interesse daran haben, dass eine Organisation wie der IS als Bedrohung für alle Schiiten in der Region bestehen bleibt.

Die Entwicklungen lassen ahnen, dass in den nächsten Jahren der sunnitisch-schiitische Konflikt in der Region verschärft und der IS zugleich gestärkt wird.

Der Autor leitet das Zentrum für Islamische Theologie an der Uni Münster

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