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Volkstribun Dayan

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Israel, das bei aller gespannten außenpolitischen Situation an der Demokratie mit Prägnanz festhält, beschäftigt sich bereits intensiv mit den Gedanken an seine Parlamentswahlen, die im Herbst 1969 stattfinden werden. „Der Wahlkampf von 1969 hat schon begonnen“, lautete kürzlich der Titel eines Artikels in einer israelischen großen Tageszeitung: und daran ist vieles wahr. Die gegenwärtige „Große Koalition“ der israelischen Regierung wird durch diesen vorbereitenden Wahlkampf immer wieder erschüttert — und für die Zukunft in Frage gestellt. Die Zukunftsfrage bietet sich vor allem der nach vieljährigem Kleinkrieg „Vereinigten Arbeiterpartei“, die sich aus der bisher alle Regierungen tragenden rechtssozialistischen Partei Mapai, der seinerzeit von ihr abgesplitterten Dissidentenpartei David Ben GurionsRaft und der etwas mehr links stehenden wie sich durch eine dauernde Unversöhnlichkeit gegenüber der Bundesrepublik Deutschland auszeichnenden Partei

„Achduth Haawodah“ („Ehre der Arbeit“) zusammensetzt.

Im Schoß dieser Vereinigten Arbeiterpartei ist ein fortgesetztes Scharmützel hinsichtlich der Wahl des künftigen Premierministers des israelischen Kabinetts im Gange: Eschkol (Mapai), geschickter Taktiker und Kompromißler, wird abtreten — und um seine Nachfolge ist längst der Streit zwischen Mosche Dayan (Rafi) und Jigal Alton (Achduth Haawodah) entbrannt, wobei sowohl Eschkol als auch Golda Meir, die langjährige Außenministerin des Staates und gegenwärtige Generalsekretärin der Vereinigten Arbeiterpartei, ihre Sympathien und ihre starken Einflußmöglichkeiten Jigal Allon zuwenden. Dayan, derzeit Verteidigungsminister, als Held des Krieges und als Draufgänger in der Politik ungemein populär, ist der Kandidat der „Rechten“ im Rahmen der Arbeiterpartei: er genießt aber auch die Unterstützung der Rechten außerhalb der Partei, so namentlich des Ministers ohne Portefeuille

Menachem Beigin, des Vorsitzenden der am äußersten rechten Flügel der Koalition stehenden Partei Cheruth, der eindeutig die Annexion des von den Israelis während des Sechs- Tage-Krieges 1967 eroberten Territoriums an Israel fordert: Äußerungen Dayans,die von der Regierung immer wieder gerügt werden, weisen darauf hin, daß auch er diesen Standpunkt Belgins als gegenüber der arabischen Nicht-Friedfertigkeit einzig richtig ansieht. Dieser Konzeption gegenüber hat Jigal Allon, derzeit Arbeitsminister, Held des Unabhängigkeitskrieges von 1948 49, in dem er die famose Stoßtruppe „Palmach“ der israelischen Armee geschaffen hat, einen anderen Plan ausgearbeitet, der den Brückenbauern besser gefällt: er will den wesentlichen Teil der biblischen Länder, Judäa und Samaria, die zwischen 1948 und 1967 nahezu vollständig zum Königreich Jordanien gehört haben, an Jordanien zurückerstatten und nur einen schmalen Sicherheitsstreifen entlang des westlichen Jordanufers zu Israel geschlagen wissen, durch den ein Korridor dieses Cisjordanien mit Transjordanien verbände.

Allon kontra Dayan

Dieser Plan findet die Sympathien der Anti-Annexionisten, die vor einer zu großen arabischen Bevölkerung innerhalb des Judenstaates Angst haben: Eschkol und Golda Meir gehören zu diesen. Daß Eschkol lieber Allon als Dayan als seinen Nachfolger als Premierminister sähe, erhellt unter anderem auch daraus, daß er kürzlich empfahl, Allon zum Stellvertretenden Ministerpräsidenten und zum Minister für die soziale Eingliederung der Neueinwanderer zu machen.

Gallup-Befragungen, die im Zusammenhang mit diesem Vorschlag Eschkols durchgeführt worden sind, haben freilich ein für Mosche Dayan ' hervorragendes Resultat gezeitigt: : er steht absolut an der Spitze der Popularität und der Gunst des Volkes, das in ihm den richtigen Pre- i mierminister sieht, indes Allon weit hinter ihm zurückbleibt und Eschkol selber nur noch mit sehr wenigen Sympathien rechnen kann. Der ' israelische Mann auf der Straße ' glaubt, daß angesichts der von Moskau unterstützten, zu keinem Kom- ' promiß geneigten arabischen Haß- i Politik das Vertrauen in Dayans i starke Hand für Israel klüger sei ! als jedes Zeichen von Nachgiebigkeit.

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