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Vor den Midterms: Der bleibende Trumpismus

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Vor den Zwischenwahlen am 8. November zeigen sich die USA gespaltener denn je. Präsident Joe Biden könnte zur „lahmen Ente“ werden – und Donald Trump als Präsidentschaftskandidat wiederkehren. Eine Analyse.

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Vor den Zwischenwahlen am 8. November zeigen sich die USA gespaltener denn je. Präsident Joe Biden könnte zur „lahmen Ente“ werden – und Donald Trump als Präsidentschaftskandidat wiederkehren. Eine Analyse.

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Kann ein Abgleiten in autoritäre oder bürgerkriegsähnliche Zustände noch verhindert werden? Das sind Fragen, die sich Politikwissenschafter angesichts der tiefen Systemkrise in den Vereinigten Staaten ernsthaft stellen. Etwa 20 Prozent, darunter drei von zehn Republikanern, glauben in Umfragen, dass Gewalt in Zukunft unvermeidlich sei, „um Amerika zu retten“. Noch bezeichnender ist, dass die Mehrheit der republikanischen Kongresskandidaten behauptet, dass Trump die Wahl gestohlen worden und Biden nicht der rechtmäßige Präsident sei.

Keine europäische rechtspopulistische Partei hat bisher gewagt, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie so offen zu delegitimieren. Doch die Sorge um die Demokratie ist bei den Wählern gering. Dagegen sind die hohen Lebensmittelpreise und Energiekosten das bestimmende Thema. Auch die Außenpolitik rührt nur etwa drei Prozent der Befragten. Die innenpolitische Krise in den USA liegt wie ein Schatten über den transatlantischen Beziehungen, denn alle aktuellen Versprechen der Regierung Biden haben ein mögliches Verfallsdatum.

Auf und Ab der Demokraten

Zwei Theorien der Politikwissenschaft erklären, warum die Partei des Präsidenten bei den Midterm-Wahlen durchschnittlich 26 Sitze im Kongress verliert. Die eine besagt, dass es sich um ein Referendum über den Präsidenten handelt; die andere lautet, dass in verschiedenen Wahlzyklen unterschiedliche Wählergruppen mobilisiert werden. Nach beiden Erklärungen schienen die Demokraten von Anfang an wenig Chancen zu haben. Bidens Zustimmungswerte waren denkbar schlecht, seine Gesetzesagenda steckte im Kongress fest – und die hohen Inflationsraten wurden den Demokraten zugeschrieben.

Doch mit der Aufhebung des verfassungsmäßigen Rechts auf legalen Schwangerschaftsabbruch sowie nach Bidens überraschendem Erfolg, seine großen Sozial- und Infrastrukturpakete durch den Kongress zu bringen, verbesserte sich die Lage für die Demokraten. Die Enthüllungen um Trump und die Vorgänge beim Sturm auf das Kapitol mobilisierten die eigenen Wähler und zeigten anderen, in welches Fahrwasser die Republikaner geraten waren. Für die Demokraten schien es wahrscheinlich, den Senat halten zu können.

Doch in den letzten Wochen wendete sich das Blatt abermals. Die Republikaner, die im Wahlkampfbudget lange im Rückstand waren, konnten die Lücke schließen. Dem gewieften Führer der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, gelang es, den in Not geratenen Senatskandidaten mit einem prall gefüllten Spendentopf zu Hilfe zu kommen. In Mehrheitswahlsystemen wie den USA werden Wahlen in den wenigen neuralgischen Wahlbezirken gewonnen, wo die Parteien im Allgemeinen gleichauf liegen und kleinste Verschiebungen zu einem Wechsel der Mehrheit und somit der gesamten Macht führen.

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