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Wahlprognosen wieder gefragt

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Wäihrend die Parteisekretäre der Wiener SPÖ und der Wiener Volkspartei noch einen Wahltermin für die Gemeinderatswahlen ausknobeln, rüsten die Wahlstrategen schon für die kommenden Auseinandersetzungen.

Hatte der Beschluß der KPÖ im Jänner 1966, eine Wahlempfehlung für die SPÖ abzugeben, das Bild des letzten Nationalratswahlkampfes entscheidend bestimmt, ist auch jetzt die KPÖ wieder im Gespräch: durch ihre Erklärung, die derzeitige SPÖ-Polltik sei zu wenig fortschrittlich, stellte sie sich auf ihrem letzten Parteitag wieder in den Wahlkampf — als kandidierende Partei im Landtag und natürlich auch Naitio-nalratswahlkampf.

Das Auftauchen der KPÖ stellt für die SPÖ insofern ein gewisses Überlegungsmoment dar, als die Wahlergebnisse der letzten Wahlgänge unter diesiem Aspekt gezählt werden müssen. Denn in manchen Wahlkreisen hat die SPÖ nur einen ganz schwachen Stimmenüberhang, der durch KP-Stimmen verlorengehen könnte.

Anderseits hoffen die Sozialisten, daß Franz Olah nach seinem Prozeß im Frühjahr 1969 nicht mehr als Führer einer eigenen Partei auftreten wird und damit die Demokratische Fortschrittliche Partei des ehemaligen Innenministers erledigt sein werde. Und dadurch — so spekuliert &#9632;main in der SPÖ — kfinnten die Olah-Stimmen ohne Schwierigkeiten wiederum zur SPÖ zurückwandern. Etwa im Wahlkreis 1 (die Wiener Bezirke 1, 3 und 4) hat die SPÖ gute • Chancen, ein Grundmändät dazuzu-winnen. Erhält sie zu ihren, ,21 000 Re<3tstimmen die Hälfte cterDFP-Stimmen dazu, dann würde au diesem Wahlkreis mit bisher absoluter ÖVP-Mehrheit. in der auch Bundeskanzler Dr. Klaus kandidiert, ein zusätzlicher SPÖ-Abgeordneter in d?n Nationalrait einziehen. Ein viertes Grundmandät kann die SPÖ auch sehr leicht im Wahlkreis 7 (Wiener Bezirke 14, 16 und 17) erhalten. Nur ein Drittel der Olah-Stimmen genügen der SPÖ zu einem weiteren Abgeordneten. Auch im Viertel unter dem Man-hartsberg und im Hausruckviertel liegen die Verhältnisse ähnlich. In der Obersteiermark haben die Kommunisten 1962 noch 13.000 Stimmen erhalten. Wandert etwa ein Drittel dieser Kommunisten-Stimmen zur SPÖ, gewinnt dort die SPÖ gleichfalls ein Grundmandat dazu.

Die Volkspartei hat im Kampf am grünen Tisch die erheblich schlechteren Chancen. 1966 hat die derzeitige Regierungspartei in einigen Wahlkreisen Glück gehabt und ihre Grundmandate sind dort überhaupt nicht „gepolstert“, wie die Wahl-strategen sagen. Überdies sind größere Bewegungen aus strukturellen Gründen von kleinen Parteien zur ÖVP unwahrscheinlich. Freilich, so hofft man gelegentlich in der Kärnt-nerstraße, hat sich in den letzten Monaten die NDP als rechte Absplitterung der FPÖ bemerkbar gemacht. Insbesondere in Kärnten und Salzburg haben sich die Rechtsradikalen hervorgetan. Würde es der NDP gelingen, die FPÖ zu teilen, wäre ein Grundmandatsgewinn der Freiheitlichen unmöglich, was gleichzeitig ihr Ausscheiden aus dem Parlament bedeuten würde. Dann wären ÖVP und SPÖ im Nationalrat unter sich, was den Gewinn der absoluten Mehrheit für eine der beiden Großparteien automatisch nach sich ziehen müßte.

Allerdings: das Auftauchen der KP auf der Bildfläche der Wahlgänge der nächsten Zeit bedeutet nicht, daß die Kommunisten auch nur annähernd reale Chancen haben, in irgendein Parlament einzuziehen. Vielmehr gilt es als so gut wie sicher, daß die KPÖ diesmal die 5-Prozent-Klausel, die nach der Wiener Verfassung besteht, nicht überschreiten wird und daher mit dem Ausscheiden der beiden Wiener KP-Land-tagtsabgeordneten zu rechnen ist. Auch die Hoffnung, etwa im Wahlkreis 4, wo die Kommunisten auch 1966 kandidierten, zu einem Grundmandat zu kommen, sind bei den nächsten Nationalratswahlen praktisch ausgeschlossen: in diesem Wahlkreis dürften ihnen 1970 gute 10.000 Stimmen fehlen. In Salzburg, Vorarlberg und Niederösterreich, wo 1969 überall der Landtag gewählt wird, sind die Kommunisten schon bisher in der Legislative nicht vertreten. Die Freiheitlichen hingegen dürften in diesen Bundesländern ihren Man-datsstaod halten können; nur in Niederösterreich, wo sie nicht im Landtag sitzen, dürften sie auch diesmal chancenlos sein. Immerhin: Trotz der Spekulationen der Wahlarithmetik wird bei allen Wahlgängen ein wachsender Anteil der Wähler „fluktuieren“, das heißt bereit sein, die Partei zu wechseln. Immerhin; betrüg der Prozentsatz dieser wirklich Entscheidenden bei den letzten 'teößWärileö IrTden beS? den vergangenen Jahren bereits im Durchschnitt 12 Prozent. Wer also die bessere Politik macht, wird von diesen — vor allem jungen Wählergruppen — bevorzugt werden. Und diese Gruppen werden schließlich der Arithmetik (wie schon 1966) einen argen Stoß versetzen ...

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