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Die Freiheitliche Partei beklagt stets wortreich, unter besonderer Beobachtung der Gegner und der Medien zu stehen. Das stimmt. Doch die vielfachen guten Gründe dafür liegen im Verhalten der Freiheitlichen, wie die Causa Graf zeigt.

Die Sache ist ernst, aber die Beobachtung amüsiert: In ihrer geradezu hysterischen, meist vom Ringen um Atemluft vorgebrachten Erregung haben die Freiheitlichen stets recht und unrecht zugleich, wenn sie sich von politischen Gegnern und von Medien verfolgt fühlen. Sie erkennen richtigerweise, besonders scharf beobachtet zu werden. Aber sie verstehen nicht, dass sie es sind, die dafür gute Gründe und triftige Anlässe liefern.

Der Nachweis fehlt, Nachgeschmack bleibt

Dies zeigt aktuell und abseits des Ideologischen etwa Martin Graf. Es bestehen - neutral betrachtet - jeweils gegenteilige Auffassungen darüber, ob er alle Angaben zu seiner Person stets sachlich richtig vorgenommen hat, ob er seine Berufspflichten im Zusammenhang mit einer Stiftung und im Zusammenhang mit einer Tätigkeit als Geschäftsführer und Prokurist in einer objektivierbar zufriedenstellenden Weise ausübte. Er sagt, stets korrekt gehandelt zu haben. Das Gegenteil wurde ihm nicht nachgewiesen. Rechtlich ist ihm kein Vorwurf zu machen - aber es bleiben Umstände, die einen schalen Nachgeschmack hinterlassen, die kritisches Hinterfragen erfordern.

Hat der Rechnungshof nicht etwa die Gebarung am Austrian Research Center als "existenzgefährdend“ beschrieben, just für jene Zeit, als Graf und andere Blaue dort werkten? Hat sich denn nicht eine von ihm rechtsfreundlich betreute Dame dabei nur mäßig bis schlecht beraten gefühlt? Hatten wir denn nicht schon mehrfach unter der FPÖ einen derartigen Mangel an qualifiziertem Personal festzustellen, dass diese Partei solches per Inserat suchte, für ihre Minister Kabinetts-Expertisen anderer Parteien nutzen musste? Gab es nicht schon einmal Personen blauer Provenienz, die Titel führten, die sie nicht erworben hatten? Gab es nicht schon wiederholt Beobachtungen, dass Freiheitliche an den Schnittstellen von Staat und Geschäft vorzugsweise wiederum auf Freiheitliche treffen? Haben denn die Angehörigen des Dritten Lagers nicht wiederholt argumentiert, sie müssten sich jetzt eben rascher und dichter in den Strukturen des Staates festzusetzen versuchen, nachdem die beiden anderen Lager sich dort schon seit Generationen eingenistet hätten?

Eben weil alle diese Fragen mit Ja zu beantworten sind, stehen die Freiheitlichen unter besonderer Beobachtung. Denn wer sich so, wie sie es zeigen, verhält, hat eine offensichtliche Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit, zwischen erhobenen moralischen Ansprüchen und tatsächlichem Verhalten zu verteten. Die sich als neu präsentierende politische Kraft erweist sich sehr rasch als eine alte, sobald sie nur die Gelegenheit dazu hat. Auch die Freiheitlichen bevorzugen es, sich des alten Systems zu bedienen anstatt es wie versprochen zu erneuern.

Der Grund besonderer Beobachtung

Vom Rechnungshof und Medien für behauptetes oder bewiesenes Fehlverhalten kritisiert zu werden - das ist heute wirklich kein Alleinstellungsmerkmal der Freiheitlichen mehr. Die Klagelieder über eine als ungerecht empfundene politische Kritik ertönen stets in einem interfraktionellen Chor. Selbst wenn manche Strophen zu Recht medialer Übertreibung gelten.

Was Martin Graf politisch suspekt macht, ist das, worauf er stolz zu sein scheint, nämlich schlagende Burschenherrlichkeit und völkische Schwärmerei. Die Pflege mancher Tradition mag unbenommen sein, doch ein Staatswesen auf der Höhe der Zeit ist das Ergebnis von Aufklärung, also Rationalität anstelle von Emotionalität. Bezugspunkt ist der Einzelne in seinen Rechten wie seinen Pflichten, nicht aber als bloßer Teil eines nationalen Kollektivs. Doch Ziele und Mittel einer politischen Konzeption wie jener der ideologischen Heimat Grafs sind rigide Strukturen, totale Autoritäten und Herrschaft. Das ist genau das, was Aufklärung und Moderne zu überwinden trachten. Solange die Freiheitlichen all das nicht erkennbar verstanden haben, bleiben sie unter besonderer Beobachtung.

* claus.reitan@furche.at

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