Türkisches Bohrschiff - © Foto: APA/AFP/Bulent Kilic

Was für die Türkei spricht

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Trotz der vielen Spannungen und der Drohungen aus Ankara muss klar sein, dass die Türkei für den Westen große Bedeutung hat. Ein Gastkommentar.

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Trotz der vielen Spannungen und der Drohungen aus Ankara muss klar sein, dass die Türkei für den Westen große Bedeutung hat. Ein Gastkommentar.

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Die Türkei macht wieder einmal Schlagzeilen um sich und die EU. Eigentlich sollte in dieser Woche eine neue Runde zur Wiedervereinigung Zyperns vereinbart und fixiert werden. Eine Woche lang verhandelten die Vertreter der beiden Staaten miteinander unter UNO-Vermittlung.

Doch der Anlauf scheiterte, nach zyprischen Angaben an der Türkei. Das Verhältnis zwischen EU und Türkei ist derzeit gerade wegen des Zypernkonflikts extrem angespannt. Vor allem, dass türkische Bohrschiffe in zyprischen Gewässern auftauchten, um nach Gas zu suchen, entzündete den Konflikt erneut. Die Türkei scheint jedenfalls Fakten schaffen zu wollen. Der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu pocht dabei darauf, die Rechte der türkischen Zyprer ernstzunehmen und sie fair an den Gasvorkommen zu beteiligen. „Die Provokationen der Türkei sind für uns alle inakzeptabel, und wir stehen hier auf der Seite Zyperns“, so der deutsche Europastaatsminister Michael Roth, der mit seinen Außenministerkollegen Sanktionen gegen die Türkei erließ, indem ihr EU-Gelder gekürzt und ein Luftverkehrsabkommen auf Eis gelegt werden.

Die geteilte Insel

Die Geschichte des Konfliktes geht viel weiter zurück: 1974 intervenierte die Türkei nach einem griechischen Militärputsch, um den Anschluss der Insel an Griechenland zu verhindern. Seitdem ist Zypern in eine türkische Republik Nordzypern, die bis heute lediglich von der Türkei anerkannt wird, und eine südliche Republik Zypern, geteilt. 2004 wurden Pläne zur Wiedervereinigung von den griechischen Zyprern abgelehnt, die im selben Jahr der EU beitraten. Das aktuelle Beispiel verdeutlicht, wie wenig Verständnis es für die gegenseitigen Interessen gibt. Allerdings führt aus historischen, wirtschaftlichen und geopolitischen Gründen kein Weg an die Türkei vorbei, wenn der Westen in Eurasien eine Rolle spielen will.

Denn sie hat sich mehrmals als sehr nützlich erwiesen. Es war nicht nur die Flüchtlingskrise, wo sich die Türkei als wertvoller Verbündeter erwies. Wie sich das Habsburgerreich mit der Türkei verbündete, um Russlands Expansion im 19. Jahrhundert auszubalancieren, so lässt sich die historische Analogie auch auf die Gegenwart anwenden. 1952 trat die Türkei der NATO als Anker im Süden bei, um die Sowjetunion in Schach zu halten. Doch sie bietet heute weitaus mehr. Die Türkei stabilisiert die Region ums Schwarze Meer, kontrolliert den Zugang von diesem zum Mittelmeer, hält Russland im Kaukasus in Schach und ist ein Gegenspieler zum islamischen Fundamentalismus in der Region. Sie genießt in der zentralasiatischen Region, rund um das kaspische Meer, hohen Einfluss. Die Türkei pflegt zu Tadschikistan, Usbekistan, Kasachstan, Kirgistan, Turkmenistan, Aserbaidschan, Armenien und Georgien gute Beziehungen. Viele diese Länder waren unter osmanischer Herrschaft und sind der Türkei bis heute historisch, kulturell, religiös, wirtschaftlich und sprachlich verbunden.

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