Der israelische Freund war seit der 2. Intifada nicht mehr im Westjordanland. Seit 17 Jahren vermeidet er aus Angst jede Begegnung mit Palästinensern. Der einzige Palästinenser, zu dem er etwas Kontakt hat, ist ein Handwerker, der auf der Baustelle seiner Wohnanlage arbeitet. Dass die deutsche Journalistin regelmäßig in den palästinensischen Gebieten unterwegs ist -oft auch alleine und mit einem Auto mit israelischem Kennzeichen, kann er erst gar nicht fassen.
Nachdem sie das aber nun schon längere Zeit unbeschadet überlebt, wird er neugierig. Wie sieht Ramallah heute aus? Wie Jenin, Nablus? Gemeinsam mit einem Fernsehteam würde er sich auch in die kleine Stadt im Westjordanland wagen. Seine Mitfahrt ist längst vereinbart, da kommt Trumps Entscheidung, Jerusalem als israelische Hauptstadt anzuerkennen. Es folgen: Ausschreitungen, Zusammenstöße. Die Palästinenser, die Ost-Jerusalem zur Hauptstadt eines palästinensischen Staates machen wollen, drohen mit der 3. Intifada. Und der Freund? Bleibt bei seiner Entscheidung. Er will die Weihnachtsfeiern in der Geburtsstadt Jesu erleben. Erst schweigend, mit großen Augen verfolgt er den Umzug der Dudelsackspieler und Trommler. Die laute, ausgelassene Volksfestatmosphäre. Schließlich strahlt er. Verschwindet lange im arabischen Bazar, um mit Souvenirs beladen wiederaufzutauchen. Auf der Rückfahrt ruft er Familie und Freunde an. Erzählt, dass die palästinensischen Händler extrem nett waren.
Ihr Geschäft laufe schlecht, weil viele ausländische Touristen in diesem Jahr fernblieben. Auch die meisten Christen aus Nordisrael verzichteten wegen der Spannungen auf den Familienausflug nach Bethlehem. Ich weiß nicht, ob die Händler mich als israelischen Juden erkannt haben, lacht er dann. "Aber das spielt doch auch keine Rolle."
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