Werbung
Werbung
Werbung

Stimmung wie bei einem Popkonzert. 5.000 Zuhörer klammern sich an jedes Wort, das in Richtung Mikrofon gefetzt wird. Nein, es handelt sich nicht um einen Auftritt der Backstreet Boys in der Wiener Stadthalle. Es ist Anlageguru Dirk Hermann vom Investmenthaus Fidelity, der Anlegern Mut zusprechen will. Derzeit eine schwere Aufgabe, eigentlich unmöglich. Trotzdem stürmen verunsicherte Anleger Veranstaltungen wie diese. So konnte etwa die Raiffeisen Landesbank Niederösterreich-Wien die ganze Kurhalle Oberlaa mit einer perfekt inszenierten Aufmunterungs-Show füllen.

Kein Wunder, dass so mancher Privatinvestor Orientierungshilfe dringend nötig hat: In den vergangenen zwei Jahren sind die Aktienkurse an den internationalen Wertpapierbörsen wie Butter in der Sonne geschmolzen. Für die meisten Aktionäre gab es kein Entrinnen. Lediglich die wenigen Besitzer von sogenannten Hedge Fonds sind mit einem blauen Auge davongekommen. Hedge Fonds sind extrem komplizierte Konstruktionen, die mit Hilfe mathematisch ausgefeilter Methoden sogar in Zeiten fallender Börsekurse leichte Gewinne erzielen. Für die meisten Anleger sind solche Fonds aber eine Nummer zu groß. In vielen Fällen ist man erst ab Einlagen von einer Million Schilling und mehr dabei. Bleibt also nur das Kapitalsparbuch? Nicht unbedingt! Vor kurzem hat ein Banker der renommierten deutschen Dresdner Bank die Strategie eines Anlegers mit jener eines Fußballtrainers verglichen: Jeder sollte sein persönliches Vermögensportfolio zusammenstellen. Das Konzept klingt nachvollziehbar und ist leicht erklärt:

Zunächst sollten sich Privatanleger gegen einen Totalverlust des Vermögens absichern. Um beim Bild des Fußballtrainers zu bleiben, eignen sich zum Beispiel Bausparverträge als Tormann. Hier spielt auch das Kapitalsparbuch eine Rolle. Angebote für diese Sparvariante haben in den vergangenen Wochen wieder Hochsaison. Kaum ein Tag vergeht, an dem nicht eine Bank ein neues Produkt auf den Markt wirft. Da müssen sogar Künstler wie Hermann Nitsch herhalten, etwa bei der Creditanstalt unter dem Namen Künstlersparbuch.

Als solide Abwehr eignen sich Anleihen, um einen Angriff aufs eigene Geld während stürmischer Börsezeiten abwehren zu können. Derzeit sind Investoren mit Anleihen aus Europa besser dran. Auf dem alten Kontinent sind die Perspektiven derzeit einfach besser als in den Vereinigten Staaten. Vorsicht ist bei Anleihen von Unternehmen geboten. Gesellschaften, die vor kurzem noch als ausgesprochen solide galten, zählen plötzlich zu den so genannten "gefallenen Engeln". Das jüngste Beispiel dafür ist Swissair. Das einstige Paradeunternehmer der helvetischen Nachbarn ist nach den Terroranschlägen in den Vereinigten Staaten völlig abgestürzt. Die Anleihen der einstigen Top-Fluggesellschaft sind jetzt auf der Müllhalde des Anleihenmarkts gelandet - sie sind nur noch Junk-Bonds. Der Markt dafür ist zwar nicht prinzipiell schlecht, birgt aber hohes Risiko, einen Totalverlust zu erleiden.

Wertpapiere ins Mittelfeld stellen

Als solide Verteidigung können etwas risikofreudigere Anleger auf Industrieaktien zurückgreifen. Österreichische Aktienexperten empfehlen dafür Unternehmen, wie die Verbundgesellschaft oder den niederösterreichischen Energieversorger EVN.

Der als Fußballtrainer denkende Aktionär wird sich dann ins Mittelfeld Wertpapiere jener Unternehmen stellen, die eine solide Größe haben und trotzdem dynamisch genug sind, um von guten Rahmenbedingungen wie wirtschaftlichem Aufschwung und vollen Auftragsbüchern rasch zu profitieren. Ein Kandidat dafür ist der Ölfeld-Ausrüster Schoeller-Bleckmann Oilfield Equipment (SBO). SBO profitiert vor allem dann, wenn die Ölscheichs den Ölhahn für die westliche Welt zudrehen und so den Preis für das schwarze Gold in die Höhe treiben. Denn wenn der Ölpreis zulegt, wird verstärkt nach dem Rohstoff gesucht und gefördert. Es ist zu erwarten, dass Öl in den kommenden Jahren teurer wird. Zum Einen ist der Rohstoff aus Sicht des mächtigen Opec-Kartells derzeit viel zu billig und zum Anderen geht das Angebot zwangsläufig zurück, weil die Reserven sinken. In jedem Fall steigt letztlich der Preis. Deshalb sollte auch Österreichs größtes Unternehmen, die OMV, in einem Aktiendepot nicht fehlen. Übrigens, Autofahrer, die sich OMV-Aktien zulegen, können die Schmerzen durch einen steigenden Benzinpreis zumindest teilweise lindern. Die jüngste Geschichte hat nämlich gezeigt: Je mehr Geld Autofahrer an der Tankstelle liegen lassen müssen, umso stärker steigt der Kurs.

Zu guter Letzt gilt es noch, ein paar heiße Eisen im Depot zu haben. Die sollen dann Kursgewinne sichern, wenn die Börsen gerade mit ihrer Auferstehung beginnen. Dabei ist es wichtig, Aktien mit viel Wachstumspotenzial im Depot zu haben. Aus österreichischer Sicht zählen dazu vor allem Pankl Racing Systems, Gericom und BWT. Pankl Racing hat sich als Ausrüster für die schnellsten Autos der Welt einen Namen gemacht. Das Unternehmen ist aus dem lukrativen Formel-1-Zirkus genau so wenig wegzudenken, wie Michael Schumacher. Als Stürmer für gute Börsezeiten gilt auch Gericom. Der Computerhersteller hat sich frühzeitig von der Produktion diverser Schreibtischgeräte verabschiedet und auf Laptops verlagert. Das macht sich jetzt bezahlt, weil die Preise für PC in den Keller fallen, während sich mit Laptops nach wie vor gutes Geld machen lässt.

Trotz aller Strategien darf eines nicht unter den Teppich gekehrt werden. Aktien stellen ein enormes Risiko dar. Läuft es schlecht, kann alles weg sein. In den vergangenen Jahren ist das beispielsweise Anlegern an den Technologie-Börsen passiert. Am deutschen "Neuen Markt" sind die Werte seit März 2000 um 90 Prozent gefallen. An der amerikanischen Nasdaq mussten die Anleger ein Minus von 65 Prozent wegstecken. Besser ist die Wiener Börse davongekommen. Wer hierzulande investiert hat, ist im vergangenen Jahr pari ausgestiegen.

Trotz allem wäre es falsch, gerade jetzt das Handtuch zu werfen. Viel schlimmer kann es an den Börsen wohl nicht werden. Wer in den vergangenen Jahren viel Geld verloren hatte sollte jetzt - abgesehen von Pleiteunternehmen - seine Wertpapiere behalten. Für einen Neueinstieg ist es allerdings noch zu früh. Keiner weiß, ob sich die Militäraktion gegen Afghanistan nicht vielleicht doch noch zu einem Flächenbrand ausweitet.

Der Autorist Redakteur im Finanz- und Börseressort des "Wirtschaftsblattes".

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung