Wir müssen es schaffen!

Werbung
Werbung
Werbung

Angela Merkel neigte bisher nicht zu spontanen Gefühlsausbrüchen. Das hat sich schlagartig geändert. Ihr Satz "wir schaffen das" zur Flüchtlingskrise hat Flüchtlinge zusätzlich motiviert, ihr Glück in Deutschland zu suchen. Gleichzeitig hat er die Merkel-Gegner mobilisiert. Soviel Gegenwind aus den eigenen Reihen hatte sie noch nie. Interessant und lehrreich ist die Entwicklung, wie es dazu kam. Noch im Sommer diskutierte ganz Deutschland darüber, ob die Kanzlerin zu kaltherzig sei. Weil sie bei einem Bürgerdialog in Rostock einem weinenden Mädchen aus dem Libanon unter Hinweis auf die Rechtslage erklärt hatte, es sei durchaus möglich, dass ihre Familie abgeschoben werde. Im Internet wurde der berüchtigte übelriechende Kübel über Merkel ausgeschüttet. Keiner derjenigen, der sie heute für ihre angeblich zu milde Flüchtlingspolitik kritisiert, hat sich damals mit ihr gegen den Shitstorm gestellt. Erinnern wir uns außerdem: Ende August, während der Westbalkan-Konferenz in Wien, die Merkel ursprünglich initiiert hatte, kam die Meldung von den toten Flüchtlingen im Kühllastwagen auf der Ostautobahn. Das Entsetzen war ihr deutlich anzumerken. Sehr gefasst und entschlossen trat sie eine Woche später im sächsischen Heidenau auf. Beim Besuch eines Flüchtlingsheims. Als sie von einem rechten Mob angegriffen und als "Volksverräterin" beschimpft wurde. Vieles muss in diesen Wochen in Angela Merkel zum Thema Flüchtlinge vorgegangen sein. Auch ihre eigene DDR-Vergangenheit. Sie hat Haltung gezeigt und sich damit angreifbar gemacht. Die furchtbaren Anschläge in Paris werden die Stimmung leider weiter aufheizen. Aber Angst und Panikmache helfen nicht. Wir müssen es schaffen! Und wir brauchen dazu inhaltliche Visionen. Die fehlen noch. Das kann man kritisieren. Daran muss man arbeiten. Aber nicht destruktiv.

Die Autorin ist Korrespondentin der ARD in Wien

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung