Zeichen der Hoffnung im Iran

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Gibt es ein anderes Land, das - von der kommunistischen Welt abgesehen - in den vergangenen Jahrzehnten einen ähnlich tief greifenden Wandel durchlebt hat wie der Iran? Vermutlich nicht. Erinnern wir uns: Aus dem allmächtig scheinenden Kaiserreich Persien wurde die Islamische Republik. Aus der Herrschaft des Schah-in-Schah (König der Könige) auf dem Pfauenthron ein letztlich undurchschaubarer Machtapparat greiser schiitischer Mullahs. Aus dem engen Verbündeten des Westens ein gefürchteter Gottesstaat. Aus dem gehätschelten Polizisten im Welt-Erdölzentrum der viel geschmähte Terrorpate Iran.

Mangel an Freiheit jeder Art

Eines freilich ist über allen Wandel hinweg weitgehend unverändert geblieben: die gnadenlose Gewalt gegen Andersdenkende und der schlimme Mangel an Freiheit jeder Art. Diesen dramatischen Weg von einer imperialen in eine religiöse Diktatur habe ich über Jahrzehnte hinweg als Journalist und Buchautor aus ungewöhnlicher Nähe miterlebt. Habe Huld, aber auch Groll eines Kaisers erfahren - und später Gunst, aber auch Zorn seiner revolutionären Erben. Verbunden mit allerlei Versuchen der Bestechung und Bedrohung.

Immer begleitet von meinen Hoffnungen und Verzweiflungen für ein 70-Millionen-Volk, das nicht nur auf eine der größten Zivilisationen der Menschheit zurückblickt, sondern bis heute zu den Bildungseliten im Orient zählt.

Umso schlimmer dieser politisch verordnete Weg in den Abgrund: mit Radikalisierung und internationaler Isolation. Mit geknebelten Medien und vollen Gefängnissen. Mit Unterdrückung der Opposition und massivem Gewalt-Export. Mit Arbeitslosigkeit und wirtschaftlichem Absturz (vor allem als Folge westlicher Embargos im Atomstreit).

Hirn siegt über Herz

Und jetzt: wieder einmal war Präsidentenwahl. Alle liberalen Kandidaten waren vorsorglich ausgesiebt worden. Am Ende blieb unter lauter systemtreuen Konservativen bestenfalls ein gemäßigt Konservativer übrig: der Kleriker Hassan Rouhani. Schon wollte die Opposition zum Wahlboykott trommeln, da siegte Hirn über Herz: Alle großen Reformer, denen eine Kandidatur verwehrt war, stellten sich plötzlich hinter diesen einen Gemäßigten. Trieben das Volk zum Urnengang - und ihren Favoriten zu Worten, nach denen das Volk lechzte: "Gefängnistore auf!“ "Keine Übergriffe der Moralpolizei!“ "Weg mit Internet-Zensur!“ Vor allem aber: "Zurück in die Weltgemeinschaft!“ Und: "Schluss mit der Zeit der Traurigkeit!“

Das Ergebnis kennen Sie alle: Rouhani hat schon im ersten Wahlgang gesiegt. Millionen jubeln - wohl wissend, dass der Ton allein noch keine Musik macht. Und wie bescheiden die Macht des Präsidenten in einem Land ist, in dem der "Oberste Geistliche Führer“ (Ali Khamenei) letztlich alle Fäden in der Hand hält. Dennoch sind die Zeichen nicht zu übersehen: Die Weltgeschichte hat viel, bisweilen erschreckend viel Geduld mit Unterdrückung und Verirrungen. Irgendwann aber - zögernd - geht es doch zum Besseren hin.

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