Nawalny - © Foto: picturedesk.com / Action Press / Kommersant Photo Agency

Zum Fall Nawalny: Russische Opposition unter autoritären Bedingungen

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Keine in der Duma vertretene Partei kann als Gegengewicht zu Putins Allmachtsanspruch gelten. Wer nicht systemkonform ist, wird unterdrückt. So geht es nicht nur Alexej Nawalny.

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Keine in der Duma vertretene Partei kann als Gegengewicht zu Putins Allmachtsanspruch gelten. Wer nicht systemkonform ist, wird unterdrückt. So geht es nicht nur Alexej Nawalny.

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Die russische Gegenwart lässt sich anhand von drei Objekten treffend illustrieren. Nummer eins: eine Unterhose von Alexej Nawalny. Auf deren Innenseite habe – so erzählte es der FSB-Mann, dem Nawalny am Telefon vorgaukelte, für den Sicherheitsrat zu arbeiten – eine Spezialeinheit des Geheimdienstes das Nervengift Nowitschok aufgetragen, das zum Zusammenbruch des Oppositionspolitikers führte. Der Rest ist bekannt: In der Berliner Charité wurde Nawalny auskuriert, er kehrte nach Russland zurück. An der Passkontrolle wartete die Polizei. „Unterhosenführer“ zählt zu den Verunglimpfungen, die im russischen Fernsehen über Nawalny indessen zu hören sind.

Nummer zwei: das Foto, das die Twitter-Userin „Natasha from Russia“ von den Zeichnungen aus dem Kindergarten ihrer Tochter postete; die Gruppe hatte Panzer und Atomraketen gemalt. Auch das dritte Objekt ist ein Foto, es zeigt einen Mann mit einer Schneeschaufel auf einem Moskauer Friedhof. Ilja Jaschin ist es, der da in die Kamera lächelt, er ist Politiker, noch keine vierzig und steht einem Bezirk in Moskaus Innenstadt vor. Das Grab, das er freischaufelt, ist das von Boris Nemzow.

Unterdrückung und Mord

Jaschin ist parteilos, er hat 2008 mit Nemzow, Garri Kasparow und anderen die Bewegung „Solidarnost“ gegründet, die nicht als Partei registriert ist, ihre Mitglieder treten bei Wahlen als Privatpersonen an. Viele Kleinparteien, die ihrerseits nicht registriert sind, haben sich unter dem Dach der Solidarnost zusammengefunden; andere, die diese administrative Hürde genommen haben, müssen sich gegen den Vorwurf verteidigen, sie seien aus dem Ausland finanziert. Das trifft zum Beispiel auf „Parnas“ zu, die rechtsliberale Partei des Ex-Ministerpräsidenten Michail Kassjanow; sie ist eine Wiedergründung der Republikanischen Partei, der 2007 nach der Unterstützung von Massenprotesten die Registrierung entzogen wurde. 2013 stellte Parnas Nawalny als ihren Kandidaten für das Amt des Moskauer Bürgermeisters auf, der Sprung in die Duma 2016 gelang nicht.

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