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Aus dem Blickwinkel des Abreisenden

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Die Wetterkarte im heimischen Fernsehen, studiert von der Wohnzimmer-Couch aus, die Engelsburg in Rom, betrachtet durch die staubigen Scheiben eines Reisebusses, gebrauchte Hotel-Handtücher, achtlos über den Rand eines Waschbeckens geworfen, vom Blickwinkel des Abreisenden. Immer überraschend, oft ironisch, nie sentimental sind Paul Albert Leitners Bilder über das Reisen.

Der 1957 in Tirol geborene Künstler wurde für seinen Foto-Zyklus „Exkurs über das Reisen" mit dem Ru-pertinum-Fotopreis 1995 ausgezeichnet. Seit ihrer Eröffnung im Jahr 1983 vergibt die Salzburger Galerie Rüper -tinum alle zwei Jahre diesen mit 70.000 Schilling dotierten Preis.

Scheinbar Vertrautem gibt Leitner einen Teil seiner Fremdheit zurück: etwa wenn er eine Palme ins fotografische Visier nimmt, distanziert er sich vom Postkartenmotiv durch eine verfremdende Entwicklungstechnik, die das Negativ zum Positiv macht.

Immer wieder erfolgt der Bruch mit den Sehgewohnheiten dadurch, daß die Kamera, mit ins Bild kommt: So wird der Blick auf touristische Motive (der Obelisk auf der Place de lä Concorde in Paris etwa) ironisch verfremdet.

Besonders eindrucksvoll sind jene Fotografien, die von der Sehnsucht und der Ruhelosigkeit eines Reisenden erzählen: vor allem Aufnahmen in verwahrlosten Großstadt-Vierteln, die sich als Dokumente der Unbehaustheit des Menschen - nicht nur des Reisenden - lesen lassen. Dennoch lehrt Leitner nicht eine Art „Wanderer-Philosophie" („Dort wo du nicht bist, da ist das Glück"): Er macht vielmehr aufmerksam auf die unzähligen Lesarten, die Bilder zum Thema „Reisen" beinhalten können.

(Bis 51. März)

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