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1918 bis 1938

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Eine äußerst sehenswerte, ausgezeichnete und interessante Ausstellung wurde vergangene Woche in der Galerie Würthle in der Weihburggasse eröffnet. In 75 Ölbildern, Aquarellen und Zeichnungen gibt sie einen qualitativ erstaunlich hochwertigen Querschnitt durch die „österreichische Kunst von 1918 bis 1938“, jene kurze Zwięchenkriegszeit, die gerade ein halbes Menschenalter währte und von Unsicherheit und Unruhe erfüllt war.

Der große obere Saal der Galerie wird von drei Bildern Herbert Boeckls — Arbeiten aus seiner frühesten Zeit — beherrscht, unter denen die schon klassische „Tote Krähe“, die stärkste, der große „Liegende Akt“ — der anscheinend auf ein Aquarell zurückgeht — aber die interessanteste ist. Von Ferdinand Stranaky und Franz Zülow sind — für den letzteren ungewohnt — expressive Landschaften zu sehen, von Maximilian Florian ein farbig sehr reizvoller Akt (eines seiner besten Bilder anscheinend), von Rudolf Wacker ein eindringliches „Selbstbildnis“ und ein recht gutes „Stiileben“, beide im Stil seines aus der neuen Sachlichkeit entwickelten „magischen Realismus“. An der großen „Straßenszene“ von Arnold Clementschi tsch kann man die bedeutende Jugendbegabung dieses Malers ablesen und R. C. Andersens „Mühle“ ist eines der stärkeren Werke dieser Ausstellung. Alfred Wickenburg ist mit einem großen frühen „Stilleben“ vertreten, das seine Beziehungen zu Frankreich aufzeigt, und Werner Berg mit einem bäuerlich-expressiven „Schmerzensmann“. Wilhelm Thönys „Wien bei Nacht“ nimmt fatalerweise schon fast alle Pippals vorweg, während seine „Begegnung“ leider nur eine schwache Skizze ist. Faistauer wird mit der „Dame mit Pelzboa“ sehr gut gezeigt, während Josef Dobrowsky durch sein Aquarell besser repräsentiert erscheint als durch die beiden Ölbilder. Eine Überraschung sind Leopold Birstinger und Oskar Laske, der eine mit seiner „Landschaft“, der andere mit seinem

„Bauernhaus“. Fritz Wotruba tritt mit frühen Zeichnungen und Aquarellen und einer kleinen stehenden Jünglingsfigur in Erscheinung. Emst Huber mit einer Landschaft, Ernst Paar mit einer Komposition. Anton Kolig mit zwei Ölbildern, einer „Aktstudie“ und dem „Bildnis der Tochter des Künstlers“.

Unter der reichhaltigen Graphik fallen vor allem die Zeichnungen von Kubin und Kokoschka, die schöne „Straße“ von Emst Paar, ein Frauenakt von R. C. Andersen, die „Tierstudien“ von Bogdan Herz- mansky, ein radierter „Knabenkopf“ von Szyszkowitz und Ernst Hubers „Kairouan“ auf. Umgeben werden sie von Graphiken und Aquarellen von Kolo Moser bis Gütersloh, von Faistauer bis Georg Merkel, die alle im Verein mit den Ölbildern ein so lebendiges Bild dieser kurzen Epoche österreichischer Kunst geben, daß es die Vermutung nahelegt, die damalige Zeit wäre an Talenten und profilierten Persönlichkeiten in der Malerei reicher gewesen als die unsrige.

Die Österreichisch-Tschechoslowakische Gesellschaft hat in ihren Räumen in Wien I, Mahlerstraße 13, ihre Galerie erweitert und vollkommen neu und ausgezeichnet adaptiert. Als Eröffnungsausstellung zeigt sie Arbeiten — Karikaturen und Collagen — des Prager Künstlers Adolf Hoffmeister, der, Jahrgang 1902 und heute Vorsitzender des tschechoslowakischen Künstlerverbandes, stets in der Reihe der tschechoslowakischen Avantgarde stand. Seine Karikaturen bedeutender Persönlichkeiten, dem Künstler immer auch selbst bekannt, sind graphisch ausgezeichnete und eindrucksvolle Arbeiten, seine Collagen besitzen sowohl beißenden Spott und ätzende Satire wie auch liebenswürdigen Humor. Als Illustrator beweist Hoffmeister nicht nur die Fähigkeit, den Text geistreich zu interpretieren und zu kommentieren, sondern auch die Gabe, von ihm inspirierte, eigenständige Schöpfungen von großem Reiz zu schaffen. Eine sehr reizvolle und lohnens- werte Bekanntschaft — der „Galerie Mahlerstraße“ kann zu diesem vielversprechenden Neubeginn und zur Umgestaltung nur gratuliert werden.

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