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300 Millionen für neuen Theaterbau

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Als Solitärbau steht das Stadttheater Klagenfurt inmitten eines eher ruhigen Platzes am Rande der Altstadt. Wie fast alle Theater der Monarchie wurde es von den Architekten Helmer und Fellner entworfen und nach zweijähriger Bauzeit 1910 als „Jubiläums-Stadt-theater" eröffnet.

Die Büste des Widmungsträgers Kaiser Franz Joseph schmückt das Foyer, je eine dekorative Jugendstildame ziert die Stiegenaufgänge in den ersten Stock. Seit drei Jahren verunzierte eine Girlande aus giftgrünem Neonlicht die Kaiserbüste, doch das war Absicht des Intendanten Dietmar Pflegerl. Er wollte durch diese penetrante Häßlichkeit die längst notwendige Sanierung des Gebäudes einmahnen.

Bis zum Jahr 1964 war das Theater in seiner äußeren Gestalt fast unverändert geblieben, abgesehen von falsch verstandenen „Modernisierungen" an Fenstern und Türen. In diesem Jahr erhielt das Haus unter Intendant Böhm einen Zubau auf der 1 Unterseite. Es war ein häßlicher Kasten, billig ausgeführt und nicht einmal funktionell. Aber dennoch ereignete sich hier großes Theater. Ein Vierteljahrhundert lang bot Intendant Wochinz italienische und deutsche Opern, Klassiker und als Besonderheit die französische Moderne, wofür or durch die Aufnahme in die französische Legion d'honeur geehrt wurde.

Mit Spielzeit 1992/93 wurde Dietmar Pflegerl Intendant, und schon nach einem Jahr faßte er Pläne für einen neuen Zubau zum J'heater. Der alte Bau entsprach in keiner Hinsicht mehr den Bestimmungen des Arbeits-inspektorats, von ästhetischen Gesichtspunkten ganz zu schweigen. Man verzeihe die etwas unappetitliche Erläuterung der Situation: Der Bau war nicht einmal an die Kanalisation angeschlossen, ganz zu schweigen vom gefährlichen Schimmelpilz, der sich in den Räumen ausbreitete. Daß man von der Ostseite des Zubau-es nicht direkt zur Westseite gehen konnte, war nur eine zusätzliche Erschwernis.

Mit dem Neubau des Traktes wurde Kärntens Star-Architekt Günther Domenig betraut. Seine besondere Begabung liegt in seiner Fähigkeit, ein funktionelles Gebäude auf engstem Raum zu errichten. Raum gibt es nämlich wirklich nicht sehr viel. Ein Parkplatz an der Nordseite, ein angrenzender gartenartiger Park sind alles. Domenig projektiert einen Schwebebalken schräg über dem ehemaligen Parkplatz. Auf ihm sollen die neuen Büroräume Platz finden, auch eine Probebühne ist geplant, die auch als Raum für Studio-Aufführungen geeignet sein wird.

Die notwendigen Werkstätten sind in den Keller verlegt, doch Fenster in den Park sorgen für Tageslicht. Von der Hauptfassade aus wird dieser Zubau nicht zu sehen sein, die Portalbekrönung bleibt der höchste Punkt des Hauses. Der Altbau selbst wird einer vorsichtigen Kosmetik unterzogen, durch welche die ursprünglichen Jugendstilelemente wieder sichtbar werden. Auch die Kaiserbüste, wird dann von ihrem grünen Heiligenschein befreit sein.

Beim Abbruch des alten Zubaues kam die ursprüngliche Hinterwand wieder zum Vorschein, eine schlichte, typische Jugendstilfassade. Seit 1964 ist sie zum ersten Mal wieder zu sehen, auch zum letzten Mal, denn der Neubau wird sie wohl für immer den Blicken entziehen. Im September 1998 soll das J'heater wieder eröffnet werden, die bis dahin aufgewendete Bausumme beträgt 300 Millionen. Wird es dabei bleiben?

„Ich bürge mit meinem Kopf dafür, daß .diese Summe nicht überschritten wird", meint Intendant Pflegerl mit viel Optimismus. Für Jänner 1998 ist der Beginn der Übersiedlung aus den derzeitigen Behelfsquartieren geplant. Man kann ein Theater nämlich nicht einfach für ein paar Jahre zusperren. Ensemble und Publikum würden sich in dieser Zeit verlieren, ob ein Neubeginn gelingt, bleibt dabei völlig offen.

In Klagenfurt hat man als Ausweichquartier eine Halle auf dem Messegelände- gefunden. Sie steht aber nicht die ganze Zeit zur Verfügung, denn im Frühjahr und Sommer wird sie wieder für die Klagenfurter Messe gebraucht. Das bedeutet für das Theater Bühne, Technik, Beleuchtung und Sitzreihen dreimal auf- und wieder abzubauen. Bisher hat man auf diese Weise schon Shakespeares „Hamlet" und Verdis „Rigoletto" produziert. Natürlich kann man nicht die akustischen Bedingungen eines regulären J'heaters verlangen, doch half man sich geschickt aus der schwierigen Situation.

Beim „Rigoletto" hieß es für die Ausführenden, ein fast akrobatisches Kunststück zu leisten: Das Orchester war gegenüber der Bühne plaziert, Dirigent Drcar stand mit dem Rückei l zum Ensemble, das wiederum den Dirigenten auf einer Riesenleinwand sah. Doch störte das niemanden. Ob man mit der Verzerrung des „Rigoletto" in eine Karikatur durch Regisseur Tambosi einverstanden war, ist ein anderes Problem. Gleichermaßen geschickt nützte Regisseur Hans Arnold die Halle für einen äußerst erfolgreichen „Hamlet". Doch so gekonnt man sich auch aus der Affäre zieht, Künstler, Techniker und nicht zuletzt das Publikum freuen sich auf die Rückkehr ins alte, traditionsreiche Haus.

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