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Die Kunsthalle Krems feiert ihr zehnjähriges Bestehen mit Renoirs Frauenbild.

Das Thema der Pariser Weltausstellung des Jahres 1889 war "Licht". 1881 hatten die großen Pariser Boulevards elektrische Straßenbeleuchtung erhalten. Schon Mitte des 19. Jahrhunderts kam Luft in die mittelalterlich-verwinkelte Stadt, als der Elsässer Georges Eugène Haussmann breite Schneisen schlagen ließ: Platz für eine neue Gesellschaft, die sich unterhalten wollte; ihre Beobachter fand diese Unterhaltungswelt der Boulevards und Cafés in Renoir, Degas und anderen Impressionisten. Der Direktor der Kunsthalle Krems, Tayfun Belgin, will mit der neuen Schau, rund 100 Werken, unterschiedlichste Aspekte des gesellschaftlichen Lebens am Beispiel der Frau beleuchten. Eine spannende Geschichte, denn die Pariser Öffentlichkeit huldigte damals der Salonmalerei, einer rigiden akademischen Kunst, die als Themen nur Personen der Oberschicht, allegorische und mythologische Szenen in idealisierender Darstellung zuließ.

Gegen "Kunstkonditorei"

Wie die Neuen, die Wilden, die mit unerhört heller Palette eingeschätzt wurden? "Das ist doch nur demokratische Malerei von Leuten, die zu selten die Wäsche wechseln und sich unserer Welt aufdrängen wollen", ätzte der Kunstpapst jener Zeit, Graf Alfred-Èmilien Nieuwerkerke, Kunstberater Napoleons III. Die Akademiemalerei nannte der Romancier Émile Zola "Bonbonladen" und "Kunstkonditorei". Er forderte: "Ich will keine Rückwendungen in die Vergangenheit, keine so genannten Renaissancen, keine Gemälde, die einem Ideal entsprechen, das man sich aus allen Epochen zusammensucht. Ich will das alles nicht, was nicht Leben, Temperament, Realität ist." Modernität forderte auch ein anderer Literat, der sich der Kunstkritik widmete, Baudelaire: "Die Modernität ist das Vorübergehende, das Entschwindende, das Zufällige ..."

Diese Forderung erfüllten die Impressionisten in ihren Landschafts- und Figurenbildern. In Monets, Pissarros, Alfred Sisleys Landschaften flirrt das Licht. Flüchtige Schönheit feierten Renoir und Manet in ihren Frauenbildern. Die Hohnreaktionen sind heute nicht mehr nachvollziehbar. 1876 schrieb der Kunstkritiker des "Figaro", Albert Wolff, über eine Ausstellung, in der Renoir mit 15 und Degas mit 25 Bildern vertreten waren: "Viele bekommen Lachkrämpfe vor diesen Machwerken ... Schaurige Beispiele menschlicher Eitelkeit, die sich im Wahnsinn verlieren ... Versuchen Sie Renoir zu erklären, dass der Körper einer Frau nicht ein Stück faules Fleisch mit grünen und violetten Flecken ist, die den Zustand völliger Verwesung eines Leichnams kennzeichnen." Der gelernte Porzellan- und Fächermaler Renoir blendete alle Schattenseiten des Großstadtlebens aus; nicht der geringste sozialkritische Unterton störte seine Darstellung von Sinnenfreude und passiver Frauenschönheit. Dem Hedonisten Renoir stellt Kurator Belgin den Kritiker Degas gegenüber, diesem "grausamsten Liebhaber der Linien und Haltungen des Frauenkörpers".

Renoir musste seine Bilder verkaufen, er wollte nicht nur gefallen, er musste. Degas hingegen war finanziell unabhängig. 1886 zeigte er zehn Pastelle unter dem Titel "Serie von Frauenakten, die baden, sich waschen, in der Sonne trocknen, abtrocknen, kämmen oder gekämmt werden." Ihn kümmerte die Kritik nicht, er stelle schmutzige, abstoßende Prostituierte dar. Ein Glücksfall lässt in Krems den fundamentalen Unterschied zwischen Renoir und Degas sichtbar werden: Das Nationalmuseum in Belgrad besitzt durch den Sammler Erich Slomovich (der 58 Werke bei Ende des Zweiten Weltkriegs aus Paris in seine Heimat Serbien brachte) und eigene Zukäufe eine beeindruckende französische Sammlung.

Degas kontra Renoir

Da das Museum derzeit renoviert wird, konnte Tayfun Belgin reiche Leihgaben erhalten und die Geschichte des Frauenverherrlichers Renoir jener Degas' gegenüberstellen: Zahlreiche Ballett-Tänzerinnen hat Degas bei ihrer harten Arbeit beobachtet, wobei die Fotografie ihm das Festhalten flüchtigster Momente ermöglichte. Krems hält schließlich eine Entdeckung bereit: Neben Bildern malender Frauen, deren Hauptthema die Mutterschaft ist, neben der Halbwelt eines Toulouse-Lautrec, ragen zwei Bilder aus dem Musée des Beaux-Arts de la Ville de Paris heraus: Fernand Pelez war ein malender Vorläufer des russischen Autors Nabokov. Seine blutjungen Mädchen, "kleine Statistinnen" sind lauter Lolitas: zart, zerbrechlich, verführerisch ...

Renoir und das Frauenbild des Impressionismus

Kunsthalle Krems

www.kunsthalle.at

Bis 31. 7. täglich 10-18 Uhr.

Katalog e 15,-

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