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Mit "Sound of Art" bietet das Museum der Moderne ein Komplementär-Programm zu den Salzburger Festspielen.

Große Orchestrierung ist angesagt in "Sound of Art", einer spektakulären Ausstellung, mit der Direktor Toni Stoss und sein Team das Museum der Moderne in Salzburg bespielen. Thema dieses dritten und letzten Teils der 2005 begonnenen Reihe "Les Grands Spectacles" ist die Beziehung von bildender Kunst und Musik in den Strömungen der Moderne. Die Schau versteht sich ausdrücklich als Komplementär-Programm zu den Festspielen, indem sie gerade hier, im Brennpunkt der klassischen Musikwelt, Positionen einer akustischen Gegenwelt vorführt.

Kunst und Musik

Die Präsentation ist mit rund 350 Arbeiten von 95 Künstlerinnen und Künstlern nicht chronologisch, sondern nach Themenschwerpunkten gegliedert. Der zeitliche Bogen reicht vom späten 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart, der inhaltliche vom großbürgerlichen Musikereignis zur multimedialen Ereignismusik.

Zu Beginn des Jahrhunderts und noch einmal in den 1950er und 1960er Jahren führte die kritische Auseinandersetzung mit überkommenen, verkrusteten Strukturen in Kunst und Gesellschaft zu einem vehementen künstlerischen Um- und Aufbruch, der ein großes innovatorisches Potenzial freisetzte. In beiden Avantgarden wird der jeweils gültige Kunstbegriff in Frage gestellt, indem bildende Künstler auch in andere Bereiche vordringen - in jene von Musik und Theater, Fotografie, Film und schließlich der audiovisuellen Medien.

Fluxus gegen Geniekult

Fulminanter Auftakt der Ausstellung sind Werke der Fluxus-Bewegung aus den 1960er Jahren. Ihre Aktionskunst mit akustisch, darstellerisch, musikalisch sich vermischenden Formen (Fluxus von lateinisch fluere, fließen) wandte sich gegen Geniekult und Kunstbetrieb, gegen medial manipulierte Wahrnehmung und ästhetische Festlegung. Günther Ueckers "Terrororchester" (1948 bzw. 1968-69 entstanden und deutlich politisch und gesellschaftspolitisch geprägt) ist eine variabel einsetzbare Gruppe von Geräusch-Objekten, die auf Fußdruck ihren durchdringenden Lärm entwickeln: "Kleine Revolution", "Kreischfass", "Krachmaschine" und "Silbervogel".

Leise stichelt hingegen die "Vernageltezeitnähmaschine" vor sich hin; verstummt ist auch der auf eine Glasplatte umgestürzte Konzertflügel, und das "Piano" (1964) trägt nur noch die Spuren der damals provokanten Aktion: das Einschlagen von Nägeln, das Begießen mit weißer Farbe. Wolf Vostells "Fluxus-Symphonie für 50 Hoover-Staubsauger" (1960) gleicht einem Säuberungs-Ballett in Anspielung auf den FBI-Begründer J. E. Hoover. In zwei späten Arbeiten aus "Sara Jevo 3 Fluxus Piano" (1994) gehen Musik und Maschine, Klavier und Motorrad bzw. Klavier und drei Kettensägen eine seltene Verbindung ein.

Schon die Futuristen begeisterten sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts für Technik und Maschinen. Sie experimentierten mit Sprach- und Tonzerlegungen sowie mit Alltagsgeräuschen und übten nachhaltigen Einfluss auf die Kunst aus. Hörerlebnisse bietet die Ausstellung u.a. mit den Intonarumori des Malers Luigi Russolo (1885-1947). Die speziell angefertigten Rekonstruktionen werden über eine Kurbel zum Heulen, Gurgeln oder Knistern gebracht.

Grenzgänger John Cage

Im zweiten Geschoß ist John Cage (1912-1992), dem wohl bedeutendsten Grenzgänger zwischen bildender Kunst und Musik, ein eigener Schwerpunkt gewidmet. Entscheidende Impulse am Beginn der Fluxus-Bewegung in New York gingen von seiner radikal neuen Auffassung von Musik, seinen spontan veranstalteten Aktionen und seinem freien Experimentieren mit Tönen, Klängen und Geräuschen aus. Die Freundschaft mit Marcel Duchamp seit 1942 hat Cage ebenso stark beeinflusst wie die Beschäftigung mit indischer Philosophie und mit dem Zen-Buddhismus. Sein wohl bekanntestes Werk "4'33" (uraufgeführt 1952) steht für die Stille einer nicht zu Gehör gebrachten Komposition in drei Sätzen mit den Satzbezeichnungen Tacet (Stille), in der das irritierte Publikum Zeuge seiner eigenen Geräuschkulisse wird. Manon de Boers "Two Times 4'33" ist eine der zahlreichen Auseinandersetzungen mit dem Werk von John Cage.

Zum Thema Geniekult richtet sich das Augenmerk auf Ludwig van Beethoven und dessen Ehrung 1902 in der Wiener Secession durch die Skulptur Max Klingers, herausragend aber mit Originalbühnenteilen aus Mauricio Kagels Film "Ludwig van" (1969), einer durchaus kritischen Kunst- und Musikcollage.

Stargeiger und Autodidakt

Virtuosität und Dilettantismus, die großen Gegensätze finden ihre Protagonisten in Niccolò Paganini und Karl Valentin: im "Hexentanz" (vor 1870) der Stargeiger mit Kultstatus, im Streifen "Die Orchesterprobe" (1933) der bayerische Komiker, Musiker und Kabarettist, der es als Autodidakt auf zwölf Instrumente brachte.

Im dritten Geschoß bietet die Schau weitere Höhepunkte der Fluxus-Bewegung, u.a. mit den batteriebetriebenen Instrumenten von Joe Jones oder mit Arbeiten von Joseph Beuys und Nam June Paik. Die Künstler bemächtigen sich der Stars unter den Instrumenten (Klavier, Geige, Cello, Konzertflügel), verändern ihren spezifischen Klang und setzen diesem Alltagsgeräusche entgegen, die sie mischen, überlagern, verzerren. Die Bearbeitung eines einzelnen Musikgegenstandes gipfelt in der Aktion seiner Zerstörung wie in Nam June Paiks "One for Violin Solo" (1962).

"Sound of Art" bietet vielfältige Klang- und Geräuscherlebnisse zwischen höllischem Lärm und Stille; die Ausstellung führt auch mit Fotos und Filmen vor, dass einstmals provokante Aktionen heute als wichtige Kunst- und Zeitdokumente Museumsreife erlangt haben. Sie vermittelt neben dem hohen Erlebniswert (für Kinder in einem eigenen Raum u.a. mit Klappersandalen Mauricio Kagels) auch die Erkenntnis, dass so manche Thematik nichts an Aktualität eingebüßt hat.

Sound of Art

Musik in der bildenden Kunst

Museum der Moderne Mönchsberg

Mönchsberg 32, 5020 Salzburg

www.museumdermoderne.at

Bis 12. 10. Di-So 10-18, Mi 10-20 Uhr

Während der Festspiele ist das

Museum auch montags geöffnet.

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