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Alte Meister — junger Italiener
Nach der vorjährigen Ausstellung von Werken der Biedermeiermalerin Pauline von Koudelka-Schmerling, stellt die exquisite Galerie St. Lucas im Palais Pallavicini am Josefsplatz in diesem Winter wieder Bilder alter Meister vom 15. bis 18. Jahrhundert aus, unter denen wie immer einige ganz hervorragende und interessante Stücke aufscheinen. Bedeutende Beispiele österreichischer Tafelmalerei der Gotik sind zum Beispiel die beiden Außenflügel eines Altars vom „Meister des Winklerepitaphs“, eines Nachfolgers des Schottenmeisters, der in der Kremser Ausstellung „Gotik in Österreich“ mit zwei keineswegs gleichwertigen Leistungen vertreten war. Von einem Südtiroler Meister stammt eine sehr reizvolle „Heilige Apollonia“. Vor ihrem Flammentod wurden ihr alle Zähne ausgeschlagen, daher wurde sie seither gegen Zahnschmerzen angerufen und mit Zange und Zahn dargestellt. Ein bisher unbekannter Bernhard Strigel äst die stimmungsvolle „Geburt Christi“, das Motiv des in der Krippe leuchtenden Kindes als Lichtquelle ist in einigen Bildern bis zu Correggio und EI Greco festzustellen. Der nordischen Renaissance gehört der aus Gent stammende Juan de Flandes an, der in Spanien tätig war; von ihm stammt eine „Madonna mit Kind“ auf deren Rückseite eine effektvolle „Geißelung Christi“ dargestellt ist. Auch Pieter Coecke van Aelsts „Heilige Familie“ gehört zur nordischen Renaissance, während die „Madonna mit Kind und Johannesknaben“, von Giuliano di Piero Bugiardini, die florentinische vertritt und anscheinend Einflüsse von Perugino zeigt. Das „Wirtshaus St. Michael“ ist eine recht eigenständige Arbeit Pieter Breughels des Jüngeren, während ein Tondo von Roelant Savery zwei von einem Löwen verfolgte Hirsche zeigt, eine in nordischer Landschaft etwas unglaubwürdige Szene. Quiali-tätsvoll sind Cornelius Poelenbunghs „Diana und Aktäon“ und die beiden Bilder von Dirk Hals, die verschiedene Vergnügungen der holländischen Gesellschaft darstellen, derbere in der „Tafelnden Gesellschaft“, musischere in der „Musizierenden Gesellschaft“. Der „Schalksnarr“ von Jacob Jordaens ist ein saftiges Beispiel flämischer Vulgarität: Rubens wird hier ins Volkstümliche abgewandelt. Die kleine „Uferlandschaft“ von Jan van Goyen ist ein sehr subtiles und zauberhaftes Bild, einer der Höhepunkte der Ausstellung. Die raffinierte Benutzung der Untermalung zusammen mit den pasto-seren netten silbrigen Grautönen, das Graphische und Malerische ergeben eine feinausgewogene Harmonie von hohem Reiz. Auch der dramatische Aert van der Neer, die „Nächtliche Landschaft mit Kirche“, ist eines der stärksten Bilder, zu denen auch der äußerst poetische Jacob van Ruisdoel in seiner sonoren Tonigkeit und dem schönen Spiegelungseffekt gehört. Ein schöner Abraham van Beyeren ist das „Stilleben mit Hummer“, reizvoll die „Dünenlamdschaft“ von Jan Vermeer van Haarlem dem Älteren. Der Spanier Jusepe de Ribera ist mit einem „Apostel Paulus“ vertreten, Luca Giordano mit einer „Himmelfahrt Maria“, Giovanni Antonio Pellegrini mit einer „Heiligen Familie“. Hervorzuheben unter den Malern des 18. Jahrhunderts sind vor allem Sebastiano Ricci („Christus und die Ehebrecherin“), Giovanni Battista Tiepolo („Zwei Putti mit Taube“) und Francesco Fonte-basso („Noli me tangere“). Ein Bild von Norbert Grund und je zwei kleine Bilder von Angelika Kauff-man und Herman Saftleven vervoll-
ständigen eine äußerst sehenswerte und qualitätsvolle Ausstellung.
In der „Zentralbuchhandlung“ in der Schulerstraße werden Graphiken von Nino Cardio ausgestellt, einem jungen Italiener, der durch das Atelier Friedländer, das bereits bedeutsamer als das von Stanley Hayter geworden ist, ging und der vom Expressionismus ausgehend zu einer die Grenzen des Gegenständlichen überschreitenden persönlichen Form gefunden hat. Die Radierungen sind technisch sehr gekonnt und versiert, wenn farbig, sehr eindrucksvoll, mit starken Dunkeleffekten arbeitend. Ihre Tendenz zur flächigen Romantik der Formen wird durch die Zeichnungen bestätigt, die impulsiv und meist oberflächlich sind.
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