Angelika Kauffmann: Die zehnte Muse Roms

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Angelika Kauffmann - zwei Vorarlberger Ausstellungen zum 200. Geburtstag.

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Angelika Kauffmann - zwei Vorarlberger Ausstellungen zum 200. Geburtstag.

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Der Titel des Gemäldes hält nicht, was er verspricht: Die Mitglieder der Royal Academy im Jahr 1768 zeigt nicht alle Gründungsmitglieder der bedeutendsten britischen Kunstinstitution. Zwei von ihnen sind nur als Porträts an der Wand präsent, denn sie waren von vielen Aktivitäten der Academy ausgeschlossen. Der Grund: Es handelt sich um zwei Frauen. Eine der beiden ist Angelika Kauffmann, die wohl berühmteste Malerin ihrer Zeit, deren Todestag sich am 5. November zum 200. Mal jährt. Genau bis zu diesem Tag läuft noch die große Angelika Kauffmann-Ausstellung des Vorarlberger Landesmuseums in Bregenz und Schwarzenberg, die einen Überblick über Schaffen und Leben jener Frau gibt, der das Kunststück gelang, im 18. Jahrhundert in einer Männern vorbehaltenen Domäne triumphal zu reüssieren.

Triumph in Männerdomäne

Die Kosmopolitin Kauffmann galt Zeitgenossen als "vielleicht kultivierteste Frau Europas", als "zehnte Muse Roms". Die Kunstliebhaber Großbritanniens waren "angelica-mad", verrückt nach Angelika, europäische Königshäuser erteilten ihr prestigeträchtige Aufträge, ihr Salon in Rom war unverzichtbare Station der "Grand Tour", der seinerzeit obligaten Bildungsreise von Adels- und Bürgersöhnen nach Italien.

Die klassizistische Malerin mit dem empfindsamen Ausdruck zählte niemanden geringeren als Goethe zu ihren Freunden, doch selbst der Dichterfürst konnte sich dem Zeitgeist nicht entziehen. In seinem Lob auf Angelika Kauffmann schwingt subtile Frauenverachtung mit: "Sie hat ein unglaubliches und als Weib wirklich ungeheures Talent. Man muss sehen und schätzen, was sie macht, nicht das, was sie zurücklässt." Das heißt nichts anderes, als dass sie im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen keine Kunst für die Ewigkeit schaffe; und den Begriff "Genie" behielt Goethe ohnehin nur Männern vor.

Ihre mutige Berufswahl hatte sie ihrem Vater zu verdanken, dem aus Schwarzenberg stammenden Maler Johann Joseph Kauffmann. Hier malte sie im Alter von 16 Jahren Freskos in der Pfarrkirche und zeitlebens empfand die im Schweizerischen Chur geborene Künstlerin das idyllische Dorf im Bregenzerwald als ihre Heimat, was sie auch auf ihrem Grabstein verewigen ließ. Ihr Lebensweg führte nach einem längeren Italienaufenthalt nach London, wo sie 15 Jahre lang höchst erfolgreich als freischaffende Malerin tätig war.

Ihre ungewöhnliche gesellschaftliche Stellung führte immer wieder zu Anfeindungen. Sie saß einem Heiratsschwindler auf und geriet in den Mittelpunkt eines der größten Kunstskandale des 18. Jahrhunderts: Ein missgünstiger Kollege versah auf einem seiner Bilder eine Nackte im Hintergrund mit Angelika Kauffmanns Zügen. Der betreffende Teil des Bildes musste übermalt werden, der Entwurf aber, auf dem die ominöse Figur erhalten ist, kann nun in Bregenz bestaunt werden.

Die letzten 26 Jahre ihres Lebens schließlich verbrachte Angelika Kauffmann als allseits geachtete Künstlerin in Rom, nach ihrem Tod wurde im Pantheon eine Büste mit ihrem Bildnis aufgestellt.

Sammlung in Bregenz

Der Hauptteil der Ausstellung mit vielen Porträts und Gemälden mit Motiven aus der antiken Mythologie befindet sich im Vorarlberger Landesmuseum selbst, das über die weltweit größte Angelika Kauffmann-Sammlung verfügt. Gemälde mit christlichen Motiven, Stiche und Zeichnungen hingegen finden sich im Angelika Kauffmann-Museum in Schwarzenberg, dessen Besuch sich auch wegen der einmaligen Atmosphäre dieses Ortes lohnt. Die Besichtigung der Pfarrkirche hingegen ist für den Kunstsinnigen eher enttäuschend. Kauffmanns Apostelköpfe wurden im 19. Jahrhundert übermalt, im vorigen Jahrhundert wieder freigelegt und auf eine Weise restauriert, die leider nur wenig vom Genius der Malerin erahnen lässt.

Angelika Kauffmann

Ein Weib von ungeheurem Talent

Vorarlberger Landesmuseum Bregenz

Kornmarktplatz 1, 6900 Bregenz

www.vlm.at

und Angelika Kauffmann Museum, Brand 34, 6867 Schwarzenberg

www.angelika-kauffmann.com

Bis 5. 11. Di-So 10-17, Do 10-20 Uhr

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