Anklagen in Glas

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Salzburg: Das Carolino Augusteum präsentiert die bisher größte Ausstellung zum Schaffen Alfred Birkles, das Rupertinum Werke brasilianischer Künstler ("Auf der Suche nach Identität").

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Salzburg: Das Carolino Augusteum präsentiert die bisher größte Ausstellung zum Schaffen Alfred Birkles, das Rupertinum Werke brasilianischer Künstler ("Auf der Suche nach Identität").

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Der Tod greift mit lüsterner Gebärde nach der Greisin, ein apokalyptischer Reiter auf fahlem Pferd schwingt die Fackel über dem auch in Salzburg jubelnd begrüßten "Einzug in Österreich". "Der trauernde Neptun" ist Zentralfigur in einer Tempera-Arbeit, die wie ein Glasfenster wirkt; das Ölbild vom Kloster Beuron zeugt von klassischer Ruhe und Ausgewogenheit. Den unzähligen Facetten im Schaffen von Alfred Birkle ist zu seinem 100. Geburtstag eine umfassende Werkschau im Salzburger Carolino Augusteum gewidmet.

Kritisch, zurückhaltend, dabei expressiv, ja dramatisch in den Farben, stellt Birkle sich selbst im "Großen Selbstbildnis im Jagdkostüm" dar. Der Ausdruck des Künstlers, auch in seinen anderen Selbstporträts, ist ein beeindruckender Spiegel seines disparaten, vielfältigen Schaffens. Achtzig Ölbilder, Farbblätter und Zeichnungen, großteils Leihgaben aus Wien, Süddeutschland und dem Salzburger Raum, ergeben ein umfassendes Bild aller Schaffensperioden Birkles, der sich keiner Stilrichtung eindeutig zuweisen lässt.

Birkle wurde 1900 in Berlin geboren. Er erregte schon als junger Künstler mit einer Kreuzigungsdarstellung von geradezu schmerzhafter Expressivität Aufsehen. Birkle zählte bald zu den führenden Künstlern im Berlin der zwanziger Jahre. Zudem malte er in seiner schwäbischen Heimat Kirchen aus - eine Schaffens-Linie, die in den Glasfenstern seiner späten Jahre eine neue Form gefunden hat.

Anregend und informativ ist die Präsentation im behutsam erneuerten Carolino Augusteum. Ein schwarz gehaltener Raum ist den Glasfenstern und Glasfenster-Entwürfen gewidmet. Eine Dia-Schau zeigt, dass Birkle sich als Glaskünstler bis Washington einen Namen gemacht hat. Die Glasarbeiten entstanden großteils nach dem Zweiten Weltkrieg. Birkle übersiedelte 1931 aus politischen Gründen nach Salzburg und konzentrierte sich zunächst auf die Landschaftsmalerei. Mit den vierziger Jahren wurde die Glasmalerei sein zentrales Anliegen.

Spurensuche Scharf und direkt sind die Anklagen in den späten Werken, etwa "Der Gefolterte" oder "Die Herrenmenschen" (beide 1960) oder "Der Illusionist von Salzburg" (1940/45). Frieden in, oder vielmehr Sehnsucht nach der Natur spricht aus vielen Blättern, etwa "Blick vom Gaisberhang über das Salzachtal" (1935/40). Die Mienen der von Birkle Porträtierten laden zu besonders gründlicher Betrachtung ein. (Bis 29. April) Die Ausstellung im Rupertinum "Em Busca da identidade" gibt mit den Werken von acht Künstlerinnen und Künstlern einen Überblick über die aktuelle Kunst Brasiliens. Beeindruckend in ihrer zarten Ausdruckskraft sind etwa die Zeichnungen auf Flusspapier von Carmen Alves, die 1976 in Sao Paulo geboren wurde. Die in sich selbst zurückfließenden Menschendarstellungen von Edgard de Souza überzeugen in ihrer reduktionistischen Formensprache.

Der Katalog von Peter Weiermair ist ein informatives Handbuch brasilianischer Gegenwartskunst.

Bis 25. März

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