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Aufmarsch der Kollektionen

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Oesterreichische Staatsdruckerei, Wien I, Wollzeile 27 a: Arbeiten von Studenten der „Internationalen Sommerakademie für bildende Kunst — Festung Hohensalzburg”.

Kokoschkas „Schule des Sehens”, alljährlich auf der Salzburger Festung zur Festspielzeit wiederholt, ist eine international besuchte Attraktion geworden; auch von der anderen Seite des Atlantiks hat sie einige Interessenten angelockt. Ob sie alle sehend wurden, die bei Kokoschka studierten? Ich weiß es nicht. Große Meister sind sie nicht geworden; aber das war wohl auch nie die Absicht Kokoschkas, sich da ernst zu nehmende Konkurrenz auf den Hals zu schaffen. Die Arbeiten seiner Schüler wirken durch die Bank wie „kleine Kokoschkas”, ihre Aquarelle sehen genau so aus wie O. K.s Entwürfe für das Bühnenbild zur „Zauberflöte”: frisch, lebhaft, luftig und vor allem bunt.

Aehnliches mag für den Bildhauerkurs bei Giacomo M a n z Ū gelten: hier sind es lauter „kleine Man- züs”, die den Händen seiner Schüler entwuchsen.

Anders lag die Situation der Klasse Slavi Soucek, der die Kunst der Lithographie lehrte. Hier stand das Handwerkliche im Vordergrund, es galt zunächst das technische Moment, die einzelnen Arbeitsgänge des Steindrucks beherrschen und dann — aber das zeichnet sich nur dürftig ab — aus dem Material arbeiten und Einfälle verwirklichen zu lernen.

Am ernsthaftesten und konsequentesten wurde in der Klasse Architektur gearbeitet, die Konrad Wachsmann leitete. Unter seinen Hörern finden wir auch die Namen einiger junger, zielbewußt arbeitender österreichischer Architekten. Die Aufgabe, die Wachsmann den Studenten der Klasse Architektur stellte, war eine offene „Halle für Musik” zu schaffen. Das entwickelte Modell, das hier gezeigt wird, ist eine ebenso kühne wie imponierende Leistung. Bei Wachsmann lernten die jungen Architekten: denken, entwerfen, bauen.

Wiener Secession, Wien I, Friedrichstraße 12: Sieben Kollektivausstellungen.

Liselott Beschorner (geb. 1927) bringt eine Reihe reizvoller Temperas, von denen die schönsten, das „Lofotenschiff” und die „Spanische Reitergruppe”, zeigen, daß ihr der Seitenweg zum ästhetisch bezaubernden Bild mehr liegt als die konsequente Erschließung bildnerischen Neulands.

Rudolf Petri k (geb. 1922) will gerade das. „Analog zur Weltganzheit, in der Ordnung und Chaos Wirkung haben, schuf ich in den letzten Jahren eine Bildganzheit, in der Fläche und Textur wirksam sind”, sagt er. Inwiefern Fläche und Textur ausgerechnet Ordnung und Chaos entsprechen, bleibt unklar. Sieht man sich seine Bilder an, scheinen so große Worte — ebenso wie die meisten Titel, die da lauten: „Animalisch”, „Sonne”, „Habsucht”, „Verdrängung”, „Entblößung” — fehl am Platze. Es sind abstrakte Bilder, aufgebaut aus den — nicht allzu starken — Spannungen zwischen Formen, die aus reiner Farbe bestehen, und Formen, die aus mehreren Tonwerten einer Farbe gebildet werden, was ihnen eine unruhige Oberfläche verleiht. (Dies mag das sein, was Petrik Textur nannte.)

Naiver und liebenswerter sind die Malereien Rudolph Richlys (geb. 1886). Aehnlich dem Sonntagsmaler Louis Vivin gibt er sein Bestes, wenn er Architektur malt: die Pariser Straßen- und Gassenbilder sind Stilleben eigener Art. Auch die Menschen Richlys scheinen erstarrt wie tote Fische oder wie Puppen. Sie haben etwas Unlebendiges, das man in den Bildern naiver Maler nicht selten findet. So konnte ihm ein Bild wie das vom „Aufstand”, in dem die symbolischen Elemente (Fackel, Vogelzug) überwiegen, nicht gelingen. Seine Architekturbilder, alle aus einem verzauberten Land, und seine Stilleben aber geben reine Freude.

In Rudolf Schönwald (geb. 1928) wächst ein hochbegabter Illustrator heran. Noch hat er Kubin einiges (gerade in seinen stärksten Arbeiten) zu verdanken, aber schon bricht in seinen Blättern zu Voltaires „Candide” und Defoes „Abenteuer des Captain Singleton” das eigene Temperament und verträumter Humor durch. Oesterreich besitzt nicht allzu viele Illustratoren, für Schönwald bleibt ein reiches Betätigungsfeld.

Karl Stark (geb. 1921) ist ein expressiver, explosiver Landschafter, ein rohes, ungebändigtes Talent. Seine Landschaften kommen etwa von van Gogh, seine Bildnisse vom frühen Kokoschka. Alles wird hingeschleudert, als gälte in der Malerei nur das überschäumende Temperament und sonst nichts. Zuweilen treten allerdings noch sehr schöne Farben hinzu. Von anderer Art sind seine Zeichnungen: nervöser, sensibler, stiller.

Elfi Stark-Petraschs (geb. 1922) Bilder scheinen gebändigte und reifere Ergebnisse der gleichen Malweise. Der Themenkreis ist kleiner („Schale mit Früchten”, „Küchenstilleben”), der Vortrag ruhiger, nüchterner, ausgewogener.

Bartholomäus Stefferl (geb. 1890) zeigt eine Spanienreportage (hauptsächlich in Aquarell und Bister). Man glaubt ihm, daß Spanien schön ist. Das ist immerhin etwas.

Galerie Gruppe- Stern. Wien I, Himmel- pfortgasse 11: Graphiken, die ohne Drucktechnik ausgeführt wurden.

Handzeichnungen von insgesamt 15 Künstlern zeigt die rührige kleine Galerie der Gruppe Stern; unmöglich, auf alle einzugehen. Nennen wir nur die Zeichnungen von Günther Bauer („Kopf”, „Sitzende”) und die Akte von Karl Pranll, die in ihrer sparsamen Art jeden Strich kostbar und wirksam werden lassen; daneben können der erfahrene Ferry Zotter und die blutjunge Uta Peyrer- Heim statt am besten bestehen.

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