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Aus dem Wiener Kunstleben

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Im Konzerthause wurde für kurze Zeit eine Ausstellung moderner Graphik aus Privatbesitz eröffnet, die einen Ausschnitt des graphischen Schaffens in Österreich und Deutschland aus den beiden letzten Jahrzehnten gibt.

Besonders die Blätter von Lovis C o r i n t h vermögen den Kenner zu fesseln. K u b i n und F r o n i u s, beide in die Hintergründe menschlichen Seins hineinleuchtend, der erstere vom Unheimlichen gepackt, der zweite aus dem Hintergründigen heraus nach Erlösung strebend, sind mit ausgezeichneten Blättern vertreten. In dem jungen steirischen Graphiker Augustiner, einem Schüler von Szyskowicz, lernt man einen ernststrebenden Künstler kennen, dessen „Totentanz“, eine Holzschnittfolge, zu großen Hoffnungen berechtigt. Auch Käthe Kollwitz, Kokoschka, Liebermann, Altmeister William Unger, Faistauer, der zu früh Verstorbene, Barlach, Klee, H o f e r und Beckmann haben Blätter für diese Sammlung beigesteuert, die inso-ferne besonders interessant sind, weil sie so deutlich zeigen, daß sich das Schaffen so mancher von ihnen heute schon überlebt hat und eigentlich nur mehr kunsthistorisches Interesse zu erwecken vermag. So lebendig Faistauer in seiner Graphik auch heute noch ist, so manieriert und antiquiert muten etwa die Blätter von Klee an. Die Zeit ist auch in der Kunst eine strenge Richterin.

Zwei junge, in Tirol lebende Künstler haben in der „N e u e n Galerie“ die Möglichkeit gefunden, die Wiener Öffentlichkeit mit ihrem Schaffen bekanntzumachen. Johannes B e h 1 e r, ein gebürtiger Westfale, der seit zehn Jahren in Alpbach ansässig ist, ein Schüler von Christian Rohlfs, ist ein Tiermaler von Eigenart. Er sucht das spezifisch Animalische zu charakterisieren Das sdilangen-haft Geschmeidige seiner Katzen, das Kluge und Mißtrauische der Füchse, das sich namentlich in den Augen verrät, das Behäbig-Stoische der Hühner, die Aufgeregtheit der Gänse, Mütterlichkeit der Rinder, das alles hält er mit wenigen sicheren Strichen oder in farbigen Skizzen fest, in denen das Wesen der dargestellten Tiere trotz mancher Überbetonung im einzelnen sehr lebendig zum Ausdruck kommt.

Der erst fünfundzwanzigjährige Paul Flora, ein Schüler Gulbranssons und Schinnerers, ist ein humorvoller Graphiker, der in einer Folge von Zeichnungen Old Shatterhands Abenteuer im Wilden Westen persifliert. Brillant ist das Blatt eines „Trinkers“, von groteskem Humor erfüllt 3ie Fülle der Eindrücke aus einem Zirkus. Auch in den Illustrationen zu Gogols „Nase“ und in einzelnen Kaffeehausszenen und landschaftlichen Stimmungsbildern offenbart sich Floras starkes Talent, das in mancher Hinsicht an Kubins Eigenart gemahnt.

In einer von der „Gesellschaft zur Pflege der kulturellen und wirtschaftlichen Beziehungen zur Sowjetunion“ veranstalteten Aussprache mit Sowjetmalern erfuhr man einige interessante Einzelheiten aus dem Kunstleben der Sowjetunion. In Referaten von Professor Samoschkin, Sergej Gerassimow und A. D e i n e k a kamen die Grundsätze zur Geltung, die für die gegenwärtige Malerei in Rußland maßgebend sind, die eine Synthese von Romantik und Realismus darstellt. Auch über das Leben der Künstler in der Sowjetunion, ihre

Organisation und Ausbildung erhielt man Aufjchlijsse, die bekunden, daß sich die schaffenden Künstler besonderer staatlicher Förderung erfreuen können. Nachdem Professor Stemolak über seine Eindrücke von der gegenwärtigen russischen Kunstausstellung berichtet hatte, setzte eine längere Diskussion ein, in der von den Sowjetmalern der sogenannten modernen Malerei gegenüber, wie sie etwa durch Chagall in Paris vertreten wird, eine entschieden ablehnende Haltung eingenommen wurde, wie sie ja überhaupt naturgemäß Gegner aller allzu! abstrakter Kunstrichtungen sind, t, ,r, . *T- i 0 f Dr. Viktor T r a u t z 1

Ausstellungen in Wien

I. Bezirk

Altes Rachaus, Wipplingerstraße 8: „Schätze aus dem.Schutt“ (9—13, 17—19; So 9—13).

Erzbischöfliches Palais, Rotenturmstraße 2: „Dom. und Diözesanmuseum“ (Di. Do. So 9-12).

Galerie Agathon, Opernring 19: „Franz-Zülow-

Aquaralle und -Zeichnungen“ (8.30—12.30

13.30—16.30; Sa 8.30—12). Galerie Welz, Weihburggasse 9: „Ernst-Wigner-

ölbilder, -Aquarelle, -Zeichnungen“ (9—16;

.So geschlossen).

Hofburg, Michaelerplatz: „Meisterwerke de Kunsthistorischen Museums“ (10—16; Fr ge-sdilossen; So 10—13).

Künstlerhaus, Karlsplatz 5, I. Stock: „Erlebte Natur“ — I. Ausstellung der Naturfreunde-photographen (10—20).

Museum für Völkerkunde, Neue Hofburg, Ringtrakt: „Kunst der Naturvölker“ — „Sonderausstellung Wolff-Knize“ (täglich außer Montag 9—13; So 10—13).

Neue Galerie, Grünangergasse Ii „Johannes Behler — Paul Flora, Aquarelle, Zeichnungen“ (10—12.30, 13.30—17; So geschlossen).

Neues Rathaus, Lichtenfelsgasse: „Neuerwerbungen der städtischen Sammlungen“ (9—13; Mo geschlossen).

Wiener Ring, Schubertring 9, Schauräume: „Französische Landschaft — AI. Ohnoutek“ (10-15).

Staatlidies Kunstgewerbemuseum, Weiskirchnerstraße 3: „Ausstellung sowjetischer Malerei“ (10—18).

Wiener Werkbund Ka'rntnerstraße 15: „Moderne französische Keramik“ (9—13; So geschlossen).

Wirtschaftsgenossenschaft bildender Künstler, Opernring 17: „Junge Kunst — Gemälde, Graphik, Kunstgewerbe“ (8—13, 14—16; Sa 8—13).

. III. Bezirk

Foyer des Konzerthauses, Lothringerstraße 20: „Ausgewählte moderne Graphik“ a0—17). VIII. Bezirk

Museum für Volkskunde, Laudongasse 19: ..österreichische Trachten in der Volkskunst“ (Di—Fr 9—14; Sa. So 9—12).

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