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Aus Wiener Ausstellungen

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Als zweite Kunstschau wurde in den Foyers des Wiener Konzerthauses eine recht umfangreiche Ausstellung des Wiener Künstlers Otto Rudolf Schatz eröffnet, die mit einem eigenartigen und eigenwilligen Maler bekannt macht, der nach kunstgewerblichen Studien, durch den ersten Weltkrieg aus seiner Entwicklung gerissen, auf allerlei Umwegen wieder den Weg zur Kunst fand. Er war und ist ein Ringender, ein Kämpfer, im Leben und in seinem Schaffen, widerspruchsvoll, zu keinen Konzessionen geneigt; aber er steht mitten im Leben als scharfer Beobachter und Kritiker und führt den Beschauer in die Reiche der Wirklichkeit, auch wenn sie nicht gerade motivisch ansprechend ist.

Schatz ist vor allem Graphiker, sosehr er sich auch bemüht, sein malerisches Oeuvre in den Vordergrund zu stellen. Seinen Ölbildern haftet etwas Schweres, manchmal sogar etwas Schwerfälliges an, seine Farben leuchten wohl, aber jede für sich allein, nicht im harmonischen Zusammenklang, es fehlen die Übergänge, die malerische Modellierung. In den Städtebildern, von denen zum Beispiel der „Blick über die Dächer zum zerstörten Dome von St. Stephan“ eine beachtenswerte Leistung darstellt, fällt dies weniger auf als in den figuralen Motiven, die im malerischen Vortrag zuweilen fast brutal wirken.

In seinen Holzschnitten, aber auch in seinen Aquarellen ist Schatz in seinem Element. Da ist jedes Blatt auch kompositorisch durchdacht. Dies gilt für seine frühen Zyklen ebenso wie für die Arbeiten, die in den letzten Jahren entstanden sind, namentlich für die prächtigen Aquarellzeichnungen aus Prag, die das Leben des Volkes bluthaft lebendig festhalten. Während in den großen New-Yorker Wolkenkratzerbildern die unerhörte Gewalt dieser Riesenbauten durch die Schwere der Farbengebung nicht zur Geltung kommt, ist der Eindruck in den Aquarellstudien und Graphiken, welche dieselben Motive behandeln, von bezwingender Größe. Noch kann man nicht das letzte Wort sprechen, aber wenn nicht alles trüg, wird der künstlerische Erfolg für Schatz wohl nur auf seinem ureigenen graphischen Gebiete zu erwarten sein.

In der Galerie Welz (L, Weihburggasse 9) kann man jetzt die Bekanntschaft mit dem Werke des Kärntner Malers Anton Mahringer machen, der in Württemberg geboren, aber durch seinen langjährigen

Aufenthalt in Nötsch im Gailtale und durch seine künstlerische Verbundenheit mit K o 1 i g und dem unvergeßlichen W i e-g e 1 e zum Kärntner und Österreicher geworden ist.

In den allerletzten Jahren schlug Mahringer neue Wege ein, die zu einer Auflockerung seines malerischen Vortrags, zu stärkerer geistiger Durchdringung seiner Vorwürfe und zu strengerer Gestaltung der Komposition führen. Alles Zufällige tritt zurück, das Wesentliche wird künstlerisch herausgearbeitet. Noch ringt er mit diesen Problemen, wie sein interessantes „Selbstbildnis“ (1946) beweist, aber seine starke künstlerische Persönlichkeit wird zweifellos den richtigen Weg finden. Jedenfalls gehört er jetzt schon zu jenen Künstlern, die sich Beachtung erzwingen.

Hohen künstlerischen Genuß vermitteln die dreißig graphischen Blätter aus der Meisterhand von E g g e r - L i e n z, die zum erstenmal in der Galerie Welz der breiten Öffentlichkeit bekanntgemacht werden. Mit einem entzückenden Studienkopf aus dem Jahre 1895 setzt die Reihe ein, einem Kinderköpferl. das allerdings noch nichts von der Eigenart des Meisters verrät. Auch in den Zeichnungen zum „Ave Maria“, jede für sich ganz ausgezeichnet, kommt noch die Piloty-Schule zum Ausdruck, während in einer Studie zum „Kreuz“ fast explosiv die große Ausdruckskraft eines Künstlers zur Geltung gebracht wird, die später in vereinfachter Formengebung, in wenigen Umrißlinien, alles zu sagen vermochte.

Wie wundervoll ist die Skizze zur „Bauernstube“, von einer Plastik und Lebenswahrheit, die kaum zu übertreffen ist! Der prächtige Schwung des „Mähers“, die heute doppelt ergreifenden Studien zum „Totentanz“ und zum „Totenfeld“ erwecken die Erinnerung an einen Künstler, der, wie keiner vor oder nach ihm, das unerhörte Grauen und die gewaltige Größe des männermordenden Kampfes zu schildern verstand. Daß die Kunst dieses Tiroler Künstlers, der wohl einer der größten Maler Österreichs war, zeitenlos ist, beweist diese kleine graphische Ausstellung von neuem. Es wäre an der Zeit, durch eine große Kollektivausstellung seiner Werke Egger-Lienz den Dank abzustatten, den ihm seine Zeitgenossen schuldig geblieben sind.

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