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Austria semper aperta

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In Rom gibt es insgesamt dreiunddreißig ausländische Institute kultureller Zielsetzungen, aber wenige sind so alt wie das heutige österreichische Kulturinstitut, das 1881 ursprünglich als historische Forschungsstätte unter Theodor von Siekei errichtet wurde, um in den von Papst Leo XIII. der Wissenschaft geöffneten vatikanischen Archiven Forschungen durchzuführen. Sickels Nachfolger war Ludwig von Pastor, auch er in der schöpferisch großen österreichischen Historiker - tradition wurzelnd. Während seiner Amtszeit, die bis 1928 dauerte, verfaßte er seine grundlegende „Geschichte der Päpste seit dem Ausgang des Mittelalters”. Mitte der dreißiger Jahre erfolgte die allerdings bald unterbrochene Umwandlung zur heute noch geltenden Form des Kulturinstitutes. Das Jahr 1952 brachte mit dem italienisch-österreichischen Kulturabkommen auch die Neugründung. Nach wie vor liegt das Hauptgewicht auf der Studien- und Forschungstätigkeit der historischen Abteilung (fünf Stipendiaten pro Studienjahr), neben der aber die Pflege der kulturellen Beziehungen in ihrer ganzen Vielfalt gewährleistet ist. Die Skala der Veranstaltungen reicht von Sprachkursen über Vorträge und Ausstellungen bis zu Konzerten österreichischer Orchester vor dem Papst.

Aus dem „Centre Culturel Autri- chien en France”, einer österreichisch-französischen Gesellschaft, entwickelte sich 1954 das Kulturinstitut in Paris. Wie in allen Kulturinstituten ging es auch gerade hier auf dem Boulevard des Invalides darum, dem Ausland ein neues Österreich-Bild zu vermitteln, das weder durch Gefühlsklischee noch durch überhöhte oder falsche Meinungen über die geschichtliche Situation unseres Landes, namentlich in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts, verzeichnet ist. Ein wesentliches Postulat war die Begegnung zwischen führenden österreichischen und französischen Geschichtswissenschaftlern, die 1964, zu einem Historiker-Kolloquium mit der Themenstellung „die Donaumonarchie und das Nationalitätenproblem” führte. Die Konfrontation mit der österreichischen Dichtung gab auch der Germanistik in Frankreich neue Anregungen, die vor allem für die Grillparzer-Pflege in Frankreich erhöhte Bedeutung gewinnen werden.

In einem noblen viktorianischen Haus des vornehmen Stadtviertels Knightbridge befindet sich das Kulturinstitut in London. Es wurde 1956 eröffnet, und in diesem „Stützpunkt österreichischer Kultur in Großbritannien”, der im British Council Vienna ein Pendant hat, fanden die britischen Erstaufführungen von Werken von mehr als dreißig zeitgenössischen österreichischen Komponisten statt. Wanderausstellungen, Austausch von Gastprofessoren und nicht zuletzt die individuelle Information über nahezu alle Gebiete des Lebens in Österreich beanspruchen einen großen Teil des Arbeitsaufwandes.

Das größte „Einzugsgebiet” hat das 1963 eröffnete Kulturinstitut in New York. Hier waren den Bemühungen von Anfang an klare Linien vorgezeichnet: Während der Amerikaner in der österreichischen Musik mehr oder minder gründlich bewandert ist, sind Österreichs Leistungen auf anderen Gebieten der Kultur in den USA nicht so gut bekannt. Nach diesen Erfordernissen richtet sich die Programmgestaltung, wobei auch hier der enge Kontakt mit akademischen und anderen wissenschaftlichen Einrichtungen gesucht und auch gefunden wurde. Die Pionierarbeit des amerikanischen Grillparzer- Übersetzers Arthur Burkhard beispielsweise brachte den „drame- warkshops” amerikanischer Colleges neue Impulse.

Die altösterreichische Tradition der kulturellen und wissenschaftlichen Beziehungen zum Orient setzen die drei Institute in Istanbul, Teheran und Kairo fort. In Istanbul war das berühmte österreichische Sankt-Georgs-Kolleg die Keimzelle, aus der das Kulturinstitut hervorging, während die Institute in Kairo und Teheran Neugründungen der letzten Jahre sind. Eine der wichtigsten Aufgaben erwuchs dem Kairoer Institut durch die Beteiligung Österreichs an der Rettung nubischer Kulturdenkmäler vor dem Bau des Assuan-Dammes. Aber nicht nur österreichische Archäologen, auch Theaterleute aus Wien waren in Kairo willkommen: sie fungierten als Berater bei einer arabisch gesungenen Inszenierung der „Lustigen Witwe”.

In einem neuen Stadtviertel im Zentrum von Warschau, inmitten von Galerien und Konzertsälen, hat das jüngste österreichische Kulturinstitut Ende 1964 seine Pforten geöffnet. Es ist das erste in einem Oststaat. In absehbarer Zeit soll die Errichtung von Instituten in Budapest und Prag folgen. Ein neues österreichisches Kulturreferat in Triest ist bestrebt, alte Verbindungen im Adria-Raum wiederaufzunehmen, im Sinne des Wortes „Austria semper aperta” — Österreich ist immer offen, nach Westen und Osten, nach Norden und Süden.

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