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Barockkirche erneuert

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Als einzige italienisch geformte Kuppelkirche in Kärnten steht an der Drau in Villach die prachtvolle Pfarr- und Wallfahrtskirche zum Heiligen Kreuz. Der Kirchenbau wurde 1726 mit großem Elan vom Villacher Stadtbaumeister Andreas S i e g 1 und Zimmermeister Jakob S c h e r e r begonnen. Der italienische Einfluß in der Architektur, vor allem im Kuppelbau, läßt vermuten, daß die Pläne für die Bauausführung ein italienischer Architekt geliefert hat. Aus finanziellen Gründen konnten jedoch der Bau und die Innenausschmückung nur mit billigsten Mitteln zu Ende geführt werden. Geldmangel dürfte auch der Grund dafür gewesen sein, daß der Innenraum keinen Freskenschmuck erhielt und daher unvollendet bleiben mußte. Die späteren Restaurierungen haben daran wenig, und keineswegs immer zum Besseren hin, geändert. So blieb der Gesamteindruck bis zum Jahre 1959 niederdrückend: Dem prachtvollen Außenbau der schönsten Barockkirche Kärntens fehlte die entsprechende barocke Innenausschmückung.

Wer heute die Kirche betritt, ist erstaunt über die Verwandlung, die sich in den letzten zwei Jahren vollzogen hat. Das Innere wurde gereinigt und ausgemalt, die barocke Einrichtung renoviert, neu geordnet und stilgemäß ergänzt; es mußten zudem umfangreiche Arbeiten zur Sanierung des Baues durchgeführt werden. Das Besondere an der ganzen Restaurierung sind aber die neuen Fresken, die Prof. Fritz Fröhlich, Ottensheim (Oberösterreich), gemalt hat. Es war ein unerhörtes Wagnis, einen barocken Raum mit den künstlerischen Mitteln unserer Zeit zu schmücken.

Das Kreuz in der Mitte des Hochaltars, das in seiner Größe den Blick des Eintretenden sofort auf sich zieht, war für den thematischen Aufbau der neuen Bilder richtungweisend. Kreu-

-eätod und Auferstehung sind für den christlichen Glauben eine Einheit. Darum wurde über dem Hochaltar die Auferstehung Christi gemalt. Ihr folgen am Gewölbe des Presbyteriums und in den Zwickeln der Vierungspfeiler Darstellungen .von heiligen Personen, die dem Kreuz besonders verbunden sind. Über dem Marienaltar in der nördlichen Seitenapsis ist die Himmelfahrt Mariens abgebildet, in der südlichen Seitenapsis sind die Kärnten besonders verbundenen Heiligen, Rupert und Modestus, dargestellt. An den acht Flächen des Kuppeloktogons wurden die acht Seligpreisungen der Bergpredigt figural symbolisiert. Das Kuppelfresko ist eine Darstellung des Himmels, wie ihn der Evangelist Johannes geschaut und in der Geheimen Offenbarung beschrieben hat: Das Buch mit dem sieben Siegeln und das Lamm von Licht umstrahlt, umgeben von den 24 Ältesten. Damit findet die Thematik der neuen Fresken ihren Abschluß. Ihr liegt im wesentlichen das Bibel wort zugrunde: „Wer Mein Jünger sein will, nehme sein Kreuz auf sich und folge Mir nach.“ Zeigt die barocke Freskenmalerei in der Durchmodellierung der einzelnen Formen, in der Licht- und Schattenwirkung ihre Grandiosität, so ist bei Prof. Fröhlich das Modulieren der Formen, der Bildaufbau in farbigen Kontrasten vorherrschend. Die Bilder sind im harten Nebeneinander der Farben und in der Geradlinigkeit der Konturen ganz und gar nicht barock. Durch die Härte der Bewegungen fühlt sich der Betrachter aufgerüttelt und mitgerissen. Die Gesichter sind auf Ausdruck hin gearbeitet. Die Farben sind unbedingt modern: das Violett, das Grün und das Rot dominieren. Im übrigen hat der Künstler die Malerei, wie es die Barockmaler taten, in den Dienst der Architektur und der Einrichtung gestellt. Dadurch ist die Dynamik der Barockzeit wieder lebendig geworden: Die Farben der Altäre und der Kanzel sowie die

rhythmischen Bewegungen der barocken Architektur setzen sich in der künstlerischen Sprache unserer Zeit in den neuen Fresken fort, und lassen das Ganze, Architektur, Einrichtung und Malerei — nach mehr als 200 Jahren —, zu einer erhebenden, harmonischen Einheit zusammenklingen.

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