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Nach drei Jahren: Wiedereröffnung des Museums für Völkerkunde mit sensationeller Kunst aus Nigeria.

Die Bronzeplastiken und Elfenbeinschnitzereien aus dem westafrikanischen Königreich Benin zählen zu den bedeutendsten und wertvollsten historischen Kunstwerken aus Afrika. In der Schau Benin - Könige und Rituale werden die wichtigsten dieser über die ganze Welt verstreuten Kunstschätze aus Museen in Europa, Nigeria und den USA in einer Ausstellung zusammengebracht. Mit dieser Sensation feiert das Wiener Museum für Völkerkunde, das aufgrund einer Generalsanierung seit drei Jahren für Besucher nicht mehr zugänglich war, eine triumphale Wiederauferstehung. Auseinandergerissene Ensembles werden erstmals wieder zusammengeführt, etwa halbierte Bronzereliefs, deren Teile in unterschiedliche Museen gelangt sind. Auch sind zum ersten Mal Leihgaben des noch immer existierenden Benin-Königshauses außerhalb Nigerias zu sehen.

Die höchst kunstfertigen Bronze- und Elfenbeinarbeiten dienten als rein höfische Kunst vor allem zur Glorifizierung des Königs und der Geschichte des einst mächtigen Reiches von Benin. Dass vor allem die Bronzen die Funktion historischer Dokumente erfüllten, lässt sich daran ablesen, dass "sich erinnern" auf Edo, der Sprache in Benin, das selbe heißt wie "in Bronze gießen". Die in der Kunst Afrikas einzigartigen Bronzereliefs zierten einst die zahlreichen Höfe des Königspalastes, die Bronzeköpfe standen zum Gedenken an Verstorbene auf Ahnenaltären.

Einzigartige Kunst Afrikas …

Die Geschichte Benins reicht bis ins zehnte Jahrhundert zurück. Als "goldenes Zeitalter" des Königreiches gelten das 15. und 16. Jahrhundert. Damals erreichte Benin seine größte Ausdehnung und knüpfte die ersten Kontakte und Handelsbeziehungen zu Europa. Europäische Besucher dieser Zeit waren beeindruckt von der Hauptstadt, die sich in ihrer Größe und Anlage mit europäischen Metropolen messen konnte. Exportiert wurden Sklaven, Elfenbeinschnitzereien, Stoffe und Steinperlen, importiert vor allem Metall und später Schusswaffen sowie Munition. Die Portugiesen haben als erste europäische Handelspartner bleibenden Eindruck hinterlassen, sie finden sich als häufiges Motiv auf Bronzereliefs.

Im Gegensatz zu jenen europäischen Ländern, die Benin jahrhundertelang als gleichwertigen Handelspartner behandelt hatten, verfolgte Großbritannien territoriale Eroberungspläne. Ende des 19. Jahrhunderts wurde Benin zunächst ein Protektorat. Nachdem sich der damalige König jedoch nicht kooperativ zeigte und schließlich eine britische Delegation massakriert wurde, sandte die britische Krone eine Strafexpedition aus, die 1897 Benin und seine Hauptstadt eroberte. Der Königspalast wurde durch ein Feuer zerstört und die dort aufgefundenen Kunstschätze brachte man als Kriegsbeute nach England. Benin war fortan englische Kolonie. Heute ist das ehemalige Territorium des Königreiches eine Provinz Nigerias - nicht zu verwechseln mit der Republik Benin, die auf das einstige afrikanische Königreich Dahomey zurückgeht.

… von England geraubt

Sofort nach ihrer Ankunft in Europa erregten die geraubten Kunstschätze großes Aufsehen und gelangten über Auktionen und den Kunsthandel in europäische und amerikanische Museen sowie Privatsammlungen. Auch Vertreter der europäischen Avantgarde, etwa Mitglieder der Künstlergruppe "Die Brücke", wurden von der Benin-Kunst beeinflusst oder erwarben Stücke für ihre Sammlung, so zum Beispiel Pablo Picasso. Manche europäische Forscher hingegen hielten es für ausgeschlossen, dass so hervorragende Kunstwerke ohne äußeren Einfluss in Afrika geschaffen worden sein konnten. Die Kunstschätze schienen mit der Tatsache unvereinbar, dass die britischen Eroberer im Palast auf zahlreiche Überreste von Menschenopfern gestoßen waren. Wissenschafter wie der Österreicher Felix von Luschan, Kustos am Museum für Völkerkunde in Wien und später führender Benin-Experte, rückten dieses Fehlurteil zurecht.

Lange hingegen war man in Europa davon überzeugt, mit dem Untergang Benins habe auch die dortige Kunstproduktion ein Ende gefunden. Doch so wie das Königshaus noch heute existiert - wenngleich ohne formelle politische Machtbefugnisse in einer hauptsächlich zeremoniellen Rolle - gibt es auch heute noch Kunst, die in der Tradition des alten Königreiches steht. Darauf hinzuweisen ist nicht zuletzt Aufgabe eines Völkerkundemuseums, das einige Beispiele präsentiert.

Ein beliebtes Motiv der heutigen Bronzegießer ist die Fahrt des besiegten Königs Ovonramwen ins Exil, der als Gefangener inmitten englischer Soldaten auf einem Kanu dargestellt wird. Auch der Besuch der britischen Königin Elisabeth in den 1950er Jahren hat Spuren in der Ikonographie der gegenwärtigen Kunst aus Benin hinterlassen: Eine Figurengruppe zeigt König Akenzua II., wie er die Queen und ihren Prinzgemahl am Flughafen von Benin City begrüßt.

Benin - Könige und Rituale

Höfische Kunst aus Nigeria

Museum für Völkerkunde

1010 Wien, Neue Burg

www.ethno-museum.ac.at

Bis 3. 9. Mi-Mo 10-18 Uhr

Katalog hg. von Barbara Plankensteiner, Snoek Publishers, Gent 2007

536 S., brosch., € 39,90

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