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Christliche Kunst aus unserer Zeit…

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Die Künstler, die im Wiener Gartenvorort Pötzleinsdorf leben — es sind ihrer nicht wenige —, haben sich vor Jahren zu einer losen, mehr auf gegenseitiger Freundschaft, denn auf Organisation gegründeter Arbeitsgemeinschaft zusammengetan; der Pötzleins- dorfer Pfarrherr präsidiert dieser Künstlerrunde, die sehr liebenswürdige wienerische und wohl auch etwas biedenneierliche Züge hat, mit Wohlwollen und einem Verständnis, das an Neuem keinen Anstoß nimmt, sondern es als belebend willkommen heißt. Er ist es wohl auch, der dieser sympathischen Künstlergruppe eine gewisse Stoßkraft gegeben hat: sie ist schon auf verschiedenen Ausstellungen zeitgemäßer christlicher und kirchlicher Kunst in den Vordergrund getreten. Mutiger ge- worden, wagte sie sich nun an größere Unternehmen: eine umfangreiche Ausstellung unter der Leitung der Pötzleinsdorfer war anläßlich der 30-Jahr-Feier des Burgenlandes in Eisenstadt und ist nunmehr im Wiener Kunstgewerbemuseum (Eingang Weißkirchnerstraße) zu sehen. Diese Großexposition versucht, Beispiele aus allen Kunstsparten zu zeigen: die Initiatoren haben auch ihrem Kreis zwar nicht angehörige, ihm aber geistig nahestehende Künstler zur Teilnahme eingeladen, was der Ausstellung, wie wir ehrlich gestehen wollen, nicht in jedem Fall zum Vorteil gereicht hat. Denn eine der wichtigsten Aufgaben jeder Ausstellung christlicher Kunst ist — und wird es noch auf Jahrzehnte hinaus sein —, dem religiösen Kitsch entschiedenen Widerstand zu leisten: aber Bilder, wie die von Oskar Larsen — der als Salonmaler seine Qualitäten haben mag —, sind Kitsch von reinstem Wasser und werden auch durch die Konfrontation etwa mit einem Schablonendruck Carry Hausers oder der „Kreuzigung“ von Oskar G a w e 11 sofort und an Ort und Stelle als solcher entlarvt; und ähnlich ergeht es den Zeichnungen Theodor Brauns, wenn man sie der meisterlichen Radierung „Grablegung“ von Christian L. Martin gegenüberstellt. Nun, mögen auch einige Entgleisungen ins allzu Billige den Eindruck, den man von dieser Ausstellung gewinnt, etwas trüben — es bleibt des Guten genug zurück. Vor allem auch das Gefühl, daß da nicht wieder einmal gleich die „Geburt" einer neuen christlichen Kunst vorgeführt werden sollte, sondern hier einige Künstler stehen, die mit Ernst und Gelassenheit Näherliegendes und im Augenblick wahrscheinlich auch Wichtigeres erstreben: eine für Künstler und Gläubige gleichermaßen akzeptable, eine Gebrauchskunst im besten Sinne des Wortes zu schaffen. Die Künsttheoretiker werden da wenig zum Nachdenken finden. Aber man sehe sich an: das einfache und großzügige Fastentuch von Käthe Bernhofer. Einen kostbaren Kelch von Otto Beckmann — dessen „Erzengel Michael“ übrigens den anderen Emailleuren dieser Ausstellung Stoff zum Nachdenken geben mag. Die an romanische Vorbilder erinnernde Bronzekirchentür von Susanne Peschke-Schmutzer. Die Architekturbeispiele, die Welzenbacher, H o 1 z m e i s t e r, Holey und P e t e r m a i r in Form von Photos und Zeichnungen beigestellt haben. Die Stickereien der Schwestern K r i z e k, ein Mosaik von Muz Stanek Und vieles andere, dessen Erwähnung diese Kritik zu einer ermüdenden Aufzählung von Namen und Titeln machen würde. Das sind reale Ergebnisse, erzielt von einer Künstlergemeinschaft, die ihre Ziele in der Wirklichkeit und nicht in den Wolken sucht. (Warum hat man Künstler wie Margret Bilger, Elisabeth Stemberger und Walter Ritter vergessen?) .

Sehr zu beklagen ist die schlechte Organisation, die man einer in der Akademie am Schillerplatz stattfindenden Kubin- Ausstellung angedeihen ließ, mit der man den großen Alten der österreichischen Graphik und jüngsten Staatspreisträger zu ehren gedachte. Man vergaß, Einladungen auszuschicken, man vergaß Annoncen und Plakate und setzte Besuchszeiten fest, die dem Berufstätigen den Besuch dieser im übrigen höchst repräsentativen Ausstellung fast unmöglich machen. — Öffentliche und private Sammler haben hier das Erlesenste zusammengetragen: die berühmtesten und die extravagantesten Blätter Alfred Kubine, die frühesten und die letzten Werke — unter ihnen auch die „Phantasien im Böhmerwald'. Wir hoffen, dem Geiste dieser Künstlerschaft, der mit dem Versuch zur zeichnerischen Monumentalität begann und ihn im hohen Alter erfüllt findet, bald eine ausführlichere Besprechung widmen zu dürfen.

Die Sezession gewährt diesmal fünf von ihren Mitgliedern die Gelegenheit zu Kollektivausstellungen. Die Kollektion Hans Böhlers überrascht durch ihre Geschlossenheit und Konsequenz. Cėzanne ist der Pate dieser gleichwohl sehr eigenwilligen Malerei, die aller Stofflichkeit sehr fremd ist und die gesehene Welt in ihren Bildern aus der Farbe wieder aufbaut: eine schwermütige, fast asketische Kunst, die von der Schönheit der Außenwelt nicht sehr überzeugt sind. Weit weniger kompliziert ist, was Rudolf V o 116 betreiben möchte: der Natur ihr etwa innewohnende Rhythmen ablauschen — was damit bezweckt wird, ist nicht sehr klar; Volles Graphiken beweisen, im Gegensatz zu seinen derben Bildern, daß er wirklich etwas zu geben hat. Keine Spekulation, sondern einfaches Vergnügen an der Wirklichkeit und eine gesunde

Fabulierlust scheint den Salzburger Ernst Huber zur.Erschaffung zahlreicher teils gesehener, teils erfundener Landschaften anzutreiben; eine unkomplizierte, aber nicht oberflächliche Malerei ist das Resultat, Bilder, die in glücklichen Fällen fast einen Hauch bruegelscher Vitalität und Atmosphäre an sich haben. Der Kärntner Hans Staudacher beweist abermals, daß er ein begabter Zeichner ist, Franz Elsner schließlich war nicht gut beraten, als er sich verleiten ließ, eine Sammlung konventioneller Abbildungen von Damen der Gesellschaft auszustellen. Das einzige Blumenstück beweist, daß Elsner wirklich ein schätzenswerter Maler ist.

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