Das Fleisch der Götter

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Das Kunsthistorische Museum Wien lockt mit dem "Gold der Pharaonen" und präsentiert seine neu gestaltete Ägyptisch-Orientalische Sammlung.

Am Golde hängt, zum Golde drängt doch alles", heißt's bei Goethe. Auf dass sich die Besuchermassen im Kunsthistorischen Museum Wien (KHM) drängen, ist dort nun das "Gold der Pharaonen" zu besichtigen. Direktor Seipel verklärt seine publikumswirksame "Gold"-Masche - aus Russland ebenso wie aus Mexiko ließ er schon Gold herankarren - als "seit rund zehn Jahren durchgeführten Ausstellungszyklus". Und widmet seinen, den einzigen, Katalogbeitrag dem Thema "Gold im Alten Ägypten".

Als "Fleisch der Götter" wurde das strahlende und unvergängliche Material dort angesehen, der König galt als das Ebenbild der Sonne, von der man glaubte, sie bestünde aus reinem Gold. Kein Wunder, dass die Tempelanlagen Oberägyptens mit goldenen Reliefplatten bedeckt, die Spitzen von Obelisken mit dem noch beliebteren "Elektron" - Gold mit einem natürlichen Silberanteil von 20 bis 40 Prozent - versehen waren. Ägypten galt als Land, "in dem Gold reichlicher vorhanden ist als Staub", es hatte im Altertum praktisch eine Monopolstellung inne. Daher haben relativ viele Goldobjekte, allesamt Grabbeigaben, den Lauf der Zeit überstanden, obwohl sich unzählige Generationen mittels Grabplünderungen des begehrten Metalls zu bemächtigen trachteten. Der Reichtum der Grabausstattung des Königs Tutenchamun verrät freilich, wieviele Kunstwerke dennoch insgesamt verloren gegangen sind.

Rund 180 Objekte aus vier Jahrtausenden sind im KHM zu bewundern. Und dennoch fasziniert zum Beispiel an einer kleinen Kanne aus dem Grab der Hetepheres, der Mutter des Pyramidenerbauers Cheops, nicht das glänzende Edelmetall, sondern die Tatsache, dass das kunstvolle Gefäß rund 4.500 Jahre alt ist. Auch bei den Siegelringen von Echnaton und seiner Gattin Nofretete ist es nicht das noble Material, dessen Wert vielleicht einige tausend Schilling beträgt, das den Reiz ausmacht, sondern dass sie einst an den Fingern eines Herrscherpaares steckten, unter dem einst für 17 Jahre die altägyptische Götterwelt durch einen Monotheismus ersetzt wurde.

In diesem Sinne ist die zeitgleich mit der Ausstellung wiedereröffnete ägyptische Sammlung des KHM wesentlich interessanter, obwohl es dort nicht so glänzt und glitzert. Von allen ägyptischen Sammlungen außerhalb Ägyptens ist jene in Wien nach dem Louvre in Paris, dem British Museum in London, dem Ägyptischen Museum in Wien und dem Turiner Ägyptischen Museum die fünftbedeutendste.

Schwerpunkt der neugestalteten Sammlung sind Skulptur und Relief des Alten Reiches (2687 bis 2191 v. Chr.), darunter der "Wiener Ersatzkopf" oder die Standfigur des Snofrunefer, wobei vor allem die Reliefs einen faszinierenden Einblick in das Leben der alten Ägypter eröffnen. Das einzige Objekt, dass nicht in Ägypten oder der Türkei erworben wurde, ist eine Hockerstatue des Chaihapi (12. Jh v. Chr.): es wurde im Jahr 1800 bei Arbeiten in Wien gefunden, wahrscheinlich war es ein Souvenir eines römischen Soldaten oder diente in Vindobona als Kultbild.

Die historistische Einrichtung der Abteilung erstrahlt in neuem Glanz. Die prächtigen ägyptisierenden Holzvitrinen sind ebenso geblieben wie die Kopien der Wandmalereien eines Felsengrabes, die ursprünglich für die Wiener Weltausstellung 1867 angefertigt worden waren. Die granitenen Bündelsäulen aus dem Neuen Reich (1569 bis 1081 v. Chr.) sind ohnehin als tragende Elemente in den Bau integriert. Nur der knarrende Parkettboden wurde durch einen Steinboden ersetzt. Und erstmals erhellt elektrisches Licht die Räume. Zur Erinnerung: Glühbirnen werden seit 1879 hergestellt.

Bis 17. März

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