6765260-1968_31_23.jpg
Digital In Arbeit

Das große Wassertheater

Werbung
Werbung
Werbung

Mit den Bregenzer Festspielen hat Vorarlberg auch in kultureller Hinsicht einie eigene, unverwechselbare Tat gesetzt. Dem internationalen Theater schenkten die Bregenzer Festspiele zwei neue Aufführungsarten: Das Spiel auf dem See und das Ballett auf dem See. Viel weniger aus theatergeschichtlichen Reminiszenzen zur Barockzeit als aus der Harmonie des weiten Bodensees mit dem bis zum Pfänder anstrebenden Bregenzer Ufer wurde das große Wassertheater geboren. Von dem kleinen, im Gondelhafen verankerten Bühnenfloß dies ersten Spiels auf dem See („Bastien und Bastienne“ von Mozart) bis zur heutigen größten bekannten Bühne, mit ihren 40.000 Quadratmetern bespielter Fläche von festen und beweglichen Bühneninseln und zwischen ihnen liegendem Wasser, war es ein weiter Weg. Echter Pioniergeist, wie er Menschen beseelt, die ein Neuland erobern, erfüllte die Verantwortlichen der Gründerzeit bis heute.

Neben der im Laufe der Jahre erreichten Förderung durch Bund, Land und Stadt war es auch immer die private Initiative der Bürgerschaft, die der Festspielidee Rückhalt gab.

Werke der Spieloper, der klassischen Operette und des Balletts, wurden zur faszinierenden Wirklichkeit auf der sozusagen unendlichen Bregenzer Raumbühne. Neben den bekannten Meisterwerken dieser Gattung zeigte sich nur hier, welch großartige Werke beispielsweise „Nacht in Venedig“ und „1001 Nacht“ von Johann Strauß sind, wenn sie nur den ihnen adäquaten Rahmen erhalten.

Ähnliches gilt auch für „Zar und Zimmermann“ von Lortzing, ein Werk, das auf der Bregenzer Seebühne in der Publikumsgunst dler Zehntausend mit den populärsten Werken der Operette Schritt hält; oder, auf dem Gebiet des Balletts, ein so für das Wasser geschaffenes Werk wie „Schwanensee“ von Tschaikowsky, in dem sich hier wie nirgendwo anders zum rein Tänzerischen auch das Optisch-Atmosphärische mit verzaubernder Wirkung hdnzufügt.

Es bedurfte natürlich etlicher Jahre, um die besonderen Gesetze des Wassertheaters kennenzulernen und sie sind heute noch nicht bis in alle Einzelheiten erforscht. Dieses ständige Abtasten von weiterem Neuland gibt aber auch den Bregenzer Festspielen den so spürbaren Charakter junger Festspiele, die sich stets erneuern und weiterentwickeln. Hier darf noch bemerkt werden, daß es bei den Bregenzer Festspdelen keine Übernahme aus dem vergangenen Festspieljahr gibt, sondern in jedem Festspieljahr ein völlig neues Programm geboten wird. Auch darin zeigt sich die Vitalität dieser Vorarlberger Festspiel Veranstaltung, die zum kulturellen Höhepunkt des Jahresablaufes im Bodenseeraum wurde. Zu den Besonderheiten des Wassertheaters zählt ja auch die verblüffende Schallwirkung der Wasseroberfläche selbst, die auch ohne Einschaltung akustischer Verbesserungsmittel, wie sie in einem modernen Theater üblich sind, bei normaler Witterung eine Akustik besitzt, die Musik und Gesang für jeden der 6400 Besucher einer Aufführung zu einem ungestörten akustischen und nicht nur optischen Erlebnis werden läßt.

Das Element Wasser, als Haupteffekt dieser neuen Aufführungsart verwendet, hat mehrfache Funktionen. Es ist zunächst die Oberfläche, über die bewegliche Bühmenteile fast lautlos gleiten, seien es nun große Bühnenflächen, venezianische Gondeln oder große Zarenschiffe. Die Wasseroberfläche bildet abeT nicht nur einen akustischein Schallträger, ‘sondern auch einen Spiegel, in dem sich Farben und Lichter der Bühnenaufbauten und Schiffe in einer Pracht widerspiegeln, die optisch kaum von einer Aufführung im Hause erreicht werden kann. Das Element Wasser entrückt auch das ganze Bühnengeschehen in eine dem Alltag ferne Atmosphäre, man möchte sagen ins Märchenhafte, und bezwingt so auch Tausende von Menschen, die durchaus nicht immer ein ständiges Theaterpublikum waren. Das Element Wasser bat aber auch noch eine dekorative Funktion, sei es in Form von Fontänen oder Wasserspielen, sei es in Form des weiten in der Tiefe der Seebühne einen Abschluß gebenden Wasservorhanges, der wie ein zauberischer Rundhoortzonit dem Blick des Publikums einen ersten Halt bietet, bevor der Blick weiterwandert zu den Lichtem des Pfänders oder des gegenüberliegenden Lindau, die beide in die Dekoration des Spiels auf dem See harmonisch einbezogen sind. Auf diesen Wasservorhang können Bilder und Farben projiziert werden. In seiner technischen Ausgestaltung, die wegen der fehlenden finanziellen Mittel bisher noch lange nicht zu Ende geführt wurde, liegt eine der besonderen zukünftigen Entwicklungsmöglichkeiten dieser Aufführungsart.

Doch nicht nur optisch, sondern auch von der Inszenierung her gelten eigene Gesetze für das große Wassertheater. Schon beim einzelnen Darsteller tritt die große Bewegung und nicht der mimische Ausdruck darstellerisch in den Vordergrund. Auf die Gruppen der Mitwirkenden projiziert, bedeutet dies, daß die großräumige Bewegung von Ballett, Chor und Statisterie andere Entwicklungsmöglichkeiten hat als bei einer in der Größenordnung beschränkten Aufführung im Haus, bei der Zuschauer mit Physiognomiegedächtnis das immer wiederkehrende Auftreten derselben Personen bemerken müssen. Hier braucht eine musikalische Phase nicht durch ein Hin und Her, oder durch Kreisbewegungen auf der Stelle überbrückt werden; man kann sie ausspielen, die Bewegung natürlich in den Raum legen; hier tritt höchstens das gegenteilige Problem auf: die zu einer szenischen Handlung gehörende Musik ist vielleicht zu kurz für den weiten Raum, den der Auftretende zu überwinden hat. Auch dies stellt Probleme, die eben nur der mit den Besonderheiten der Seebühne vertraute künstlerische Vorstand überbrücken kann.

Im Sommer 1968 wird Franz Lehars „Lustige Witwe“ erstmals auf dieser großen Seebühne Wirklichkeit werden. Von einem zentralen Palast ausstrahlend, geben die lockeren Häuserfronten Pariser Atmosphäre wie auf den Seineinseln und die blinkenden Lichter der Großstadt spiegeln sich im Wasser des Sees.

Vom 23. Juli bis zum 21. August werden neben diesem Spiel auf dem See, dessen Hauptdarsteller Evelyn Lear und Eberhard Wächter sind, Orchesterkonzerte des ständigen Bregenzer Festspielorchesters, der Wiener Symphoniker, unter Vittorio Gud, Wolfgang Sawailisch und Josef Krips stattflnden. Gui leitet im Theater am Kornmarkt mit italienischen Spitzensängern „Falstaff“ von Verdi.

Das Wiener Burgtheater bringt, neben „Iphigenie auf Tauris“ von Goethe und „Die Lokomotive“ von Roussin mit Alma Seidler, als typisch österreichleches Stück „Der Barometermacher auf der Zaufoerinsel“ von Ferdinand Raimund. Das Wiener Staatsopernballett zeigt die Serenade von Tschaikowsky, „Die vier Temperamente“ von Hindemdth und „Der wunderbare Mandarin“ von Bartök.

Große Solisten und bekannte Kammermusikensembles spielen in Bregenz, Hohenems, Feldkirch, Bludenz, Höchst, aber auch in Meersburg und Rorschach.

Wenn auch die Bregenzer Festspiele sich bemühen, in allen diesen Kunstformen ihr eigenes, unverwechselbares Antlitz innerhalb des internationalen Festspielsommens zu wahren, so war die große Pioniertat dieser Vorarlberger Festspiele doch die Schaffung des großen Wassertheaters der heutigen Zeit, das auch für die Zukunft eine Vielfalt neuer Möglichkeiten hinsichlich des Programms und der Bühnentechnik bieten wird.

Unter dem Titel „Welttheater auf dem Bodensee“ ist soeben die dritte neu bearbeitete Auflage des Bregenzer Festspielbuches von Festspieldirektor Professor Ernst Bär in der österreichischen Verlagsanstalt-Wien dem Buchhandel ausgeliefert worden. Das Buch ist mit einem mehrfärbigen Schutzumschlag und zirka 150 ein- und mehrfärbigen Bildern versehen und kostet als Ganzleinenband S 138.— und broschiert S 98.—.

Sparkassen im Dienste der Wirtschaftsbildung

Im Rahmen des Hauptverbandes der Österreichischen Sparkassen widmen sich die Vorarlberger Sparkassen schon seit mehreren Jahren der Förderung der volkswirtschaftlichen Bildung von Lehrern und Schuljugend. Zusammen mit der Vorarlberger Volkswirtschaftlichen Gesellschaft veranstalteten sie bereits zwei Seminare zur wirtschaftskund- lichen Fortbildung der Pädagogen, die im allgemeinen nur unvollkommen für die Unterrichtung der neuen, im Zuge der Schulreform eingeführten sozial- und wirtschaftskund- lichen Fächer vorbereitet waren. Der Wirtschaftsunterricht ist vor allem bei den polytechnischen Lehrgängen, die von den Sparkassen in besonderer Weise betreut werden, ausgebaut worden. Die Aktion hat bei den Lehrern eine ausgesprochen gute Aufnahme gefunden. Uber 20 verschiedene Broschüren und Bücher wurden bisher kostenlos an Lehrer und zum Teil auch Schüler ausgegeben. Die Gesamtheit der österreichischen Sparkassen gibt pro Jahr rund eine Million Schilling für ihre wirtschaftspädagogische Tätigkeit aus. Heuer sind für Lehrerbildung, Lehr- und Lernbehelfe sowie anderes Unterrichtsmaterial vom Sparkassenhauptverband 1,1 Millionen Schilling budgetiert. Dazu kommen noch die Beträge, die von den einzelnen Sparkassen direkt in diese Tätigkeit investiert werden. Von den Vorarlberger Instituten wurden bisher mehrere hunderttausend Schilling direkt aufgewendet, die nach einem bestimmten Schlüssel auf die fünf Sparkassen des Landes aufgeteilt wurden. Im Zeitalter einer immer mehr arbeitsteiligen Industriegesellschaft und der dadurch notwendig gewordenen wirtschaftlichen Allgemeinbildung verdient diese Tätigkeit besondere Beachtung.

Vorarlberger Textilindustrie überstand Flaute

Das vergangene Jahr brachte der österreichischen Textilindustrie einen Umsatzrückgang von fast zwei Prozent. Nur in Vorarlberg, wo die Textilindustrie mehr als drei Fünftel der Gesamtindustrie ausmacht, wurden noch um ein Prozent mehr Textilien umgesetzt als 1966. Durch diese gegenläufige Entwicklung erhöhte das Ländle seinen Anteil an der österreichischen Textilproduktion von 35 auf 37 Prozent, und zwar auf fast fünf Milliarden Schilling. Die Vorarlberger Textilindustrie verdankt dieses relativ gute Ergebnis nicht zuletzt ihren steten Bemühungen, mit modischen Kollektionen auf den Auslandsmärkten verstärkt Fuß zu fassen. Immer mehr Betriebe, die vor einigen Jahren noch gar nicht an die Auslandsmärkte dachten, steigen verstärkt und unter beträchtlichen Anstrengungen in den Export ein. Dies beweist auch die Beteiligung auf der Frankfurter Interstoff, der größten Stoffmesse der Welt, wo von 49 österreichischen Ausstellern 36 aus Vorarlberg stammten. Vor allem die EFTA-Märkte sind für das Texttilland Vorarlberg von zunehmender Bedeutung. So ist etwa für das größte österreichische Textil- untemehmen Großbritannien, einst das Tex- tilland schlechthin, bereits zum wichtigsten Auslandsabnehmer geworden. Hingegen ist es in Ländern des Gemeinsamen Marktes weit schwieriger, die Positionen zu halten. Hier finden vor allem die Vorarlberger Sticker in der Bundesrepublik Deutschland ihren wichtigsten Markt.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung