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Das Jahr und seine Feste im Volksbrauch Österreichs

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Studien zur Volkskunde, 1. Band. Von Gustav mit einem farbigen Titelbild und

Jahresbrauchforschung ist em Kerngebiet der Volkskunde und hat in Österreich immer eine gute Heimstätte gehabt. Das bekannte Handbuch „Sitte und Brauch in Österreich“ von Viktor Geramb, das auf Remsberg-Döringsfeld und Paul Sartori, den großen reichsdeutschen Vorbildern, ebenso fußt wie auf den stofflichen Darbietungen in der „Österreichisch-Ungarischen Monarchie“ und den vielen kleinen Lokaldarsteliungen des 19. Jahrhunderts, ist der Endpunkt der deskriptiven Methode gewesen. Von hier gmg der Weg hauptsächlich in zwei Richtungen, nämlich zur methodisch gliedernden Braudiphäno-menolngie, wie sie Paul Geiger meisterhaft vertritt, und zur historisch-kulturhistorischen Schichten- und Gruppenforschung, die in Deutschland mit Wilhelm Mannhardt, in England mit James G. Frazer vehement eingesetzt hatte und immer bedeutendere religions-wissenschaftlich ausgreifende Nachfolger findet, zuletzt den Finnen Waldemar Ljungman. Gugitz hat sich m seiner Darstellung des Jahresbrauchtums mehr der zweiten Gruppe angeschlossen und sehr viele von ihren Anregungen aufgenommen und auf die österreichischen Sonderfälle angewendet. Es ist das im Grimmschen Sinn Mythologische, das bei ihm stark weiterwirkt, um die ganze Erkenntnisfülle der Vegetationsmagie vermehrt, die das späte 19. Jahrhundert allenthalben aufgespürt hat. Selbst die schon unserem Säku-lum angehönge Totenmythologie hat Gugitz jedoch bedachtsam mit herangezogen und so allenthalben Möglichkeiten der Interpretation geschaffen.

Für seine Arbeit brachte ' Gugitz eine Quellenkenntnis mit, besonders für das 17. und 18. Jahrhundert, welche die bisher sehr weitgehend auf Aufzeichnungen des 19. Jahrhunderts basierende Brauchforschung mit einem Schlag zu einer weithin historisch fundierten Wissenschaft macht. Das war jedem Kenner aus seinen vielen kostbaren Büchern, besonders aus seinen Sammlungen „Von Leuten und Zeiten im alten Wien“ und „Altwienerisches — Bilder und Gestalten“ wohlbekannt, in denen für Ostern, Nikolo und Weihnachten wichtige, vor ihm ungenutzte Quellen aus Archiven, ebenso wie aus der aufklärenden Sittenliteratur usw. zu einheitlichen Bildern verwertet worden waren. Nun bringt die Fülle der 42 Kapitel des vorliegenden ersten Bandes dieses schönen Werkes dieses in noch ganz anderem Ausmaß der Öffentlichkeit zum Bewußtsein.

Gewiß, der Kenner der Gugitzschen Arbeiten kannte viele davon schon von damals her, als sie als Sonntagsfeuilletons in der „Wiener Zeitung“ erschienen.

Die mit vollem Anmerkungsapparat ausgestatteten Abhandlungen hier im Buch zeigen jedoch erst die redliche Methode des Unermüdlichen. Ob es sich um Fasching und Faschingskrapfen oder um die Heiligen Sebastian und Blasius mit ihrer Verehrung handelt, ob der Kranz des Altwiener Osterbrauches vorgewiesen wird oder die Frühlingsfeste des Georgi- und Peregrinitages, ob es sich um den Frühsommer mit den Eismännern und dem Christihimmelfahrtstag handelt oder um den Hochsommerbrauch um Pfingsten, Heiligengeistschwingen und Dreifaltigkeit, immer steht Gugitz nicht nur die geläufige Brauchliteratur, sondern das im allgemeinen völlig unbekannte Quellenmate-rial der Barockliteratur jund der barocken Bildkunst zur Verfügung, und dementsprechend vertieft sich unser bisher recht flächiges Bild zu einem oft schon sehr plastischen Relief. Das ist, man kann es nicht deutlich genug sagen, em Vorsprung der österreichi-sdien Forschung, der nicht so bald anderweitig einzuholen sein wird. Das wackere Schweizer Gegenstück zum .Volksbrauch im

Gugitz. Brüder Hollinek, Wien. 368 Seiten 18 Bildbeilagen auf 9 Bildtafeln.

Kirchenjahr“ von Hanns Koren, das P.Notker Curti „Volksbrauch und Volksfrömmigkeit im katholischen Kirchenjahr“ überschrieben hat (Basel 1947), kann sich nicht im entferntesten mit dieser Quellenfülle messen. Was freilich auch begreiflich ist, wenn man den ganzen Reichtum unserer archivaiischen und literarischen Quellen gerade der Barockzeit kennt, der ja selbst durch die ür.mense Arbeitskraft eines Gugitz nicht etwa ausgeschöpft, sondern nur aufgezeigt werden konnte, so aufgezeigt freilich, daß eine ganze

Generation Jüngerer hier w,rd nacharbeiten können.

Was Gugitz allen Nachfolgern schon sehr weitgehend abgenommen hat, ist die Heranziehung der barocken Bildquellen, insbesondere des von ihm mit größter Intensität gesammelten kleinen Andachtsbddes, das ja unsere Brauchforschung bisher so gut wie gar nicht beachtet hatte. Die etwa bisher zwei Jahrzehnte währende Zusammenarbeit mit Edmund Frieß, der wir einige der Wichtigsten Wallfahrtsarbeiten verdanken — leider liegt ein beträchtlicher Teil davon noch unveröffentlicht! —, hat Gugitz die Bedeutung gerade dieser kleinen Andachtsbildchen immer höher einsdiätzen lassen. Er hat auch eine eigene Monographie über diese terra in-cognita der Kunst- und Kulturgeschichte geschrieben, die bisher leider erst im Manuskript vorliegt. In diesem Buche hat er seine Sammlung wenigstens zur Illustration einiger markanter Heiligenfeste heranziehen können, und Proben, wie die des farbigen Titelbildes, auf dem der heilige Veit ein Huhn in der Hand hält, erweisen zur Genüge, wie wichtig die Kenntnis dieser Bildquellen ist. Man freut sich bei dieser Gelegenheit dankbar darüber, daß der Verleger an dieser Form der Ausstattung nicht gespart hat.

Jeder Mitforscher und jeder Freund unserer Volkskunde harrt auf das Erscheinen der nodi unveröffentlichten Arbeiten dieses verdienstvollen Autors mit gespannter Erwartung.

Leopold Schmidt

Der Lusenberger. Von Maria Veronika Rubatscher. Verlag Herold, Wien. 331 Seiten. Mit 9 Bildern nach Gemälden des Meisters.

Ein zum Teil romanhaftes, zum Teil chronikartiges, also D'arstellungs- und Berichtselemente miteinander verwebendes Lebensund Schaffensbild des großen südtirolischen Volks- und Naturkünstlers Joseph Theodor

Moroder-Lusenberg, eines Bildschnitzers, Bildhauers, Zeichners, Malers und Kunstlehrers aus dem ladinisdien Grödener Tal, eines jüngeren Zeitgenossen Pilotys, Defreggers und Makarts; sorgfältig gestützt auf dokumentarische Unterlagen, gemeinverständlich ausgeführt undhachgestaltet von der Hand und mit dem Herzen einer Volksdichterin, voller Liebe zum Gegenstand im besonderen und zui Heimat im allgemeinen. Wir begleiten mit wachsender Ergriffenheit den dramatischen Schicksalsweg dieses Begnadeten und Geprüften, sein Werden als Mensch und Bildner, sein Tagwerk als Bauer und Künstler an der Hand packender Einzelszenen von der Geburt bis zum Tod, wobei begründetermaßen das wärmste und hellste Licht auf seine beiden glücklichen Ehen fällt. Das Buch eignet sich besonders für Volks- und Jugendbüchereien, nicht zuletzt weil zugleich der Wandel im Ge-sellschaftsgefüge jener Zeit verdeutlicht wird und weil zahlreiche kultur-, geistes-, stilgeschichtliche Einsichten unaufdringlich mitvermittelt werden. Dr. Friedrich S a c h e r

„Gloria Dei“, Zeitschrift für Theologie und Geistesleben, Graz, Sonderheft „Wirtschaft, Technik und soziale Ordnung“.

In der vorliegenden reichhaltigen Sondernummer der vom Verlag Pustet herausgegebenen Quartalszeitschrift untersucht einleitend R. Hausleitner die Bezüge zwischen Gesellschaft und Persönlichkeit und liefert auf diese Weise eine sachliche Begründung des Subsidiaritätsprinzips. H. W i 11-m a n n gibt erschütternde Belege zum Thema „Untergang des Dorfes?“, ohne einen positiven Ausblick. A. Burghardt vermittelt in seiner Arbeit über die Verstadtung der Welt eine Systematik des Problems der Verstädterung, während W. Heinrich im Anschluß an L. Ziegler dem Problem der „richtigen“ Wirtschaft („Adamitische und kainiti-sche Wirtschaft“) eine eingehende und gedankenreiche Untersuchung widmet. A. T a u t-scher wieder gibt eine Darstellung der Bestimmungsgründe des Lohnes, den er im wesentlichen durch den gesellschaftlichen Rang des Arbeitenden bestimmt sieht. O. Bauhof e r schließt die außerordentlich gut gelungene Nummer mit einer Studie über die Beziehung von Technik und Kultur.

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