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Dem Laien graust, der Kenner schmunzelt

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Kupferpartikel im Trinkglas? Geht Kupfer nicht alle möglichen giftigen Verbindungen ein? Pfui Teufel! Und erst die Amerikaner. Brennen die nicht die Fässer für ihren Bourbon innen aus, damit das Holz rissig wird? Dabei müssen doch krebsauslösende Stoffe in Massen entstehen. Dem Laien graut. Der Kenner schmunzelt über seinem Whiskygklas. Oder Whiskey glas. Und schwärmt vom torfigen Phenolgeruch der Islay-Whiskys. Und blättert in einer der farbenfrohen Neuerscheinungen über das alte uisge-beatha, oder usquebaugh, die er vom Christkind bekommen hat. Usquebaugh ist gleichbedeutend mit aqua vitae, Lebenswasser, was natürlich eine Verharmlosung bedeutet, denn Alkohol bleibt Alkohol. Immerhin ist Whisky ebenso wie Cognac schon aus Kostengründen, aber nicht nur, kein Sauf-, sondern ein mit Maß genossenes Kultgetränk. Ein besonders medizinisch-phenoliger Malt durfte sogar während der Prohibition in den USA verkauft werden. In den Apotheken. Kenner erklären, Cognac vermittle das Erlebnis von Finesse, Malt das von Tiefe. Apropos Malt: In drei schönen neuen Büchern für den Whisky-, Whiskey- oder beider Freund ist fast ausschließlich vom Malt, und da wieder fast nur vom Single Malt, die Bede, denn dieser und nicht der Blend ist ja das Kultgetränk. Malt ist reiner Malzwhisky, gebrannt in kupfernen Brennblasen („potstills") aus gemälztem, über Torffeuer getrocknetem, sodann vergorenem und destilliertem Getreide, in Schottland fast ausschließlich Gerste. Das Torffeuer sorgt für den Rauchgeschmack. Single Malt kommt aus einer einzigen De-stillerie. Eine Mischung reiner Malts aus mehreren „Distilleries" heißt Vatted Malt. Blended Whisky besteht aus neutralem Grain-Whisky aus riesengroßen Destilliermaschinen, vermischt mit einem Anteil von Malts mehrerer Hersteller.

Michael Jackson widmet in seinem Buch „Whisky" (Hädecke-Verlag) auch den Blends ein allerdings kleines Kapitel mit Beschreibungen ihrer Geschmäcker. Der von Claus Arius bearbeitete und ergänzte, von Walter Schobert aktualisierte Band ist übersichtlich und voll praktischer Hinweise. Der Bezensent kann sich zwischen Jackson und Murray leider sowenig entscheiden wie zwischen Talisker und Laphroaig. Jim Murray, ebenfalls eine Whisky-Autorität, scheut sich nicht, in seinem Werk „Whisky & Whiskey" (Verlag Lichtenberg) bestimmte Whiskys als grauenhaft zu bezeichnen und geht noch ausführlicher auf die Whiskys und Whiskeys aus aller Welt ein. Sogar eine tschechische Marke wird da als hervorragend (und preiswert) empfohlen. Bildbände, die dem Kenner das Malz im Mund zusammenlaufen lassen. Der aktualisierte, neu aufgelegte „Malt Whisky Guide - Führer zu den Quellen" von Walter Schobert ist eine praktische Ergänzung. Schobert enthält sich aller Geschmacksbeschreibungen. Dafür erfährt der Whisky-Tourist Adressen, eine Menge über Besichtigungsmöglichkeiten und so fort. Außerdem sind bei ihm alle schottischen Single Malts alphabetisch aufgeführt, bei den anderen sind sie regional geordnet (Islay, Speyside, Highlands, Lowlands und so fort). Alle drei Bücher sind in Farbe opulent bebildert.

Höchste Zeit, zu erklären, daß die Schotten Whisky brauen, die Iren Whiskey, daß es aber vor hundert Jahren noch umgekehrt war, und daß sich die Amerikaner semantisch auf die Whiskey-Seite geschlagen haben. Warum Whisky aus Brennblasen ohne Kupfer kaum zu trinken ist, weiß niemand genau, weshalb auch das Destillat in den großen „conti-nuous stills" oft über Kupferplatten rinnt. Aber erst in jahrelanger Faßlagerung wird dieses farblose Destillat, das einst Iren und Schotten beglückte, zu dem, was der Kenner heute schätzt. In Schottland lagert ein guter Malt zumindest acht Jahre in gebrauchten Sherry-, Madeira- oder Portweinfässern, in Kentucky in frisch ausgekohlten. Der Bezensent hält den Kanzerogen-Verdacht nicht für unbegründet und sich, wenn solches in Beichweite, lieber an einem Glas mit intensiv schmeckendem schottischem Malt von der Halbinsel Islay, vorzugsweise Laphroaig oder Lagavulin, fest.

Im übrigen nippelt man ja nicht nur an in Weinfässern gelagertem, gebranntem Bier, sondern genießt -stets Maß haltend, aber eine diskutable Flasche Malt kostet sowieso dasselbe wie einer der Bildbände - Romantik. Man sieht den Nebel über den Inseln, die Schemen längst dahingegangener Whiskyschmuggler, Wolken über der Heide, die „Pagoden" der Torfböden, die Hochmoore und kupfernen Rrennblasen, wenn man Namen hört wie Talisker oder Clynelish oder Glendronach oder Au-chentoshan oder Bunnahabhain oder Knockdhu oder Macallan oder Edra-dour, und bei einem Schluck Laphroaig hört man mit etwas Phantasie sogar die Krähen über dem Schlick vor der direkt am Meer gelegenen Destille kreischen.

HR WHISKY & WHISKEY

Von Jim Murray

I.Uhlenberg Verlag, München 1997 II 224 Seiten, viele Bilder, geb., öS 58),-

WHISKY Von Michael Jackson Walter Hädecke Verlag, Weil der Stadt 1997, 248 Seiten, viele Bilder, Ln., öS 715,-

MALT WHISKY GUIDE

Von Walter Schobert

Walter Hädecke Verlag, Weil der Stadt

1997, 184 Seiten, geb., öS218,-

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