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Denkmalpflege

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Wenn anläßlich des zehnjährigen Jubiläums der Diözese Eisenstadt Rückschau gehalten wird auf die Restaurierungstätigkeit der letzten Jahre im Bereich der römisch-katholischen Kirche, so kann eine erfolgreiche Bilanz gezogen und mit einer Reihe bedeutender Leistungen aufgewartet werden.

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Wenn anläßlich des zehnjährigen Jubiläums der Diözese Eisenstadt Rückschau gehalten wird auf die Restaurierungstätigkeit der letzten Jahre im Bereich der römisch-katholischen Kirche, so kann eine erfolgreiche Bilanz gezogen und mit einer Reihe bedeutender Leistungen aufgewartet werden.

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Das am meisten beachtete Beispiel ist die Pfarrkirche von Jois am Neusiedler See. Dem Zusammenwirken eines verständnisvollen Pfarrherren und hochqualifizierter Restauratoren mit den Organen des Bundesdenkmal-amtes ist es zu danken, daß hier die wohl qualitätvollste und reichste Einrichtung einer burgenländischen Dorfkirche in ihrem ursprünglichen Glanz wiedererstehen konnte. Drei prächtige Altäre und eine ebensolche Kanzel wurden von störenden Ubermalungen befreit, unter denen die originale, beim Hochaltar graugrüne, bei den Seitenaltären und der Kanzel in Rottönen gehaltene Marmorierung zum Vorschein kam. Auch die übrige, einheitlich aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhundert stammende Ausstattung: Beichtstühle, ein Kreuzweg, die Orgel und ein Deckenfresko im Presbyterium, präsentiert sich in ihrer ursprünglichen Fasson, nicht zu vergessen die frisch gefärbelten Fassaden, die zur Abrundung des Gesamteindruckes beitragen.

Ähnlich erfreuliche Gesamtrestaurierungen gab es in jüngerer Zeit in Dörfl (Wallfahrtskapelle Maria-Bründl), Mannersdorf an der Rabnitz (Pfarrkirche) und Rattersdorf (Pfarr-und Wallfahrtskirche) im mittleren Burgenland sowie in der südburgenländischen Gemeinde Gaas (Wallfahrtskirche Maria-Weinberg). Überaus gut gelungen ist auch die erst in den letzten Wochen vollendete Innenrestaurierung der reizvollen barocken Spitalskirche der Barmherzigen Brüder in Eisenstadt-Oberberg. Gleichsam ein Gegenstück zu Jois ist die Einrichtung der Pfarrkirche von Draß-burg, ebenfalls der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts entstammend, nur mit dem Unterschied, daß hier die Altäre, an die gerade jetzt letzte Hand angelegt wird, in seidig glänzendem, rotgelbem Stuckmarmor aufgeführt sind. Nicht unerwähnt darf die 1967/68 erfolgte, sehr einfühlsame Innenrestaurierung der gotischen Pfarrkirche von Hannersdorf im Bezirk Oberwart bleiben. Schließlich ist in diesem Zusammenhang noch auf die im Zuge der Gesamtinstandsetzung der Burg Güssing vorgenommene konservatorische Behandlung der ausgezeichneten neogotischen, mit 1796 (!) datierten Einrichtung der dortigen Burgkapelle zu verweisen.

Arbeiten mehr technischer Natur gibt es von drei großen Heiligtümern des Landes zu berichten: In Frauenkirchen wurde 1969 die Westfassade der Wallfahrtskirche renoviert und die Verblechung der beiden Zwiebeltürme in Kupfer erneuert, der gesamte Klosterkomplex von Loretto erhielt 1969/70 eine neue Dachhaut aus Eternit und am Dom zu Eisenstadt wurden gleichfalls Teile der Dacheindeckung sowie der gesamte Außenputz erneuert. Weitere, die Außenerscheinung prägende Maßnahmen waren die nach einem Brand notwendig und möglich gewordene Rekonstruktion des barocken Türmchens der Kirche der Barmherzigen Brüder in Eisenstadt und der vollständige Neuaufbau des durch frühere Reparaturen arg verstümmelten Kirchturms von Edelstal, Bezirk Neusiedl am See, in barocker Manier.

Für den Kunsthistoriker von Interesse sind verschiedene Neuentdeckungen an mittelalterlicher Substanz, die ja im Burgenland, bedingt durch die Grenzsituation mit ihren unzähligen kriegerischen Ereignissen und Zerstörungen, abgesehen von den Burgen, nur noch schwach ausgeprägt ist. Romanische Bauteile aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts wurden an der Südwand der Pfarrkirche in Gols freigelegt, während man in Jois Teile eines aus der gleichen Zeit stammenden steinernen Kirchenportals aus einer Stützmauer im Friedhof herausgelöst hat. Spuren spätromanischer Wandmalereien gelang es im heurigen Sommer in der Apsis der Bergkirche zu Stoob abzudecken, gotische Freskenreste kamen in den letzten Jahren in Hannersdorf, Mannersdorf a. d. Rabnitz und in der kleinen Filialkirche in Zahling, Bezirk Jennersdorf, zutage. Die jüngste Entdeckung betrifft Wandmalereien im gotischen Chor von Draßburg, der ursprünglich zur Gänze mit Fresken im Stil der Donauschule, Szenen aus der Leidensgeschichte Christi darstellend, geschmückt war.

An hervorragenden, in der letzten Zeit restaurierten Einzelobjekten sind der kleine, 1469 datierte gotische Flügelaltar aus der Hauskapelle des Schlosses Draskovich in Güssing, das einzige Kunstwerk dieser Art im Burgenland, und ein Altarblatt von Martin Altomonte aus der Pfarrkirche in Mönchhof, Bezirk Neusiedl am See, hervorzuheben. Einer Gruppe von kirchlichen Denkmalen, der die Fachstellen in zunehmendem Maße ihre Aufmerksamkeit widmen, sind die Orgeln. Gerade in der Orgeldenkmalpflege ist man heute vielleicht noch mehr als in vielen anderen Sparten bemüht, äußerst behutsam vorzugehen und soviel wie möglich an originaler Substanz zu bewahren. Beispiele guter Restaurierungen von Barockorgeln gibt es in Jois (um 1760), in Markt Almau (1795), in der Fischerkirche von Rust (1705) und bei den Barmherzigen Brüdern in Eisenstadt (um 1770), letztere in ihrer Disposition auf Josef Haydn zurückgehend. Vom burgenländischen Orgelbauer Anton Thausz aus Großpetersdorf stammt das recht gute kleine Instrument in Miedlingsdorf, Bezirk Oberwart, restauriert 1967 anläßlich des hundertjährigen Bestandsjubiläums von Kirche und Orgel. Wenn von Restaurierungen die Rede ist, dürfen auch die Demolierungen nicht übersehen werden — ein Problem, mit dem der Denkmalschutz immer wieder konfrontiert wird. Glücklicherweise mußten in der jüngeren Vergangenheit nur zwei Totalverluste in Kauf genommen werden: 1967 machte die sehr schlichte, aus einer Synagoge hervorgegangene barocke Pfarrkirche von Neufeld an der Leitha einem Neubau Platz, zwei Jahre später erlitt die spätbarocke Ortskapelle von Holl, Bezirk Oberwart, das gleiche Schicksal. Einem teilweisen Abbruch, nämlich bloß der spätbarocken Chorpartie, konnte in den letzten Monaten im Fall Pilgersdorf, Bezirk Oberpullendorf, zugestimmt werden, weü hier eine harmonische Verbindung des Altbestandes, Turm und Schiff des 17. Jahrhunderts, mit einem zeltartigen Erweiterungsbau glücken dürfte. Demolierungsabsichten im Zusammenhang mit Neubauplänen hegen auch die Pfarren Apetlon, Deutschkreutz, Leithaproders-dorf und Stegersbach, Hier handelt es sich allerdings um bessere, vor allem für das Ortsbild sehr bestimmende Barockkirchen, deren Freigabe kaum zu verantworten wäre. Ein gewisses Gefahrenmoment birgt zur Zeit auch noch die Anpassung der Kircheneinrichtungen an die Erfordernisse der neuen Liturgie in sich. Wohl verbieten staatliche und kirchliche Bestimmungen selbstherrliches Vorgehen, doch haben sich einzelne Geistliche nicht abhalten lassen, ihre Gotteshäuser auf eigene Faust zu modernisieren. So wurde etwa in Pöttsching ein nicht unhübscher Barockaltar demoliert und nur das Altarblatt sowie einige Plastiken, aus dem alten Zusammenhang gerissen, in der Kirche belassen In zwei weiteren Fällen, Kobersdorf und Lackendorf, gelang es, teils durch gesetzliche Maßnahmen, teils im gütlichen Einvernehmen, die Wiederherstellung bereits abgetragener Altäre zu erreichen. Bemerkenswert ist, daß die Mehrzahl der Gläubigen in den betreffenden Gemeinden darüber sehr glücklich war. Der vorliegende Bericht wäre nicht vollständig, fänden nicht auch jene Vorhaben Erwähnung, die erst 1970 begonnen worden sind und dn den folgenden Jahren weitergeführt werden sollen. Das wohl komplizierteste Unternehmen ist die technische Sanierung des berühmten Kalvarienberges von Eisenstadt-Oberberg. Hier geht es darum, das seit langem unkontrolliert im Gemäuer versickernde Regen- und Schmelzwasser so nach außen abzuleiten, daß nicht neue, gravierende Bauschäden auftreten können, wie sie die Kreuzkapelle und das Dach der Vorhalle der Gnadenkapelle bereits erlitten haben. Eine ebenfalls umfassende Aktion läuft in Donnerskirchen am Neusiedler See. Die in Wehrposition, hoch über dem Ort gelegene barocke Pfarrkirche wurde heuer neu verputzt und die fast vollständig erhaltene Wehrmauer ausgebessert; im kommenden Jahr wird die Innenrestaurierung in Angriff genommen, die ähnlich interessant zu werden verspricht wie jene in Jois.

Einer archäologischen Untersuchung harrt die auf einem mittelalterlichen Hausberg errichtete romanische Bergkirche von Stoob, deren Gesamtrestaurierung vorgesehen ist. Grabungen, die allerdings nicht die erwarteten romanischen Bauteile ans Tageslicht brachten, sondern römische Fundschichten anschnitten, fanden heuer im Sommer auf dem Gelände der alten Pfarrkirche von Deutsch-Schützen, Bezirk Oberwart, statt. Der noch aufrecht stehende gotische Chor dieses erst 1927 dem Verfall überantworteten Gotteshauses soll in naher Zukunft baulich saniert werden. Die letzte hier anzuführende Restaurierung gilt der Antonikapelle in Großhöflein bei Eisenstadt. Wohl nur ein dörfliches Baudenkmal von geringem künstlerischem Wert, ist diese schlichte, spätbarocke Andachtsstätte gerade in ihrer Derbheit und Primitivität von ganz besonderem Reiz. Drei Altäre, ein Fresko eines bislang unbekannten Malers namens Lenthl, ein schmiedeeisernes Chorgitter und eine bemalte Empore mit einem kleinen Orgelpositiv, alles nach der Mitte des 18. Jahrhunderts entstanden, bilden den

Schmuck der Kapelle, die schon im kommenden Jahr in neuem Glänze erstrahlen soll. Erwähnenswert ist die Opferfreudigkeit der Ortsbevölkerung, mit deren Spenden fast ein Drittel der Instandsetzungskosten bestritten werden kann.

Wenn schon von Finanzierungsfragen die Rede ist, darf ganz zuletzt nicht verschwiegen werden, daß zu allen erwähnten Restaurierungen nicht nur das gläubige Volk, die Pfarren, die politischen Gemeinden und das bischöfliche Ordinariat beigesteuert haben, sondern wesentliche Zuschüsse aus dem Kulturbudget des Landes und dem Denkmalpflegekredit des Bundes geleistet worden sind, ja so manche große Restaurierung ohne Hilfe der beiden letztgenannten Institutionen wohl überhaupt nicht zustande gekommen wäre.

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