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Die Ausstellung "Ferdinand I." im Kunsthistorischen Museum beleuchtet einen bislang unterschätzten Habsburger, der lange zu Unrecht im Schatten seines mächtigen Bruders Karl V. stand.

Kaiser Karl V., dem das Wiener Kunsthistorische Museum vor drei Jahren eine umfangreiche Ausstellung widmete, beherrschte bekanntlich über drei Jahrzehnte ein Weltreich, in dem die Sonne nicht unterging. Damit überstrahlte er seinen jüngeren Bruder und Nachfolger als Kaiser, Ferdinand I. (1503-1564), den das gleiche Museum heuer, zum 500. Geburtstag, in einer Großausstellung präsentiert. Für Ausstellungskurator Georg Kugler besteht kein Zweifel, dass Ferdinand der fähigere Monarch war. Auch der Historiker Alfred Kohler, Autor einer jüngst erschienenen, umfassenden und in jeder Hinsicht lesenswerten Ferdinand-Biografie, meint, dass dieser Habsburg-Spross in seiner Bedeutung bisher weitgehend unterschätzt wurde. Österreich und Mitteleuropa steht Ferdinand I. viel näher als sein älterer Bruder Karl V., eine Ferdinand-Ausstellung war schon seit Jahrzehnten ein Anliegen des Hauses.

Kugler betont, dass die Ausstellung im Gegensatz zu manchen Kritiken keine erweiterte "Neuauflage" der Karl-Ausstellung ist. Man werde nur ganz wenige Objekte nennen können, um diesen Vorwurf zu belegen. Natürlich führt der erste Raum wieder in die Familie der Habsburger ein, von deren damaligen Repräsentanten eben nur wenige Abbildungen existieren.

Zu den Überraschungen der Schau zählt ein Guillaume Scrots zugeschriebenes Bildnis von etwa 1540, das mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit Ferdinand I. darstellt.

Wechselnde Lebensziele

Charakteristisch für Ferdinands Biografie ist ein mehrfacher Wechsel von Lebenszielen und Lebensorten: Geboren in Alcalá de Henares, dank der von Kardinal Cisneros gegründeten Universität damals die Kaderschmiede des höheren Klerus von halb Europa, verlor er früh seine Eltern und verbrachte seine ersten 15 Lebensjahre in Spanien. Der Tod seines Großvaters, Ferdinand von Aragonien, beförderte seinen Bruder Karl auf den spanischen Thron und Ferdinand zunächst zu seiner Tante Margarete in die Niederlande. Aber schon bald übertrug ihm Karl V., inzwischen auch Kaiser geworden, die österreichischen Länder. Die noch vom anderen Großvater, Kaiser Maximilian I., geplante Doppelhochzeit zwischen Habsburgern und Jagiellonen führte zur Ehe Ferdinands mit Anna von Ungarn. Als deren Bruder Ludwig 1526 in der Schlacht bei Mohács fiel, konnte das Haus Habsburg Anspruch auf Böhmen und Ungarn erheben. Es war Ferdinand, dem es gelang, einen festen Grundstein zur habsburgischen Donaumonarchie als Vielvölkerstaat zu legen. Georg Kugler: "Vor allem in Ungarn wird er als Retter des Landes verehrt, weil er Ungarn eine kontinuierliche Geschichte ermöglichte." Wäre es nach seinem dortigen Widersacher Jan Szapolyai gegangen, hätte Ungarn vermutlich unter türkischer Oberhoheit eine Entwicklung wie Bulgarien oder Serbien genommen.

Die Objekte der Ausstellung spiegeln alle Entwicklungen der Zeit wider: politische Geschichte, Kunst, Wirtschaft, Wissenschaft. Einige Exponate - etwa ein Porträt von Sultan Suleiman aus der Schule Tizians - erinnern an die Türkenkriege, insbesondere an die Belagerung Wiens im Jahr 1529. Gerade an diese Frage gingen Karl und Ferdinand, wie Alfred Kohler aufzeigt, ganz unterschiedlich heran.

Friede mit Protestanten

Ein markantes Beispiel der gerade erst heranreifenden Porträtkunst stellt Paris Bordones 1532 geschaffenes Bildnis des Nikolaus Körbler dar, eines Exponenten der wachsenden Geldwirtschaft in der Steiermark. Ein eigener Raum ist Humanismus und Wissenschaft gewidmet, bekanntlich kam damals eine Vielzahl bis dahin unbekannter Pflanzen (wie Rosskastanie, Tulpe oder Flieder) nach Europa.

Die Ausstellung dokumentiert auch die von der Reformation ausgelösten Konflikte bis zum Augsburger Religionsfrieden von 1555 - dabei spielte bereits Ferdinand, nicht mehr der bald darauf abdankende Karl V., die Hauptrolle - und zum Konzil von Trient (1545-1563). Dass Ferdinand Frieden mit den Protestanten suchte, den Laienkelch und die Abschaffung des Zölibats befürwortete, bewog den Papst, ihm die Kaiserkrönung zu verweigern.

Zu den Glanzlichtern der Schau zählen die Wandteppiche. Einer zeigt "das Eintreffen der Statue unserer Lieben Frau in Brüssel", ein Ereignis von 1348, und lässt dabei Angehörige des Hauses Habsburg aus verschiedenen Generationen aufmarschieren. Andere stammen aus dem Louvre in Paris und zeigen eindrucksvolle Jagdszenen. Stolz ist Kurator Kugler auch auf die eigens für die Ausstellung gefertigten Modelle der Wiener Stallburg oder des Belvedere-Lustschlosses auf dem Prager Hradschin.

Die berühmten Jahreszeitenbilder von Giuseppe Arcimboldo führen in den letzten Teil der Ausstellung, der den Tod des Kaisers und seine Beisetzung dokumentiert und die Vergänglichkeit der Macht und des Lebens überhaupt bewusst macht.

Kaiser Ferdinand I.

1503-1564 Das Werden der Habsburger Monarchie

Kunsthistorisches Museum

Bis 31. August tägl. 10-18, Do bis 21 Uhr

Es gibt einen großen Katalog (e 45,-) und einen Junior-Katalog (e 9,-)

www.khm.at/ferdinand

FERDINAND I., 1503-1564.

Fürst, König und Kaiser

von Alfred Kohler

C. H. Beck Verlag, München 2003

geb., 377 Seiten mit 18 Abbildungen und einer Karte, e 30,80

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