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Der kommunale Mäzen

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In dem kleinen Ausstellungsraum der Magistratsabteilung für Kultur und Volksbildung hinter dem Rathaus ist eine wichtige Exposition zu sehen: die Stadt Wien gibt hier an Hand von Photographien, Modellen und Übersichtskarten Rechenschaft über ihre Tätigkeit als Mäzen und Förderin der bildenden Künste. Es sind zu sehen: Lichtbilder der Sgraffiti und Großmosaike an neuen Gemeindehäusern, der Wandbilder in Schulen und der Plastiken in öffentlichen Anlagen. Daneben neue, zumeist aus dem Stein gehauene Hauszeichen, welche die Reihe ihrer barocken und bieder- meierlichen Vorfahren vermehren werden — ein liebenswürdiger, wenn auch etwas skurriler Gedanke ...

Wir können uns recht gut vorstellen, mit welchen Schwierigkeiten der öffentliche Auftraggeber zu kämpfen hat, wenn er nicht gerade den Geschmack von Hinz und Kunz zum Kanon seiner Handlungen machen will; wir ahnen auch, wie viele Rücksichten er nehmen und wie viele politische, private und künstlerische Sentiments Und Ressentiments er schonen oder befriedigen muß —und gerade darum empfangen wir seinen Rechenschaftsbericht und seine Ausstellung mit Anerkennung, ja sogar mit freudiger Überraschung. Denn wahrhaftig, der Geschmack dieses kommunalen Mäzen ist nicht der schlechteste. Er hat ein sicheres Gefühl für das, was' wirklich Kunst ist — selbst wenn sie sich in einem modernen Gewand repräsentiert. Und wenn dieser öffentliche Auftraggeber doch gelegentlich einen künstlerischen Proporz wahren und zwischen Art-Club und Künstlerhaus den einen oder anderen Kompromiß schließen muß, so tut er es wenigstens mit Anstand und Takt. Wir freuen uns, der Magistratsabteilung für Kultur und Volksbildung diesmal rückhaltlosen Beifall spenden zu dürfen.

Einige Einwände beziehen sich nicht auf das Grundsätzliche, sondern auf Details: etwa, daß die ausgeführten Sgraffiti einander zu sehr ähneln und vielfach fast schematisch an den Bauten angebracht werden, im nachhinein, an irgendeiner Stelle, die der Architekt zufällig nicht durch Fenster unterbrochen hat; der Verzicht auf allegorische Figuren und rechzeitiges Einverständnis mit den Architekten könnte da wahre Wunder wirken. Die Innenbezirke kommen im allgemeinen schlecht weg; es ist zwar richtig, daß die Bautätigkeit an der Peripherie der Stadt größer ist — aber es gäbe etwa im 8. oder 9. Gemeindebezirk auch Plätze und Anlagen, die der Verschönerung durch eine Plastik sehr bedürftig wären. Aber wir wiederholen: das sind eher Vorschläge als Bemängelungen. Im Ganzen sind wir heilfroh, daß die Ausstellung so und nicht andere aussieht.

Ferner ist in Wien zu sehen: In der Galerie W ü r t h I e : eine Kollektivausstellung von Bildern und Graphiken Axel Lesko- sc h e k s, derbe, saftige, optimistische Malerei, hie und da ein wenig an die expressionistische deutsche Landschaftsmalerei erinnernd; gelegentliche Niveauschwankungen treten recht auffälligerweise gerade dort auf, wo dieser durchaus vitale Maler seinen Bildern politische Ressentiments unterlegt. Vorzügliche Holzschnittillustrationen. — In der Albertina; „Internationale Lithographien“ aus eigenen und den Beständen des Cincin- nati-Art-Museums. Die Lithographie gehört zu den wichtigsten Techniken der Moderne: ihre Großflächigkeit kommt den Neigungen des nachimpressionistischen Künstlers ebenso entgegen wie ihre vergleichsweise einfache

Handhabung; der Zwang zu ungebrochener einfacher Farbigkeit aber — den sie nicht allzu streng ausübt — ist ihm höchstens willkommen. Von Toulouse-Lautrec bis Picasso haben alle Großen, der Moderne ihre Kraft am Steindruck erprobt; und es mag .durchaus sein, daß er heute die Ölmalerei an Umfang und relativer Bedeutung im Lebenswerk des einen oder anderen Meisters schon überwiegt. Schade, daß in dieser prächtigen Ausstellung, in der ein wesentlicher Teil der Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts illustriert wird, die österreichischen Namen — mit Ausnahme Kokoschkas —- fehlen: aber es wäre nicht das erstemal, daß eine Ausstellung unmittelbar in das Kunstschaffen, eingreift. Vielleicht bringt das Beispiel dieser Lithographien Noldes, Munchs und Manessiers auch unsere Maler zur Beschäftigung mit einer Technik, die nun wahrhaftig auch schon ihre Tradition hat — ein Umstand, der ja auch unseren Modernen (wenigstens in der technischen Praxis) nicht ganz gleichgültig ist. - Und schließlich, im Schaufenster des Information Centers, eine kleine Kollektion von Arbeiten unseres besten Kunsthandwerkers Carl Auböck: Hausrat, der so einfach wie edel, so sparsam wie kostbar ist. Eine Oase in den wüsten Niederungen heutiger Gebrauchskunst.

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