Die Leichtigkeit dieser Aquarellfarbe

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Einen Höhepunkt der Aquarellmalerei bilden Peter Fendis Genredarstellungen, intime Szenen, die von bäuerlichen Darstellungen bis zum Gebet der Familie des künftigen Kaisers reichen.

Es sind leuchtende Kleinode, die in der Albertina mit einem Irrtum aufräumen sollen: Wer die Wasserfarbenmalerei höchster Güte gemeinhin mit der englischen Kunst assoziiert, gehe fehl, will die Ausstellung "Wiener Aquarelle" zeigen. Vielmehr habe diese Kunstform gerade in Österreich zwischen 1780 und 1905 eine Blütezeit sondergleichen erlebt. "Es sind der beispiellose Realismus, die präzise Zeichnung und die enorme Lichthaltigkeit, die das Wiener Aquarell ausmachen", sagt Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder. "Die Künstler bringen die Werke zum Leuchten und arbeiten en plein air, lange bevor die Impressionisten dies tun." Die Schau schließt an Vorgängerausstellungen des Hauses zum Guckkasten Ferdinands I., zu den Kammermalern Erzherzog Johanns und an Einzelexpositionen zu Peter Fendi und Jakob von Alt an, somit sind einige der ausgestellten Werke regelmäßigen Besuchern wohlbekannt. Doch diesmal geht es darum, die Entwicklung der heimischen Aquarellkunst und den Weg derselben zu einer einmaligen Blüte aufzuzeigen.

Auch einen weiteren Irrglauben soll die Ausstellung beseitigen -nicht eine bürgerliche Kunst sei das Aquarell gewesen, so erschwinglich es war, sondern vielmehr eine, die auf höchste Auftraggeber zurückzuführen ist. Und das nächste Paradoxon: "Trotz der großen Auftraggebundenheit haben die Künstler die größte Autonomie der Mittel", so Schröder.

Miniaturen und Studien

Somit startet man mit Miniaturen Heinrich Friedrich Fügers und botanischen Studien Johann Knapps, zeigt Thomas Enders Bilder einer Südamerikareise ebenso wie Beispiele der Arbeiten, die die Kammermaler im Auftrag Erzherzog Johanns von der Steiermark, ihren Schönheiten und den vom Erzherzog gestifteten Industrieanlagen erstellten. Der Besucher kann sehen, wie im biedermeierlichen Wien Zimmer in Palais in neuester Einrichtung ebenso zu Repräsentationszwecken abgebildet wurden wie natürlich die Vertreter der Gesellschaft selbst -beispielsweise in wunderbaren Porträts eines Moritz Daffinger oder Friedrich von Amerling. Unter den Miniaturporträts findet sich auch das Original des wohl bekanntesten Schubert-Abbilds, gemalt von Wilhelm Rieder. Ob zur Dokumentation des Besitzes, der Schönheit der Landschaft oder jener von Reisen -das Aquarell eignete sich durch seine rasche, unmittelbare Momentaufnahme zu vielerlei. Die Künstler malten Interieurs ebenso wie Berglandschaften, interessierten sich für flüchtige Lichtstimmungen ebenso wie für Naturphänomene.

Einen Höhepunkt der Aquarellmalerei bilden Peter Fendis Genredarstellungen, intime Szenen, die von bäuerlichen Darstellungen bis zum Gebet der Familie des künftigen Kaisers reichen. Neben den Motiven sind es aber besonders die Techniken, die beeindrucken. "Die Leichtigkeit dieser Aquarellfarbe, die Farbpunkte, die herausblitzen und das Durchleuchten des Papiers machen die Besonderheit aus", sagt Kuratorin Marie Luise Sternath. Für die im nächsten Raum ausgestellten Bilder für die Guckkastenserie im Auftrag Ferdinands I. liefert Sternath eine Erkenntnis mit: "Wir können davon ausgehen, dass diese Blätter entgegen der ursprünglichen Annahme niemals in einem Guckkasten verwendet wurden - denn sonst hätten wir Aquarellruinen." Wären die großformatigen Bilder der schönsten Landschaften Österreichs wirklich in einen Apparat mit Kerzenlicht gesteckt worden, hätten sie nicht diesen Erhaltungszustand. Mit dabei: Bilder, die Jakob von Alt zwar signierte, die aber mittlerweile klar seinem Sohn Rudolf zugeordnet werden können.

Gerade die sich durch die gesamte Schau ziehenden Arbeiten von Rudolf von Alt lassen die Entwicklung der Aquarellkunst nachvollziehen. War es anfangs noch eine Stadtvedute, gesehen von der Spinnerin am Kreuz aus, so zeigen spätere Arbeiten wie jene seiner Krimreise das Stadtleben in Neapel in einer besonderen Lebendigkeit, im Spätwerk wird seine Arbeitsweise brüchiger. Den Abschluss machen Werke von Anton Romanko und August von Pettenkofen mit ihrer ganz individuellen Herangehensweise.

Das Aufkommen der Fotografie veränderte die Relevanz der Aquarellkunst stark und verdrängte sie aus ihrer Dokumentationsfunktion -und doch: die Faszination, gerade jene, die von den Farben und der besonderen Leuchtkraft ausgeht, bleibt.

Das Wiener Aquarell Albertina, bis 13.5.2018 Tgl. 10-18 Uhr, Mi. und Fr. bis 21 Uhr www.albertina.at

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