Die Malerei war seine erste große Liebe

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Man Ray, anfangs Maler, fehlten gute Reproduktionsvorlagen für seine Gemälde, weshalb er beschloss, selbst zur Kamera zu greifen. Was folgt, ist Kunstgeschichte.

Welch ein profaner Grund war es, der einen frühen Innovator der künstlerischen Fotografie überhaupt erst zur dieser brachte. Dem US-Amerikaner Man Ray, anfangs Maler, fehlten gute Reproduktionsvorlagen für seine Gemälde, weshalb er beschloss, selbst zur Kamera zu greifen. Was folgt, ist Kunstgeschichte. Man Ray wurde zum begehrten Porträtfotografen, der Catherine Deneuve ebenso fotografierte wie Salvador Dalí, vor allem aber auch zum Begründer der autonomen, also kameralosen Fotografie, indem er Gegenstände auf fotosensitivem Papier platzierte und belichtete. Das war nicht neu, Man Ray aber popularisierte die Technik und machte sie zu seinem Markenzeichen -ja nannte sie sogar Rayografie.

So intensiv Man Ray demnach als Fotograf rezipiert wurde, so wenig weiß man über ihn als Universalkünstler. Dem möchte man im Bank Austria Kunstforum entgegenwirken und zeigt ein Panorama seines breit aufgestellten künstlerischen Schaffens. Seine erste Liebe galt der Malerei: "Woman asleep" sieht man an, dass Ray Braque, Picasso und Matisse studiert hatte, auch in der Folge erprobte er das Vokabular der europäischen Avantgarden, wie auch "Five figures" erkennen lässt. "Mon premier amour", in dem einander verschiedenartige geometrische Farbformen überlappen, kann als konstantes Ringen um Anerkennung als Maler verstanden werden - die ihm wohl auch verwehrt blieb, weil er zeitlebens keinen prägnanten eigenen Stil fand und weil er sich zwischen Dalí, Picasso und Max Ernst auf verlorenem Posten wähnte.

Bandbreite als Markenzeichen

Vielmehr kann die große Bandbreite des Künstlers als Markenzeichen gesehen werden. Die Schau zeigt auch sein berühmtes Bügeleisen mit Nägeln, ein blaues Baguette sowie ein rätselhaftes, in Stoff eingeschlagenes und mit Seil verschnürtes Objekt, das seinen Widerhall im daneben platzierten Gemälde "La Rue Ferou" ebenso findet wie darin, dass Man Ray auch Skulpturen fragmentierter Körper "fesselte". Die mit seiner Assistentin Lee Miller entwickelte Technik der Solarisation wird ebenso präsentiert wie der Porträtkünstler Man Ray, vor dessen Linse sich die Deneuve, Coco Chanel, Dalí und andere gerne in Szene setzten, und jener, der mit Aufträgen für Vogue und Harper's Bazaar Furore machte. Sogar ein eigenes kleines Kino hat man im Hauptraum des Kunstforums installiert, um vier experimentelle Filme zu zeigen. "Man Ray sprach über sich nicht als Maler, Fotograf oder Objektkünstler, sondern er setzte Ideen in dem jeweils geeigneten Medium um", beschreibt Kuratorin Lisa Ortner-Kreil.

Nicht immer erntete er im ersten Schritt großes Verständnis: "Self Portrait" verbindet Alltagsgegenstände zu einem Gesicht - zwei Glocken sind die Augen, der Klingelschalter der Mund, Man Rays Handabdruck dient als Nase. Was anfangs nicht jeder verstand, wurde später vielfach reproduziert. Sehr bekannt ist auch "Le Violon d'Ingres": Auf den fotografierten Rücken seiner Geliebten Kiki de Montparnasse malte er zwei f-Löcher einer Geige und machte den weiblichen Körper gleichsam zum Instrument. Unter den weltberühmten Arbeiten, die nun in Wien zu sehen sind, ist auch "Noire et blanche", ein Porträt seiner Geliebten, die eine afrikanische Maske hält -ganz im Spannungsfeld der afrikanischen und europäischen Ästhetiken.

Man Ray kehrte auch zu seiner ersten Liebe, der Malerei, zurück. In seinen späten Gemälden herrscht eine bedrohliche Grundstimmung: Ob ein Billardtisch, eine balancierende Figur oder ein rätselhaftes Haus, stets kombinierte er traumhafte und reale Elemente zu surrealistischen Kompositionen, in denen das Schicksal eine große Rolle spielt.

Zum Ausklang präsentiert die Schau, wie Man Rays Bildsprache Eingang in die Alltagskultur gefunden hat -etwa, wenn Depeche Mode-Sänger Dave Cohan in dem Video zu "Barrel Of A Gun" genau wie Kiki de Montparnasse im Film "Emak Bakia" geschminkt ist oder wenn Pret-à-porter-Kollektionen mit Man-Ray-Motiven herauskommen. Es wird offenbar, wie der Künstler sich auf vielerlei Wegen in unser kollektives Bildgedächtnis eingebrannt hat.

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