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Mit einer Sonderschau zeigt das Technische Museum Wien, wie im Lauf der Zeit eine moderne, industrielle Flusslandschaft entstanden ist.

Seit der Pariser Weltausstellung von 1867 ist die Donau blau. Am 28. Mai erklang dort auf einem glänzenden Ball vor so illustren Gästen wie Kaiser Napoleon III. und seiner Gemahlin Eugénie - drei Monate nach der Wiener Uraufführung - der Walzer "An der schönen blauen Donau". Die Partitur wurde im "Figaro" abgedruckt, und das internationale Publikum der Weltausstellung verhalf der Melodie Johann Strauß' zum Welterfolg. Seit 1895 ist die Donau gelb. Damals schrieb Jules Verne einen Roman mit dem Titel "Le beau Danube jaune" (An der schönen gelben Donau).

Das alles erweckte beim braven Wiener Gerichtsrat Anton Bruszkay Zweifel. In Mautern, am Beginn der Wachau gelegen, blickte er fortan allmorgendlich in die sich talwärts wälzenden Fluten. Was er sah, war "an elf Tagen braun, an 46 lehmgelb, an 59 Tagen schmutziggrün, an 45 Tagen hellgrün, an fünf Tagen grasgrün, an 69 Tagen stahlgrün, an 46 Tagen smaragdgrün und an 64 Tagen dunkelgrün". Diese penibel aufgezeichneten Beobachtungen ließ er dem Hydrographischen Central-Bureau in Wien zukommen, welches sie von 1903 an veröffentlichte. Nach diesen wissenschaftlichen Erkenntnissen ist die Donau fast nie blau.

Die heimliche Hymne

Und doch ist Österreichs Lebensstrom blau - wenn zu Silvester Schlag Zwölf seine heimliche Hymne, der Donauwalzer, das Land ins neue Jahr begleitet.

Während Johann Strauß auf Welttournee war, immer mit der schönen blauen Donau als Höhepunkt der Konzerte, gähnte in Wien an Stelle des Stromes eine riesige Baugrube. Die Donau sollte auf dreizehn Kilometer Länge ein neues gerades Bett erhalten.

Dem modernen, industrialisierten Fluss, der in jener Zeit hinter dem idealisierten Sehnsuchtsbild entstand, hat das Wiener Technische Museum die Sonderschau "blau. Die Erfindung der Donau" gewidmet. So wie wir den Strom heute kennen, ist er auf weite Strecken seines 2860 Kilometer langen Laufs durch Europas Südosten das Ergebnis eines über Jahrhunderte dauernden Ausbaus. Die erste Donauregulierung von 1870 - 1875 war damals das größte derartige Vorhaben. Mit der Durchführung beauftragte man eine französische Baufirma, die schon beim Bau des Suezkanals hervorragende technische Kompetenz bewiesen hatte.

Das neue Flussbett mit dem daneben gelegenen Inundations(Überschwemmungs-)gebiet sollte die Wiener vor Hochwasser schützen. Gleichzeitig ließ das Projekt die Stadt näher an den Strom rücken. Wo vorher dutzende Flussläufe wild mäanderten, entstanden - schachbrettartig geplant - in einem Bauboom der zweite und der zwanzigste Bezirk.

Es waren vor allem aber auch die Erfordernisse für den rasch zunehmenden Verkehr mit Dampfschiffen, die der Donau ein neues Erscheinungsbild gaben. Die 1829 gegründete "Erste Donau-Dampfschifffahrts-Gesellschaft" (DDSG) wurde binnen weniger Jahrzehnte zur weltgrößten Binnenreederei. Das am schwierigsten zu überwindende Hindernis für einen durchgehenden Schiffsverkehr zum Schwarzen Meer waren die Katarakte am Eisernen Tor, dem Donaudurchbruch zwischen Karpaten und Balkan. Ab 1880 wurde mit den damals modernsten Bohr- und Baggerschiffen eine sichere Fahrrinne angelegt. Dieses seit 1895 ganzjährig befahrbare Teilstück war der Höhepunkt einer Reise nach Südosten, galt aber weiterhin als schwierig. Bis die Kommunisten in Serbien und Rumänien 1972 in technikhöriger Zeit, als alles möglich schien, die ganze wildromantische Szenerie für ein Kraftwerk im Fluss versenkten (siehe auch unten).

Eine feste Brücke

Erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts machte der technische Fortschritt permanente Brücken möglich. Frühere Holzkonstruktionen verabschiedeten sich alle paar Jahre durch Hochwasser oder Eisstoß flussabwärts. 1849 wurde in Budapest mit der Szécheny-Lánchíd (Kettenbrücke) die erste feste Donaubrücke fertig gestellt. Etwa vierzig Jahre später baute man eine der damals größten und modernsten Brückenkonstruktionen, die fünfzehn Kilometer lange und bis zu 40 Meter hohe Eisenbahnbrücke von CernavodØa. Heute überqueren etwa hundert größere Brücken die Donau.

Daneben prägten weitere Bauten wie Schiffsanlege- und Verladestellen, Stapelplätze und Schiffswerften - in Óbuda (Altofen) bei Budapest betrieb die DDSG die größte Binnenwerft der Welt - die Landschaft am Strom.

Abgerundet wird der historische Blick auf die Donau durch die Fotografien der Pariserin Sophie Ristelhueber und des Rumänen Iosif Király. Beide bereisten für die Ausstellung die Donau und zeigen den Fluss, wie er heute ist.

Bis 27. November 2005

Technisches Museum Wien, Mariahilfer Straße 212, Mo-Fr: 9-18 Uhr, Sa, So & Feiertag: 10-18 Uhr

BLAU. DIE ERFINDUNG DER DONAU

Katalog zur Ausstellung im Technischen Museum Wien. Edition Fotohof, Salzburg 2005. Zahlreiche Abbildungen, 203 Seiten, geb., e 30.-

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