Die Revolutionsikone Che Guevara als große Kunst

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In der Wiener Fotogalerie Westlicht dokumentieren internationale Fotografen die Faszinationskraft der Legende "Che".

Ein gut aussehender junger Mann mit schulterlangem Haar, den Blick entschlossen in die Ferne gerichtet, auf dem Kopf ein Barett mit rotem Stern: Das Bildnis Che Guevaras ist seit über drei Jahrzehnten Symbolfigur des jugendlichen Rebellen, Ikone des Aufbegehrens und der Revolution. Die weltweit am häufigsten reproduzierte Fotografie, aufgenommen von Alberto Korda, steht nun als Originalabzug im Mittelpunkt der Ausstellung "Che Guevara. Das Kultbild einer Generation" in der Wiener Fotogalerie Westlicht. Rund 150 Aufnahmen kubanischer und internationaler Fotografen vom Beginn der Revolution auf Kuba bis zum Tode Guevaras sind hier versammelt. Die fast ausnahmslos schwarzweißen Bilder von Che Guevara, Fidel Castro und deren Mitstreitern machen deutlich, warum die kubanische Revolution und ihre Protagonisten noch bis heute eine Faszination ausüben.

Linke Lebenslust

Wie die Darsteller eines Abenteuerfilms wirken die jungen, sportlichen Männer, wie Latin Lover im Camouflage-Look. Mit den langen Haaren und den dicken Zigarren im Mund verkörpern sie Rebellion als Lebensform gepaart mit purer lateinamerikanischer Lebensfreude. Allen voran Che Guevara: Fotos von Alberto Korda, Osvaldo Salas, René Burri und anderen zeigen ihn beim Redenschwingen, beim Diskutieren, beim Schachspielen, beim freiwilligen Arbeitseinsatz im Straßenbau. Guevara war die Personifizierung des "Sozialismus mit menschlichem Antlitz", lange bevor dieser Begriff im Prager Frühling geprägt wurde. Welch ein Gegensatz zu den europäischen Politbüro-Spießern in ihren grauen Anzügen! Es ist kein Zufall, dass die sich als antiautoritär verstehende linke Bewegung des Jahres 1968 Che Guevara und sein Bild für sich entdeckte.

Der Mythos Che Guevara ist freilich mehr als nur das Bild. Der 1928 geborene Ernesto Guevara - der Spitzname "Che" ("Freund") basiert auf einer sprachlichen Besonderheit seines Heimatlandes Argentinien - verfügte über großes Charisma. Wenn er in klaren und manchmal poetischen Worten den Kampf gegen Ausbeutung und Unterdrückung, die Vision eines neuen, sozialistischen Menschen predigte, zog er alle Zuhörer in seinen Bann. Bekannt wurde sein Wahlspruch "Seien wir realistisch, versuchen wir das Unmögliche!"

An der Spitze einer Guerillatruppe war er maßgeblich für den Sturz des kubanischen Diktators Fulgenico Batista verantwortlich. Als Anführer verlangte er seinen Männern alles ab, aber er forderte nichts, wozu er nicht selbst bereit war, wie sein Biograf Stephan Lahrem schreibt. Seine Bescheidenheit behielt er bei, selbst als er nach der gelungenen Revolution in höchste Staatsämter aufrückte: Er verzichtete auf das Gehalt, das ihm als Industrieminister und Nationalbankpräsident zustand, und begnügte sich mit dem Sold, den er als Major der Armee bezog.

Und schließlich gab er den bequemen Ministersessel auf, um abermals in den Kampf zu ziehen. Beim Versuch, im Dschungel Boliviens eine Guerillabewegung ins Leben zu rufen, wurde er 1967 im Alter von 39 Jahren gefangen genommen und erschossen - "jung genug, um als ewig junger Revolutionär in den Köpfen präsent zu bleiben" (Lahrem). Ausgerechnet seine Mörder fügten dem Mythos ungewollt eine weitere Facette hinzu: Um Zweifel an seiner Echtheit auszuräumen, wurde Guevaras Leichnam akkurat hergerichtet, bevor ihn die bolivianische Armeeführung der Weltöffentlichkeit präsentierte. Mit den frisierten Haaren und dem sorgfältig gestutzten Bart erinnerte er viele Menschen, vor allem in Lateinamerika, an Jesus Christus nach der Kreuzabnahme. Auch deshalb findet sich heute in vielen lateinamerikanischen Armenbehausungen zwischen anderen Heiligenbildchen Che Guevaras Konterfei.

Christus der Revolution

Das berühmte Korda-Foto wurde schon 1960 während der Trauerfeier für die Opfer eines Sprengstoffattentats in Havanna aufgenommen und ein paar Mal veröffentlicht. Doch bekannt wurde es erst 1967. Wenige Tage vor Guevaras gewaltsamem Tod publizierte der in Paris lebende Designer Roman Cieslewicz das im Stil der Pop Art stilisierte Bild auf dem Titelblatt der Kunstzeitschrift "Opus International" und schuf damit die Vorlage für die bis heute verbreitete Ikone. Nach Guevaras Tod ließ der italienische Verleger Giangiacomo Feltrinelli tausende Plakate mit dem Konterfei drucken und verteilen. Das verfremdete Porträt findet sich heute millionenfach auf T-Shirts, Postern, Aufklebern oder Kaffeetassen. In der westlichen Welt ist es unverzichtbarer Bestandteil des "radical chic" geworden, zu einem oftmals hohlen Gestus, mit dem Distanz zur Gesellschaft signalisiert wird.

Alberto Korda hat an der jahrzehntelangen Vermarktung seines Bildes durch andere keinen Dollar verdient.

CHE GUEVARA

Das Kultbild einer Generation

Bis 31. 7. Di, Mi, Fr 14-19, Do 14-21h

Westlicht. Schauplatz für Fotografie

Westbahnstraße 40, 1070 Wien

www.westlicht.com

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