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Die scherische Pause

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Die Wiener Galerien und Ausstellungshäuser erholen sich von den Anstrengungen, die sie im Vorjahr gemacht haben. Immerhin wurde dem Publikum durch Ausstellungen, wie: Klee, Kokoschka in der Secession, Graphik von Picasso, Gris, Leger, Masson, Oelbilder von Leger, Grommaire, Kupka, Villon, eine Kollektive von Boeckl, die in der Galerie Würthle,Weihburggasse, gezeigt wurden und zahlreiche kleine Graphikausstellungen in der Galerie St. Stephan (Chagall, Rouault, Manessier, KubiD), Beachtliches geboten. Wir gönnen den Ausstellungsmanagern diese Atempause um so lieber, als wir wissen, daß uns in diesem Jahr große Kunstgenüsse bevorstehen. Würthle bringt Ende Jänner Handzeichnungen von Picasso (1906 bis 195 5) und Plastiken von Laurens, die Secession bringt die Amerikanische Ausstellung aus Zürich nach Wien, die Galerie St. Stephan bereitet eine Ausstellung internationaler Kirchenarchitektur vor.

Derzeit sehen wir in den Ausstellungsräumen der Oesterreichischen Staatsdruckerei, Wien I, Wollzeile, eine. Ausstellung der jugoslawischen K ü n s t-lergruppe aus Bosnien und Herzegowina, die sich' „Die Unabhängigen“ nenrtt. Es ist erstaunlich, zu sehen, wie unabhängig die Ausstellenden tatsächlich von gewissen Direktiven ihres Regimes arbeiten, welcher Umstand vielleicht durch die Jugend der Künstler erklärbar ist. Das Gebotene erreicht das Niveau von Wiener-Künstler-Gruppenausstellungen und übertrifft es nicht.

Es ist gut, daß das Augenmerk immer mehr auf den Zeichenunterricht in den Schulen gelenkt wird. Es ist auch gut, daß die kleinen, von den Kindern verfertigten „Kunstwerke“ in ihrem Kunstwert nicht überschätzt werden. Oberstudienrat Prof. Erwin R i s c h k a ist Zeichenlehrer am Bundesrealgymnasium Wien XIX, Krottenbachstraße, und zeigt Arbeiten der 1. bis 4. Klasse; „mit Absicht nicht nur die der begabten Schüler“, wie es in einem Ein-fuhrungstext heißt (Museum für angewandte Kunst, Wien I, Stubenring 5). Was da an bunten Blättern über die Themen: „Häuptling eines wilden Stammes“, „Affe“ (mit farbenprächtigem, saftigem Urwald im Hintergrund), „Theater“ zu sehen ist, ist sehr vergnüglich. Eine gewisse Einheitlichkeit im Federstrich und im Gebrauch von Farbe und Stift ist bei dieser konsequenten Erziehung unvermeidbar, muß aber nicht Schematismus genannt werden. Themen wie „Christuskopf“ für die 4. Klasse scheinen uns zu hoch gegriffen.

Die Galerie St. Stephan, Wien I, Grün-angergasse l/II, behauptet, mit ihrer derzeitigen Ausstellung nur Zeit gewinnen zu wollen. Bei näherem Hinsehen stellt sich aber heraus, daß dies eine allzu bescheidene Behauptung ist. Die aus Privatbesitz und von W. Gurlitt, München, geliehenen Blätter sind gut ausgewählt. Radierungen von Beckmann, Lithos von Corinth, Kollwitz, Carl Hofer, Baumeister, Holzschnitte von Schmidt-Rottluff bekommt man ja in Wien nicht sehr oft zu sehen.

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