6680865-1961_43_09.jpg
Digital In Arbeit

Die Welt in Bildern

Werbung
Werbung
Werbung

Die Maßstäbe für die Sezessionsausstellung „Der Gegenstand in der österreichischen Malerei und Plastik“ werden von zwei hervorragenden frühen Bildern Herbert Boeckls gesetzt. Der „Kopf“ aus dem Jahre 1921, aus breiten Farbströmen gebildet, hat Leben und magische Überwirklichkeit, das „Pflaumenstilleben“ klassische Haltung und Verbindung zum Geist der Tradition; beide Bilder sind vitale und doch subtile Malerei. Mit Bedauern muß gesagt werden, daß Kokoschkas „Blumenstilleben“ von 1960 einen Tiefpunkt der in den letzten Jahren sich zeigenden Auflösung andeutet. Die Grenze des Vertretbaren wird mit ihm gefährlich überschritten.

Zwischen diesen Polen bewegen sich die verschiedensten Leistungen. Josef Do- browsky ist mit einem seiner typischen Frauenbildnisse und einer späten, gelösten Landschaft vertreten, Sergius Pauser mit zwei von den Städtebildern Kokoschkas inspirierten Veduten. Oskar Matulla fällt mit seinem an Villon geschulten farbig sensiblen „Palterndorf“ auf, P. v. Gütersloh mit seinem „Stilleben mit Melone“. R. C. Andersen steuert eine dekorative Landschaft und ein von der Münchner Schule beeinflußtes Stilleben bei, Hans Boehler eine fauvistische Wienerwaldlandschaft und ein toniges Italien(?)-Bild. Gustav Hessing zeigt ein farbig über reiches, leider ungegliedertes Stilleben, während bei Ferdinand Stransky das „Familienbild“ mehr zu überzeugen vermag. Der verstorbene Ferdinand Kitt ist mit einer dekorativ-poetischen Landschaft repräsentiert. K. A. Wolf mit der bekannten „Dreiheit“. Bei den Jüngeren ist wenig Überraschendes zu melden. Im „Stadtbild von Wien“ von Rudolf Hausner überwiegt der Gag die Malerei, Ernst Fuchs’ Selbstdarstellung als Christus hat in ihrer Monomanie schon längst blasphemi- schen Charakter und überschreitet nicht nur in der Farbigkeit die Grenzen des guten Geschmackes, Lehmden nähert sich in seiner Salzburg-Ansicht dem Biedermeieraquarell, Erich Brauer beharrt in seiner illustrativen Märchenwelt, Breiter in seinen dekorativen Veduten. Von Alfred Karger fallen das nicht im Katalog abgebildete Aquarell und die Zeichnung eines Kindes auf. Das „Selbstbildnis“ von Georg Eisler ist eine unglückliche Wahl, der Akt von malerischer Qualität, aber summarisch skizzenhaft. In der Plastik dominieren Alfred Hrdlicka und Franz Fischer, beide in einer seltsamen manie- ristischen Verwandtschaft zu Lehmbruck befangen.

Die Gruppe der „K r e i s“ bietet im Künstlerhaus eine recht saubere Ausstellung, in der eine Kollektion Josef Stoitzner gewidmet ist. Seine Malerei zeigt sich von dekorativen Erwägungen geleitet, und bleibt meist zu sehr in Kleinteiligkeit befangen, die von graphischer und nicht malerischer Form bestimmt wird. Am stärksten wirken „Evipan“, „Nacht", „Schekem" und die klimtische „Gründung“. Eines der besten Bilder der Ausstellung ist aber das „Stadtbild“ von Robert Schmitt, zu dem die amüsanten Kollagen von Neuwirth, die braune Landschaft von Kurt Möser, die „Halbfigur" von E. E. Müller und der „Zauberkasten" von Elisabeth Stemberger gehören. Bei Stockbauer verselbständigt sich die Oberfläche zu sehr, die Webstücke von H. Sapper sind diesmal recht gefällig, und Uta Prantl erscheint in einem Aquarell etwas differenzierter als sonst. Ferdinand Stransky nähert sich Thöny immer mehr an, während Greta Freist noch immer überzeugender als G. Goebel wirkt. Die Arbeiten von Schagerl sind meist rein technische Zeichen und keine Plastiken.

Maria S z e n i zeigt in der „Galerie im Griechenbeisel“ Arbeiten aus der „blauen Serie", von denen einige

Mischtechnikblätter am ehesten ihrer lyrisch-expressiven Intention entgegen- kommen. Die Projektion ihrer subjektiven, romantischen Emotion findet in der Ölfarbe nicht das geeignete Äquivalent.

In der „Galerie in der Biberstraße“ erweist sich der polnische Graphiker Edmund P i o t r p w i c z als ein sich zwischen Corinth und Villon bewegender guter Graphiker, dessen große Landschaftsblätter, die wenig Zwischenstufen haben, den Gegenstand weitgehend auf- lösen, aber strengen Bau bewahren, recht eindrucksvoll gearbeitet sind. Seine Landsmännin Ewa S 1 i w i n s k a ist mit dekorativen, melancholischen Holzschnitten von süßer Farbigkeit vertreten, die sich manchmal an die Volkskunst anlehnen und manchmal Gewebe- und Mustercharakter erhalten. Ihr aus Städtebildern, Gestirnen, Pflanzen, Gesteinen und anderem schöpfendes Repertoire hat großen Formenreichtum und gewinnt dem Chthonischen wirkungsvolle Reize ab.

Claus Pack

Seit einem Jahr ist die junge polnische Malerin Bernadette Gniazdowskain Wien, um an der Universität zu studieren und zu malen. Nun stellt sie in der Kleinen Galerie in der „M u- s i k k i s t e“ Ölbilder und Graphiken aus. Ihr Thema ist der Mensch, doch auf dem Weg von der Beobachtung seiner kleinen Alltäglichkeiten bis zum Pinselstrich erlebt er eine heitere Verwandlung seiner äußeren Erscheinungsform. Er wird zum anthropomorphen, leuchtenden Herbstblatt, zum scheckenhosigen Clown mit einem blauen Dreieck an Stelle des Kopfes, zur farbenfrohen Spukgestalt, er verfließt mit seiner Umgebung als Nebelmann und Nebelfrau oder schleicht frühmorgens durchs Fauvistengäßchen. Auf Barhockerstengeln wachsen zwei Trinker („Doch nicht hoffnungslos“) zum kleinen Triumphbogen feuchtfröhlicher Einträchtigkeit zusammen. Die graphischen Blätter sind Vexierbilder, der Mensch versteckt sich hinter einem leichten Schleier abstrakter Muster, du mußt ihn nur suchen. Besonderen Reiz haben die kleinen, zart lasierten Tuschzeichnungen, Labyrinthe aus Profilen und Fingern: man könnte darauf Gesellschaftsspiele spielen. Mensch, ärgere dich nicht, über die munteren Metamorphosen deiner Leiblichkeit 1

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung