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Dürer, Rembrandt, Joseph Beuys

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Markttrends provozieren Fälscher; in den Werkstätten sorgten Schüler für die Fertigstellung der Meister - Werke.

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Markttrends provozieren Fälscher; in den Werkstätten sorgten Schüler für die Fertigstellung der Meister - Werke.

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Unbekannter Kopist” steht in einem eigenen Ausstellungsteil der Exposition „Albrecht Dürer” bei 19 von 32 im oberösterreichischen Benediktinerstift Lambach einander gegenübergestellten Dürer-Graphi -ken. Anlaß für die Präsentation ist die kürzlich offiziell bekannt gemachte Entdeckung von 26 Fälschungen unter 176 Dürer-Arbeiten des Stiftes, das mit 12.000 Holz- und Kupferstichen eine der größten Graphiksammlungen Österreichs birgt.

Eine Wiener Restauratorin hat die Blätter als wertlose Rotationsdrucke auf mit kleinen Nadelstichen aufgerauhtem Papier aus den dreißiger Jahren entlarvt, das altes Rüttenpa-pier vortäuschen sollte.

Als Fälscher der Originale, deren Wert von 100.000 bis zu einer Million Schilling pro Stück geschätzt wird, gilt in erster Linie der ehemalige Kustos des Stiftes. Der Mönch könnte, so die Theorie, bei der Aufbewahrung der bis dahin zu Rüchern zusammengebundenen Rlätter in Einzelpassepartouts im Jahre 1964 die Manipulation durchgeführt haben.

Die mit dem Krimi hinter Klostermauern befaßten Reamten der oberösterreichischen Gendarmerie bezeichnen den Lambacher Kunstdiebstahl als die größte Fälschungsaktion von Kupferstichen des Nürnberger Malers und Graphikers (1471-1528). Zu tun haben sie mit der Verfolgung der nach Regensburg und München führenden Spuren genug. Parallel dazu fahnden sie aber auch noch nach den Fälschern von Kubin-Zeichnungen, die zur Zeit den Markt überschwemmen.

„Es ist”, kommentiert der Chef der Kunstfahnder die Situation, „immer so, daß Kunstfälscher auf die Trends des Marktes reagieren und wenn, wie jetzt in Oberösterreich, so viel um Kubin geschieht, dann tauchen allenthalben neben Originalen Nachahmungen auf.” Sein Rat: Vor jedem Kauf ein Experten-Gutachten einholen und nichts unter der Hand oder auf dem Schwarzmarkt kaufen: „Gefälscht wird nämlich alles, womit man einen guten Preis erzielen kann.”

Außer dem Werk an sich wird leider mitunter auch die Expertise gefälscht. Erinnert sei an den sogenannten „Wiener Rlock” des 1986 verstorbenen Joseph Reuys. Hier geht es um jene Werke, die Kunsthändler Julius Hummel von Noch-Hochschuldirek-tor Oswald Oberhuber erstanden haben will, die von Reuys-Spezialist Heiner Rastian 1993 zum Großteil als Fälschungen deklariert wurden. Die Folge: eine Reihe von nach wie vor nicht beendeten Prozessen.

Ris vor hundert Jahren war das Nachahmen anerkannter Meister und das Kopieren ihrer Werke gang und gäbe. Sogar Michelangelo und Rubens haben es getan. Zudem haben viele Künstler gar nicht so selten ihre Rüder nicht zur Gänze selbst gemalt, sondern von ihren Schülern fertigstellen lassen.

Auch Signaturen brachten sie häufig nicht an. So tobt bekanntlich unter Experten ein Streit, ob Rem-brandts unsignierter „Mann mit dem Goldhelm” von ihm (1606-1669) oder lediglich einem seiner Zeitgenossen porträtiert worden ist.

Eine Antwort wird schwer zu finden sein. Röntgenaufnahmen und chemische Analysen helfen nicht weiter, weil das gesamte Material von der Leinwand bis zu den Farben aus dem 17. Jahrhundert stammt. Der Wert des Werkes fiel jedenfalls von einem zum anderen Tag. Denn auf dem Kunstmarkt entscheidet in der Regel der Name und nicht die Qualität.

Daß Kunstexperten - sogar im Rritish Museum oder im Metropolitan Museum von New York - auf Fäl -schungen hereinfallen, wenn die alten Meister in Stil und Technik meisterhaft kopiert werden, bewies der als größter Kunstfälscher des Jahrhunderts bezeichnete Rrite Eric Hebborn.

In seiner 1991 angelegten Autobiographie „Drawn to Trouble” verriet er, wie er Tinte präpariert hatte und wie leicht es für ihn war, altes Papier aufzutreiben. Solcherart habe er in den späten sechziger und frühen siebziger Jahren als Kunststudent etwa tausend Zeichnungen im Stil von Van Dyck, Poussin, Watteau und Picasso angefertigt und auf den Markt gebracht. Auch den angeblichen Van Dyck „Christus mit der Dornenkrone” im Rritish Museum und eine „Studie zu einer Radierung” vorgeblich von Piranesi in der Nationalgalerie von Dänemark habe er geschaffen.

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