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Ein Fest für alle

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Festwochen werden in Wien nunmehr schon seit 16 Jahren abgehalten. Jedes Jahr ist die Anzahl der Veranstaltungen gestiegen und das Bemühen um ihre gehobene Qualität vermehrt worden. Im Jahre 1966 sind die Wiener Festwochen umfangmäßig zum größten Festival der Welt geworden, denn innerhalb von vier Wochen werden mehr als 1000 Veranstaltungen stattflnden. Für diese Fülle von Darbietungen zeichnen nicht nur die Wiener Theater verantwortlich, sondern auch eine Reihe von namhaften und weltberühmten Institutionen und Vereinen, wie die Gesellschaft der Musikfreunde, die großen Orchester, die vielen Vereinigungen, die sich die Pflege alter oder moderner Musik zum Ziel gesetzt haben, die Kunst- und Künstlervereinigungen, daneben aber auch die einzelnen Bezirksverwaltungen, die in ihrem lokalen Kreis mit besonderen Veranstaltungen der Künstler oder der Begebenheiten in ihrem Raum gedenken, die Museen, die mit Sachkenntnis und Geschmack ganz außergewöhnliche Ausstellungen bieten, die kleinen Galerien, die spielfreudigen Amateurtheatergruppen aus ganz Österreich, die sich zum erstenmal in der Hauptstadt des Landes zu einem Kräftemessen treffen. Für all das ist die Direktion der Wiener Festwochen verantwortlich, die nicht nur das gesamte Geschehen koordiniert, sondern selbst als Produzent von Schauspielen, Opernaufführungen, Operetten- und Ballettdarbietungen das künstlerische Programm vervollständigt.

Auf Grund der vielen verschiedenen Veranstalter, die in der Gesamtheit die Wiener Festwochen dokumentieren, dürfen wir auch sagen, daß wir wahrhaft demokratische Festspiele durchführen. Das ist auch aus der Zusammensetzung ihrer Verwaltung klar ersichtlich:

Die Wiener Festwochen sind ein Verein, dessen Mitglieder sich aus der Stadt Wien, der Republik Österreich, vertreten durch das Bundesministerium für Unterricht, der Frém- denverkehrsstelle der Stadt Wien, der Kammer der gewerblichen Wirtschaft und der Kammer für Arbeiter und Angestellte zusammensetzen. Alle zusammen bringen als Budget für die Festwochen den Betrag von jährlich etwa 12 Millionen Schilling auf. Das ist das kleinste Budget unter den größeren Festspielen Europas! Von diesem Betrag erhalten die Veranstalter, also die” Konzertinstitutionen, die Privattheater, die Kleinbühnen, die Bezirksveranstaltungen, wie auch das

Bezirksjugendsingen, die Orgel- und Kirchenkonzerte, die kulturellen Vereinigungen, wie Mozartgemeinde, Schubertbund, Männergesangsverein, Concentus Musicus und viele andere und die Veranstalter der Platzkonzerte den Kosten ihrer Veranstaltungen entsprechend Subventionen. Man darf mit Fug und Recht behaupten, daß die Wiener Festwochen nicht nur einen Versuch der Zusammenfassung aller kulterellen Kräfte in Österreich bilden, sondern auch einen nicht zu unterschät zenden wirtschaftlichen Faktor darstellen. Der künstlerische Bogen der Wiener Festwochen 1966 ist so weit gespannt, daß es schwer ist, rund 300 Jahre österreichischer Kulturgeschichte, die in Ausschnitten dargeboten werden wird, in kurzen Worten zu fassen. Dieses Festival der Kunst ist in den Jahren seit seinem Bestehen allmählich zu einem wahrhaften Fest der Wiener und darüber hinaus zu einem Fest der Österreicher geworden. In diesem Jahr ist die wienerische Note noch ganz besonders betont, feiert doch der Wiener Prater seinen 200. Geburtstag. Von der volkstümlichen Stimmung des Praters, vom Pawlatschentheater, das heuer in den Reitschulhof neben der Wagenburg in Schönbrunn übersiedelt ist und bei schlechtem Wetter im Schönbrunner Schloßtheater spielen wird, bis zur Barockbüihne Calderons („Die Welt ist Trug” im Theater an der Wien) ist es ein weiter Weg, so weit wie auf musikalischem Gebiet von Johann Strauß und Offenbach („Die Prinzessin von Trapezunt”, Theater an der Wien) bis zur 12-Ton-Musik von Josef Matthias Hauer („Die schwarze Spinne”, Theater an der Wien); und doch wieder ist alles ganz nah und gegenwärtig, weil in Wien, in dieser Stadt, die Umschlagplatz für die Kultur vieler Völker und Nationen und ferner Zeiten bis zur Gegenwart ist, eben alles Plate hat und alles nebeneinander bestehen kann.

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