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Einen Dujardin auf Polen!

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Die erregendste Ausstellung: Das polnische Plakat. Galerie Würthle, Wien 1, Weihburggasse 9.

Das gute Plakat muß „uno actu“, auf den „ersten Blick“, aufgenommen werden können. Es muß also eine einleuchtende Zeichensprache entwickeln, die sich sofort einprägt. Diese Tendenz zur Vereinfachung ist es, die das gute Plakat so auf die Errungenschaften der modernen Kunst anweist.

Alle Forderungen, die man an ein gutes Plakat stellen kann, sind im polnischen Plakat von heute in großartiger Weise erfüllt. Während uns von den heimischen Plakatwänden meist nur die plumpe Einfallslosigkeit unserer Manager ansieht, sind die polnischen Plakate ein erregendes Erlebnis. Dank der Initiative Prof. Fritz Wotrubas werden nun 6 t Plakate — fast durchweg solche für Filme oder Theateraufführungen — in Wien gezeigt. Jedes von ihnen ist vorbildlich. Ein Henryk Tomaszewski steht in nichts einem Leupin („Darauf einen Dujardinl“) nach, Julian Paika kann sich beinahe mit Savignac messen. Jedem, der diese Plakate sieht und die Atmosphäre wahrnimmt, die sie verbreiten, begreift, daß Polen weitaus der freieste Staat hinter dem Eisernen Vorhang sein muß. Nirgends sonst im Osten könnte man sich soviel Freiheit und Leichtigkeit, Freude und souveräne Gestaltung beheimatet vorstellen, wie sie aus diesen Plakaten sprechen.

Einen Dujardin auf das polnische Plakatl

Die gewichtigste Ausstellung: Graphiken von Lovis Corinth in der Galerie St. Stephan, Wien I, Grünangergasse l/II.

Zu sehen sind insgesamt 40 Blätter, darunter die Mappe „Kompositionen“ Kaltnadel), die Mappe „Antike Legenden“ (Radierungen), einige Lithographien mit meist historischen Themen, Landschaften, drei Blätter „Tod und Künstler“ und zwölf Selbstbildnisse.

Den historischen und der Sage entnommenen Stoffen haftet bei Corinth noch immer ein literarisches, erzählendes Moment an; um so weiter das Thema aber zurückliegt, um so stärker wird die ihr zugrundeliegende Situation sichtbar. Lovis Corinth gab sein Bestes in seinen Landschaften und Interieurs, in nicht-literarischen Vorwürfen also. Welch himmelweiter Unterschied zwischen den Gemälden „Die Waffen des Mars“ und „Mädchen mit Goldfischbassin", die jetzt in der Modernen Galerie nebeneinander zu sehen sind! Dieselbe Entwicklungslinie läßt sich auch iri den in der Galerie St. Stephan gezeigten Selbstbildnissen ablesen: die Linie von der Erzählung zum Porträt, von der Aufzählung zum Bild.

„Die vergnüglichste Ausstellung: Oelbilder und Lithographien von Georg Rauch in der Galerie der Wiener Secession (Souterrain), Wien I, Friedrichstraße 12.

Keine Bilderausstellung hat uns seit langem soviel Vergnügen gemacht wie diese! Georg Rauch hat seinen eigenen Fauvismus, in dem sehr viel Welterfahrung steckt, die sich mit dem Dekorativen zu einer innigen Lebensgemeinschaft verbunden hat. Seine Figuren sind — mit Ausnahme vielleicht des „Schwarzen am Klavier“ und des klavierspielcnden Dilettanten — alles Fahrende, Wartende, Meditierende, Menschen, die unterwegs sind, oder Menschen, die auf etwas warten, das unterwegs ist. und zeigen also irgendwie unsere Zeitsituation an. Dabei sind es Leute, die aller Metaphysik abhold sind: ihr Glas Rotwein vor sich, ihren Spucknapf neben sich, haben sie sich sehr gut auf der Welt eingerichtet. Selten wurde die innere Freiheit und Souveränität dieser Leute so sichtbar wie hier.

Die Bilder Georg Rauchs erinnern — um ein österreichisches Beispiel zu nennen — etwas an die Malerei Werner Bergs, sind aber freier, gelöster, heiterer. Eher noch darf eine Parallele zum französischen Maler Bernard Buffet gezogen werden, der heute sehr berühmt und in Mode ist. Lebte Georg Rauch in Paris, er wäre es sicher auch. Sollen wir es nun bedauern oder uns darüber freuen, daß wir ihn noch haben?

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Ausstellung Peppino W i e t e r n i k. Malerei- und Graphik. Kleine Galerie, Wien VIII, Neud- eggergasse 8 (hinter dem Palais Auersperg).

Eine Ausstellung ohne Superlative, die Einblick in das Schaffen eines redlich arbeitenden Künstlers gibt, der sich bisher vor allem als Werbegraphiker einen Namen machte. Albert Paris Gütersloh hat ihm eine höchst lesenswerte Einleitung zu seiner Ausstellung geschrieben, die allein schon unser Interesse wecken mußte. Vieles, was Peppino Wieternik zeigt, hat noch als Skizze, als Finger- oder Formübung zu gelten. In diesen Werkskizzen leistet er auch einiges, geht sein Thema von verschiedenen Seiten an, setzt sich mit Gestaltungsmöglichkeiten auseinander, erarbeitet sich ein eigenes, vorläufig noch beschränktes Forminventar. So abstrakt wie diese Sätze sehen auch die meisten Skizzen und Formstudien aus: allerdings hat Wieternik zuweilen schon zu überraschend starken Farbwirkungen gefunden. Das ganze macht einen sympathischen Eindruck. Am besten gefielen uns die Skizzen Nr. 3 und 5, das Aquarell „Farbstudie II", die „Farbige Form“ und die ebenso abstrakten „Segler am Sand“, wie auch der schöne Wandteppich „Mensch und Licht (Ahlfix). In den großen Bildern allerdings steckt leider keine echte Spannung: hier scheint Wieternik noch überfordert. Wobei wir das „noch“ betonen möchten.

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