Pirchan - © heatermuseum, Wien, Foto: KHM-Museumsverband, Theatermuseum, Wien © Nachlass Emil Pirchan, Sammlung Steffan/Pabst, Zürich

Emil Pirchan: „Dem Theater verfallen“

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Der Plakatdesigner und Avantgarde-Bühnenbildner Emil Pirchan sorgte im München der 1910er und im Berlin der 1920er für Aufsehen. Sein Weg begann in Wien.

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Der Plakatdesigner und Avantgarde-Bühnenbildner Emil Pirchan sorgte im München der 1910er und im Berlin der 1920er für Aufsehen. Sein Weg begann in Wien.

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Theaterfreunde kennen sie, die „Jessner-Treppe“, jenes abgestufte Podium, das als karges, jeder Realitätstreue krass widersprechendes Bühnenbild in den 1920er Jahren in Berlin für Theaterskandale sorgte. Sollte sie wohl eigentlich „Pirchan-Treppe“ heißen und von dem in Österreich ausgebildeten Künstler erdacht worden sein, der kurz zuvor auch mit farbenprächtigen Plakaten in München für bunte Straßen gesorgt hatte? Im Leopold Museum kann man diesen einst sehr präsenten und heute wenig bekannten Bühnenbildner, Architekten, Plakat- und Möbeldesigner kennenlernen.

Emil Pirchan arbeitete eng mit dem großen deutschen Regisseur und Intendanten Leopold Jessner zusammen, als er sich in der zweiten Lebenshälfte intensiv der Bühne widmete und beide Künstler Stilmittel des Expressionismus auf die Theaterarbeit übertrugen. Wovon sein Œuvre aber eigentlich ausging, war seine Lehrzeit in Wien. Aus Brünn kam er 1903 hierher, um Schüler Otto Wagners zu werden. An vielen seiner Entwürfe sieht man klar, dass sein Tun im künstlerischen Universum von Wien um 1900 fußt.

Zahlreiche Architekturentwürfe hängen am Beginn der Ausstellung, doch die Konkurrenz war groß. Auch ein Umzug nach München machte die Sache nicht viel besser, nur ein Haus in einem Villenviertel und ein paar Innengestaltungen wurden verwirklicht. „Was er aber aus der Wagner-Schule mitnahm, war, dass man sich in der Architektur um alles kümmern soll, bis hin zur Türklinke“, sagt Kurator Ivan Ristić. Ob ein Blumenständer, ein Notenpult, Schmuck oder Geschenk papier, hier wird der Gesamtkünstler offensichtlich. Doch reüssieren konnte Pirchan nicht.

Satte Farben und breite Flächen

Nicht aus Frust, sondern aus Schaffensdrang, so Ristić, wandte er sich der Gebrauchsgrafik zu. Zwischen 1908 und 1918 schuf er zahlreiche durch Klarheit und Farbigkeit auffallende Werbeplakate. Manch einen mögen die oft scherenschnittartigen, abstrakten, teils von japanischer Ästhetik beeinflussten Designs an Matisse oder Toulouse-Lautrec erinnern. „Künstlerisch muss sie sein, aber schreien muss sie auch“, war Pirchans Devise für seine Werbegrafik. Satte Farben und breite Flächen wurden in den Vordergrund gerückt. Was bei der Gegenüberstellung von Entwürfen und Originalplakaten offensichtlich wird: „Er war kein akkurater Pinsler, er arbeitete unter Zeitdruck und schoss eine Idee nach der anderen heraus. Die feine Ausführung überließ er anderen“, so Ristić.

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