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Ereignis ohne Beispiel
„Der erwachende Araber“ heißt ein Buch des Arabers Antonius, das alle arabischen Beschwerden gegen Juden und Engländer zusammenfaßt. Die Wirkung dieses Erwachens im religiösen Leben zeigt eine Reuterdepesche aus Jerusalem über ein Faktum von historischem Werte: Im Namen von 130.000 Christen Palästinas und Transjordaniens sprach beim feierlichen Freitagsgebete der christliche Priester el-Khuri über die arabische Einheitsfront im Kampfe gegen den Zionismus in einer moslimi-schen Moschee. Es ist seit Menschengedenken das erstemal, daß ein Christ in einer Moschee spricht, und zwar geschah das nicht etwa in einer zur Kirche umgewandelten Moschee oder in einer unbedeutenden Dorfmoschee, sondern in der berühmten Aksa-Moschee, dem stolzen Bau Kaiser Justinians, der einst neben den salomonischen Tempelresten in Jerusalem erstand und heute neben dem zweitgrößten Heiligtum der Moslim, neben der grünen Kuppel der Omar-Moschee, dem Haram el-Scheriff, sich selbst als dritthöchstes Heiligtum der Moslim erhebt. In arabischer Sprache pries der christliche Redner geistlichen Standes die „brüderliche Bande zwischen christlichen und muslimischen Arabern im Heiligen Lande“. Und er tat dies herab von der berühmten Kanzel, die einst im Jahre 1164 Saladin von Aleppo herbeigebracht hatte, ein Wunderwerk mos-limischer Holzschnitzerei des 17. Jahrhunderts.
Die Religionstrennung war in Syrien-Palästina unter osmanischer Herrschaft einst eine absolute, und heute noch ist in Jerusalem nicht der Beruf, sondern das Religionsbekenntnis das Maßgebende. Fragt man ajuf der Straße einen Araber, wer dort oder hier wohne, erhält man zur Antwort nicht „der Kaufmann X“ oder „der Advokat Y“, sondern: „der Lateiner X“ oder „der Moslim Y“.
Unter den Christen Palästinas haben zahlenmäßig die Griechisch-Orthodoxen die Führung. 1931, beim letzten Zensus, gab es im Lande 760.000 Moslim, 175.000 Juden und 92.000 Christen gegen 515.000 Moslim, 65.000 Juden und 62.000 Christen im Jahre 1919. Heute ist schätzungsweise das Verhältnis: 800.000 Moslim, 400.000 Juden und 100.000 Christen. Unter den Christen zählen die Orthodoxen etwa 45.000 Seelen, sind also die größte Gruppe. Die anderen sind römische, syrische oder armenische Katholiken, Maroniten, syrische oder armenische Orthodoxen, Anglikaner, Lutheraner, Templer, Malechiten, Kopten, Unierte Abessynier, Chaldäer, Drusen, Metawilen,
Bahaistien usw. Der griechisch-orthodoxe Patriarch leitet sein Amt vom ersten Bischof von Jerusalem, Johannes dem Jüngeren, her. Einer seiner Nachfolger, Sophronius, hat im Jahre 637 die Ubergabe Jerusalems an Kalif Omar vollzogen und ritt mit ihm in die Stadt ein, „indem sie über die Altertümer am Wege sich unterhielten“, wie der Chronist vermerkt. Die Beziehungen zwischen Orthodoxen und Moslim waren immer besonders gut und während der Progrome
malten sie blaue Kreuze an ihre Türen zu ihrem Schutze. Freilich sind sie auch innerlich stark uneins, wie die letzte Patriarchenwahl im Jahre 1936 — die erste seit 1918 — zeigte, als der niedere Klerus zum Proteste gegen den griechischen Einfluß und gegen die Wahl eines griechischen Patriarchen Wahlenthaltung übte, ja das Gebet für den Patriarchen im Gottesdienste strich. Ihre führende Zahl erklärt sich zum Teile auch daraus, daß sie einst unter dem mächtigen
Schutze des Zaren von Petersburg standen. Diese seit 1917 zerrissenen Bande wurden nun im Kriege infolge der geänderten
Kirchenpolitik Moskaus neu geknüpft.
Immerhin ist eine Christenpredigt in der Aksa-Moschee eine für Moslim-Begriffe unerhörte Tatsache, ein Durchbruch einer bereits erwachten nationalen Einigung im Zeichen des Religionsfriedens zwischen Moslim und arabischen Christen zur Abwehr des Zionismus.
Der Heimkehrer:
An Ofterretch!
Jahrelang hab ich dich nicht mehr geschaut, als in den Träumen — und doch war vertrau' wieder dein Antlitz mir, als ich dich fand, dich, du mein ewiges, heiliges Landl
Jenseits der Grenzen, doch mitten in dir, trug ich den brennenden Glauben in mir, daß du, auch arm und von allen verkann' leuchtend erstehen wirst, heiliges Landl
Hast schon viel Schmerzen in Demut ertragen, nun sind wir da und wir lassen es tagenl Nimm unsre Hände, die Herzen zum Pfand, wollen dir dienen, du heiliges Land!
Franz Haui,
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