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Es ist ein gutes Land

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Die Wachau, ein Ferienland zwischen Ybbs und Krems im Niederösterreichischen, ist eine gelungene Mischung zwischen der schönen, blauen Donau, verträumten Kleinstädten, winzigen Winzerorten, einzigartigen Kulturstätten, Bergen, bewaldeten Hügeln und üppigen Weingärten. Die dort ungewöhnlich milde Witterung mit sehr viel Sonne, wenig Wind und einem Minimum an himmlichem Naß setzt diesem reizvollen Flußtal das I-Tüpfelchen auf. v

Charakteristisch für die Wachau beiderseits der Donau sind die an jeder Flußbiegung ins Blickfeld rückenden Wallfahrtskirchen, Burgen, Ruinen und Schlösser, die fast überall auf hohen 'Felsenkanzeln thronen. Rechts und links des Stromes ziehen sich vielbefahrene Panoramastraßen dahin. Auf den stetig zum Schwarzen Meer eilenden Donauwellen spielt sich ein reger Fracht- und Personendampferverkehr ab. Immer wieder hört man schmetternde Bordkapellen und sieht vergnügte Sommerurlauber, die vom Deck aus im Vorbeigleiten den wechselnden Motiven nachblicken. Sofern der Landstraßenwanderer am gegenüberliegenden Ufer besonders interessante Punkte entdeckt und dadurch der Wunsch eines Seitenwechsels akut wird, benützt er eine der Rollfähren, die allenthalben schwer und breit das trennende Wasser durchpflügen. Natürlich spannen sich auch Brücken mit der ihnen eigenen Verbindlichkeit von hüben nach drüben, so beispielsweise die neuerdings in Betrieb genommene Donaubrücke bei Ybbs am Ostausgang des Strudengaues, die über den Staudamm des Kraftwerkes Persenbeug führt.

Hier am großen Donauknie bildet Schlot Persenbeug auf erhabener Höhe den malerischen Auftakt zu den Herrlichkeiten der Wachau, zu denen sich Schloß Wallsee aus dem Jahre 1364 und die Stiftskirche Ardagger bei Ybbs gesellen.

Zu Füßen des 443 m hoch über der Donau ge-le genen Wallfahrtsortes Maria-Taferl ziert die aus der Römerzeit stammende Siedlung Pöchlarn das rechte Donauufer. Die heute so blühende Ortschaft hieß dereinst Bechelaren und war Sitz des aus dem Nibelungenliede bekannten Markgrafen Rüdiger und des streitsüchtigen Hagen von Tronje, der später Siegfrieds Mörder wurde.

Auf die erholsamen kleinen Urlaubsplätze, Marbach, Lehen, Luberegg und Emmersdorf, folgt Melk, eine etwas größere Stadt am Strom mit einer breiten Donaupromenade, mittelalterlichen Bürgerhäusern und verwinkelten Gassen. Über dem Dächergewirr erhebt sich auf einem 60 m hohen Felsfundament das palastartige Benediktinerstift Melk, eines der prächtigsten Barockschlösser Österreichs, mit bemerkenswerten Kunst- und Kulturschätzen. Der wuchtige Monumentalbau hat so viele Fenster, wie das Jahr Tage zählt. Die beiden formschönen Türme und die gewaltige Kuppel entschwinden erst dann dem Blickfeld, wenn das Servitenkloster Schönbühel die Aufmerksamkeit des Betrachters fesselt.

Die besonders bei den Wienern beliebten Sommerfrischen Aggsbach-Dorf und Aggsbach-Markt seien denjenigen als Standquartier ans Herz gelegt, die wirklich Ruhe brauchen und echt österreichische Gastlichkeit kennenlernen wollen und schätzen. Im nahen Willendorf fand man bei Ausgrabungen die klassische „Venus von Willendorf“. Ein erlebnisreicher Ausflug führt ab Spitz zum 960 m hohen Jauerling und zur benachbarten Wallfahrtskirche Maria-Laach. Weißenkirchen mit seinen lauschigen Höfen, der weithin sichtbaren Wehrkirche, den antiken Renaissancehäusern und einem modernen Strandbad ist einer der beglückenden Fremdenverkehrsorte des ganzen Donautales. Wer Arnsdorf von

Oberarnsdorf, Mitterarnsdorf, Bacharnsdorf und Hofarnsdorf noch unterscheiden kann, hat noch nicht tief genug ins Glas gesehen. An einer ausladenden Stromschleife ziehen sich zwischen der Ruine Dürnstein und dem Donaukai die Häuser des besonders dekorativen Städtchens Dürnstein dahin. Mit einem Besuch der Schwesternstädte Krems-Stein findet der ebenso weinselige wie anschauliche Ferienbummel durchs Wunderland der Wachau seinen Höhepunkt und Abschluß.

Eindreiviertel Stunden fährt der Triebwagenzug von Wien nach Süden auf den Semmering. Die anderen Schnellzüge brauchen seit der Elektrifizierung bis Mürzzuschlag nur wenig länger, und so hat es die verhältnismäßig geringe Entfernung mit sich gebracht, daß der Semmering, ein östlicher Ausläufer der Alpen, seit eh und je zu den „Hausbergen“ Wiens gehört. Seit der Zeit jedenfalls, da es immer mehr üblich wurde, das Leben in der Stadt zu kürzerem oder längerem Aufenthalt „auf dem Land“, in gesunder Luft und inmitten der Schönheit und des Friedens der Natur zu unterbrechen. Und da lag den Wienern und ihren Gästen der Semmering verlockend vor der Tür. Bildlich und in Wirklichkeit! Bildlich geradezu vor der „Haustür“ Wien, und in Wirklichkeit vor der Coupetür der Eisenbahn, die seit 1854 den Reisenden rasch und bequem auf den Semmering bringt, seit Carl von Ghegas kühner Bau der Semme-ringstrecke mit ihren 15 Tunnels und ihren 16 Viadukten vollendet war, die erste Gebirgsbahn der Welt, die vor allem in Südamerika als Vorbild benützt wurde.

Längst führt auch eine vorzügliche breite Autostraße über den Semmering. Ob man sich über ihre Kehren im eigenen Wagen oder ,im Autobus hinauftragen läßt ' oder ob man im. Zug die riesigen Serpentinen ausfährt, in denen die Bahn zur Höhe klimmt, stets ist schon die Zufahrt ein Genuß, die immer wieder einen neuen, herrlichen Blick freigibt, hinunter ins Tal, weit hinaus in die Ebene und auf die Berge ringsum; links auf den Sonnwendstein, rechts auf die Raxalpe und Schneeberg. '

Und wenn man dann oben ist, dann stellt sich heraus, daß der „Haasberg“ gar kein Berg ist, sondern ein Paß in 980 Meter Höhe, und ein Ort von Hotels und Villen, inmitten von Waldhängen, die vor dem Wind schützen und der klaren Gebirgsluft ihr würziges Aroma mitteilen.

Über 70 Jahre ist der Kurort Semmering, der inzwischen auch einer der bekanntesten internationalen Wintersportplätze Österreichs geworden ist. Ein paar schwere Jahre hat er hinter sich, als zu den Schäden, die der Krieg verursacht hatte, die unangenehme unmittelbare Nachbarschaft der Demarkationslinie kam, die gerade hinter dem noch zur russischen Besatzungszone gehörenden Semmering verlief. Doch seit dem Abzug der Besatzung ist der Semmering wieder bereit, seine große Tradition aufzunehmen, die begründet wurde, als sich die große Gesellschaft des alten und später neuen Österreichs hier Stelldichein gab, deren Dichter Arthur Schnitzler und Stefan Zweig denn auch verschiedene ihrer Werke auf dem Semmering spielen lassen. Und wie der Semmering in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen bei aller Wahrung seines Ranges als eleganter Weltkurort einem immer breiteren Publikum aus allen Ländern Rast und Erholung spendete, so stehen auch heute noch neben den Luxushotels gutbürgerliche Häuser bereit, die Gäste zu empfangen. Auch für die Touristen, die den Semmering zum Ausgangspunkt ihrer Wanderungen machen wollen, ist bestens vorgesorgt.

In der Bergwelt der Umgebung lassen sich herrliche Touren unternehmen, auf den Sonnwendstein etwa, den Hoch Wechsel, die Rax, den Schneeberg. Wer sich aber nicht zum Bergsteiger berufen fühlt, dem bietet der Semmering im Sommer und im Winter eine Unzahl reizvoller Spaziergänge durch seine Laub- und Nadelwälder.

Strandbad, Hallenbad, Tennisplätze, Golfplatz geben den Sportlern Gelegenheit zur Betätigung, denen im Winter ein ideales Skigelände mit leichten Übungswiesen und interessanten Abfahrten, Sprungschanze, Eislaufplatz und Rodelbahn zur Verfügung stehen.

Und natürlich fehlt nichts an Bequemlichkeit und Komfort, an Unterhaltungsmöglichkeiten und Zeitvertreib, was zum Leben eines internationalen Kurortes gehört. Erst, in jüngster Zeit hat der Semmering mit seinem Spielkasino eine neue Attraktion erhalten, die in den Frieden der Berge ein wenig das Flair der großen Welt bringt. In dieser Atmosphäre, vermengt mit seiner klaren reinen Gebirgsluft, ist der Semmering mehr als 70 Jahre alt geworden - nein, mehr als 70 Jahre jung geblieben!

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