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Festivals beim deutschen Nachbarn

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Der Kultur-Tourismus boomt wie nie zuvor und Reiseveranstalter bieten immer mehr Pauschalreisen inklusive kultureller Veranstaltungen an. So widmet sich eineinhalb Monate vor den Salzburger Festspielen das Musikfestival Potsdam Sanssouci vom 9. bis 25. Juni dem vor zweihundert Jahren geborenen „König der Künstler”, Friedrich Wilhelm IV. Eine Vielzahl von Konzerten, Lesungen, Opern- und Theateraufführungen sowie eine große Ausstellung der Stiftung Preußische Schlös-.ser und Gärten Berlin-Brandenburg, die das Leben und künstlerische Wirken dieses Monarchen zeigt, werden angeboten.

Friedrich Wilhelm IV., ausgestattet mit einer ausgeprägten musischen Begabung, flüchtete oft vor dem politischen Tagesgeschäft in intensive künstlerische Betätigung. Von allen preußischen Herrschern hat keiner die Architekturgeschichte seiner Zeit so nachhaltig mitgestaltet wie er. Er beschäftigte so herausragende Künstlerpersönlichkeiten wie Karl Friedrich Schinkel und Peter Joseph Lonne. In Potsdam hinterließ er ein Ensemble aus Architektur und gestalteter Landschaft, das heute als Potsdamer Kulturlandschaft weltweite Berühmtheit genießt. In Berlin sind seine Ideen in die Bauten des Alten und des Neuen Museums sowie der Nationalgalerie eingeflossen.

Bei den Musikfestspielen Potsdam Sanssouci 1995 wird nicht nur in der Friedenskirche im Park von Sanssouci musiziert, in jener Kirche, zu der

Friedrich Wilhelm IV. 1845 den Grundstein legte und in der er und seine Gemahlin die letzte Ruhestätte fanden. Dabei stehen unter anderem „Messias” von Georg Friedrich Händel, Kammermusik von Felix Men-delssohn-Bartholdy auf dem Programm. Im Schloßtheater des Neuen Palais von Sanssouci, dem einzigen erhaltenen Schloßtheater des friderizia-nischen Rokoko, werden Baldassare

Galuppis heitere Oper „Der Philosoph auf dem Lande” sowie Shakespeares „Sommernachtstraum” aufgeführt.

Aber auch die Budolstädter Festspiele im Osten Deutschlands bieten einen Ohrenschmaus der besonderen Art. Des Wagner-Sohns Opern „Ba-nadietrich” und „Wahnopfer” stehen auf deren Programm vom 10. bis 25. Juni. 1665 wurden erstmals Theater-und Musikfestspiele auf der Heidecksburg ausgerichtet, einem prachtvollen Schloß oberhalb der malerischen Besidenzstadt Rudolstadt im Herzen Thüringens. Bis ins 18. Jahrhundert hinein gab es mit Unterbrechungen, Siegfried Festspiele, deren Tradition dann in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wieder aufgegriffen und neubelebt wurde. Der musikalische Hauptträger der Festspiele, die Thüringer Symphoniker Saalfeld-Rudolstadt kann auch auf eine nunmehr 360jährige Geschichte zurückblicken (als Hofkapelle wurden sie 1635 gegründet) und ist somit eines der ältesten Orchester Deutschlands. Mit Oper, Schauspiel und Konzerten präsentieren die Festspiele ein eher ausgefallenes Programm, in auffälligem Maße spielen die Werke Siegfried Wagners eine zentrale Rolle. Nach „Bärenhäuter” 1992, „Schwarzschwanenreich” 1993 und „Wahnopfer” 1994 wird nunmehr „Banadietrich” aufgeführt. Der sagenhafte Dietrich von Bern und die Nixe Schwanweiß sind die Hauptpersonen einer märchenhaften Handlung voller komplizierter menschlicher Verwicklungen in einer Partitur von faszinierender spätromantischer Eigenart. Die Oper wurde 1910 uraufgeführt. Auch Wagners im Vorjahr vom Publikum hochbejubeles Bühnenwerk „Wahnopfer” steht heuer wieder auf dem Spielplan.

Besonderem widmen sich in diesem Jahr auch die Musikfestspiele Saarland in Saarbrücken mit ihrem künstlerischem Leiter Bobert Leonardy: Vom 2. Juni bis 2. Juli bietet man Interessierten britische Musik. Mit Werken von der Benaissance bis zur Gegenwart gibt das Festival den bislang umfassendsten Überblick über die britische Musik auf dem Kontinent. Das Programm ist weitgefächert, so findet man nicht nur Purcell und Händel, sondern auch die Messe in D-Dur der englischen Komponistin Ethel Smyth (1858-1944); das Artus-Quartett spielt als deutsche Erstaufführung ein Streichquartett von Georg Macfarren (1813-1887), das unveröffentlicht im Fitzwilliam Museum im Cambridge ruhte und Andrew Lloyd Webbers „Requiem”. Von Georg Friedrich Händel steht „Israel in Ägypten” auf dem Programm. Wesentlicher Bestandteil der Konzeption des Saarländischen Festivals besteht in der Einbeziehung von Solisten, Chören und Ensembles aus dem Saarland. Sie erhalten im Rahmen des Festivals die Möglichkeit, sich vor einer breiten Öffentlichkeit zu profilieren. Auch die Musikhochschule des Saarlandes, das Saarländische Staatstheater und der Saarländische Rundfunk mit seinem Orchester sind in das Festival einbezo-gen.Also:

„Es muß nicht immer Bayreuth sein!” (Informationen und detaillierte Programme erhält man beim Festspielservice, 5026 Salzburg, Postfach 2. Tel.: 0662/64 37 42 oder 64 37 62.

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