Fotografisches Gipfeltreffen

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Es ist nicht wirklich lange her, dass in der Menschheitsgeschichte vermerkt steht, dass der Berg ruft. Für die weitaus längere Zeitspanne galt er als abstoßendes Ungetüm, dem man lieber aus dem Weg ging. Abgesehen von den nicht bildlich dokumentierten Vorleistungen von Petrarca und jenem steinzeitlichen Jäger, den alle Welt als "Ötzi" kennt, brachte erst das 19. Jahrhundert eine entscheidende Wende. Wie die diesjährige Fotografieausstellung in der Albertina zeigt, musste die neue Liebe zu den kalten Regionen dieser Erde nun obendrein nicht mehr bloß beschrieben oder malerisch verkündet werden, sondern konnte mit dem neuen Medium der Fotografie einen Flair von Unmittelbarkeit bis in die Wohnsalons der Städte bringen.

Ungefähr mit den 1860er Jahren beginnt sich die Scheu vor den unwirtlichen Gegenden in Richtung einer sportlichen Eroberung derselben zu verschieben. Der sichere Abstand zu den Berggipfeln zerbröckelt. Zunächst weil sich das wissenschaftliche Interesse über die genaue Detailansicht der Motive aus den Gletscherregionen, nicht nur aus dem Hochgebirge, sondern auch aus dem nördlichen Eismeer, neue Erkenntnisse erwartet. So dokumentiert Friedrich Simony über Jahrzehnte von einem konstanten Blickpunkt aus die Gletscherveränderungen, die Fotografie hält er dabei für eine zweckdienlichere Methode als die Beobachtung vor Ort, bei der man zu leicht Einzelheiten übersieht. Diese Fotografien aus dem 19. Jahrhundert, die in der Albertina zu sehen sind, belegen eine eigenwillige, aber gelungene Verbindung zwischen geologischem Forschergeist, der Verfeinerung der technischen Abbildungsverfahren und dem kompositorischen Wissen der bildenden Kunst. Dennoch setzte die Fotografie, in Abgrenzung zu den Vorgangsweisen der damals auch schon etablierten Hochgebirgsmaler, neue Akzente.

Die Fotografen mussten viel näher an ihre Motive herankommen als die Maler, das führte einerseits zu einer Vereinzelung der Gipfel, die nun nicht mehr in ein Panorama eingebettet waren. In der Arktis erzeugten die Kargheit der Landschaft und die ungewöhnlichen Lichtverhältnisse ähnliche Transformationen. Darüber hinaus erzielte das junge Medium durch die damals bereits beliebten Stereobilder ein Gefühl von räumlicher Nähe. Dass die Faszination für die Weite des Eises ungebrochen geblieben ist, belegen die Beispiele aus der Zeitgenossenschaft.

Die Weite des Eises. Arktis und Alpen 1860 bis heute

Albertina Albertinaplatz 1, 1010 Wien bis 23. November, tägl. 10 - 18 Uhr, Mi 10 - 21 Uhr

Katalog hg. von Monika Faber, e 19,50

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