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Franz Anton Maulbertsch — ein Zeitalter

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Man darf dem verheißungsvollen Plakat mit der mächtigen, dynamischen Engelsfigur glauben, daß es sich bei der Ausstellung „Franz Anton Maulbertsch und die Kunst des Oesterreichischen Barock im Jahrhundert Mozarts“ (Albertina, Wien) tatsächlich um die repräsentative Darstellung eines ganzen Zeitalters handelt, dessen signifikanteste Künstlerpersönlichkeit neben den großen Architekten ohne Zweifel der schwäbische Kirchenmaler Maulbertsch war, der im alten Oesterreich seine geistige Heimat und Wirkungsstätte fand. Das Maestose, Dynamische, Ekstatische und Gloriose des Barock feiern in ihm Triumphe. Wenn auch die Graphikausstellung der Albertina naturgemäß kein adäquates Bild seines Farben-tumultes, der- Großräumigkeit seiner Konzeptionen und der völligen Verschwisterheit mit der Architektur geben kann, enthält sie doch den vehementen Duktus seines leidenschaftlichen Temperamentes, das himmlisch heitere seiner Visionen und die humane Größe seiner Person. Die Albertina hat das Verdienst, erstmalig aus eigenen, aus staatlichen, aus klösterlichen und privaten Beständen diese umfassende Dokumentation des graphischen Werkes Maulbertschs zusammengetragen zu haben. Diese festliche Ausstellung wird Europa die Größe des habsburgischen Imperiums eindrucksvoll demonstrieren.

Ein Pro und Contra an Gefühlen und Motiven löst die Secessionsausstellung (Wien) „Eine Auswahl für Mozart“, „Thema und Contrapunkt“, aus. Musik und Malerei sind verschiedene Künste, die partielle Verwandtschaft wird besser nachträglich festgestellt, als von Malern bewußt herbeigeführt. Ein Gutteil des Ausgestellten hat mit dem Thema Musik nichts zu tun. (Hann Trier: „Nähmaschine“, für Mozart?) Pathetisch und ungeduldig Formuliertem, den Aktualitäten des Tages Nachempfundenem und bedenkenlos Ausgehängtem stehen sorgfältige gedankliche und malerische Bemühungen gegenüber. Daß Ernst Wilhelm Nay zu der Handvoll guter deutscher Maler gehört, die mit Recht über die Grenzen der Deutschen Bundesrepublik hinaus bekannt sind, wird durch sein ..Figurales Formbild“ und durch das nicht nur konstruktive Können, sondern ebenso seelisches Empfinden ausweisende Bild „Dominant braun“ erwiesen. fSonderbarerweise müssen alle Ausländer im Katalog ohne Vornamen auftreten, während den Oesterreichern solche zugebilligt werden.) Willi Baumeister, durch keine seiner großen charakteristischen Arbeiten vertreten, wird durch das „Montaru-Motiv“ angedeutet. Ein vereinsamter entzückender Klee (Lithographie „Insekten“) ist Andeutung und Kostprobe. Hann Triers abstrakte Nähmaschine steht zwischen Mechanismus und Organismus. „Fallendes Rot“ von Fritz Winter ist voller dichterischer Kraft und erinnert an beste Arbeiten von Klee.

Mit einem kultivierten „Stilleben“ vertritt R. C. Andersen die Seniorengeneration der österreichischen Moderne. Dem gegenüber stehen Neuentdeckungen aus jüngster Schichte. Markus Prachensky mit zwei konsequent zu Ende gedachten, mit geistiger Behutsamkeit ausgeführten abstrakten Kompositionen. Wolfgane Hollegha mit seiner warm empfundenen, hohen Farbensinn verratenden „Komposition mit zwei Kreisen“. Josef Mikl, Arnulf Rainer, Maria Laßnig bewähren sich wie bisher. Mario Decleva, einfallsreicher als Radierer, gleitet stark ins Dekorative ab. Fruhmanns Konstruktionen werden durch lyristische Spachteltechnik im Endeffekt vermindert. Das bläßliche Plakat erinnert an eine schlecht gewischte Schultafel.

Die Lebensarbeit eines Lehrers und Bühnenbildners im Spiegel seiner Schüler liegt in der Ausstellung „Erschaut und gestaltet“ (Wien, Künstlerhaus) vor. Die Schule Pirchan ist ein Begriff geworden über die Grenzen Oesterreichs hinaus nicht im Sinne einer manieristischen Stilistik, sondern im Sinne einer allseitigen soliden technischen und künstlerischen Ausbildung, die ebenso das Maletische wie das Architektonische des Bühnenraumes berücksichtigt. In dieser reichhaltigen Schau fallen die farbenprächtigen Kostüme Elizabeth Wongs ins Auge, die manchmal fast surreal getönt sind. Oder Wolfram Skalickis impressionistische Entwürfe für die Oper in Graz. Alice Schlesinger schuf die Kostüme für „Kiss me, Kate“ an der Volksoper. Erich Kondrak arbeitet für das Fernsehen am österreichischen Rundfunk. Arno Kart hat mit seinen strengen weißen und schwarzen Entwürfen zum „Seidenen Schuh“ von Claudel vor einigen Jahren den Meisterschulpreis errungen. Pirchan-Schüler arbeiten in Berlin, Bayreuth. Rom und an vielen kleinen und großen Bühnen des In- und Auslandes.

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