6677123-1961_27_15.jpg
Digital In Arbeit

Franzosische Plastik in Wien

Werbung
Werbung
Werbung

Es war an und fiir sich eine gute Idee, die „Meisterwerke franzosischer Skulptur im 20. Jahrhundert” im obereu Park des Palais Schwarzenberg im Freiraum des trockengelegten Teiches zur Aufstellung zu bringen, weil eine Placierung im Freien Skulpturen det hartesten Bewahrungs- profoe aussetzt. Nicht alle der ausgestell- ten Plastiken halten ihr stand, ja sind da- ffir geeignet oder gedacht, datum hat der Architekt und Gestalter der Ausstellung auch richtigerweise zwei hiibsche leichte Pavilions an die Langsseiten des Beckens gesetzt, die etwa die Halfte der Werke aufnehmen. In ihrer jetzigen Form hat aber diese Losung zwei Nachteile: Die Pavilions sind nioht begehbar und redu- zieren die Blickpunkte — was nicht sehr sohaden wurde, wenn man die richtigen Plastiken dafur ausgewahlt hatte. „Der Hund” von Giacometti, die „Frau mit Facher” von Laurens, die „Mutterschaft” von Zadkine zum Beispiel sind Arbeiten, die diese Reduzierung des Umraumes ver- tragen, problematisch wird die erzwungene Distanzierung (und zu hohe Aufstellung) schon bei Despiau und unmoglich bei Gonzalez und Arp, deren graphische und voluminose Entfaltung in den Raum da- durch negiert und fiir den Betrachter zer- stort wird. Hingegen hatten das „Cello” von Zadkine, die „Nixen” von Laurens und die „Liegende” von Arp sowie die ,.L6ffel-Frau’ von Giacometti ohne weiteres die Einengung vertragen. AuBerdem erscheinen einige Plastiken in ihnen nicht gemaBer Hohe aufgestellt — ein krasses Beispiel ist der ..Storrische Widder” von Bourdelle. Die Aufstellung von Plastiken ist eine auBerst diffizile Angelegenheit, die man am besten einem Bildhauer fiberlaflt.

Trotz dieser — vermeidbaren — Mangel ist das Bild der Ausstellung eindrucksvoll. Es sind wirklich Meisterwerke in ihr zu sehen, allerdings auch einige Fehlleistun- gen in der Auswahl. Rodin ist mit seinem „Ku6”, dem „Verlorenen Sohn”, der — sinnlos aufgestellten — „Eva”, am starksten aber mit dem „Schatten” vertreten, bei dem das rotnantische Pathos der plastischen Modulierung die Waage halt. Maillol wirkt am starksten in der „Venusbfiste” und der kleinen ..Baden- den”, in denen seine Klassik am reinsten erscheint, Bourdelle in seinem ..Beethoven mit zwei Handen” und der ..Badenden”, die schon am Ubergang zu seinem dekorativen Stil der Bauplastik steht. Die ..Venus victrix” von Renoir ist ein besonders schones Werk, obwohl dem FluB der Linienffihrung und der Formen keine ebenso starke Belebung der Plastik ent- spricht, was aber aus den Umstanden ihres Entstchens erklarlich wird. Dem Klassizismus gehfirt auch Despiau an, der groBe Affinitaten zu Derain besitzt. Die

Auswirkungen des Kubismus, mit seiner multiplanen Darstellung der Formen, lassen sich an Zadkine und an Laurens studieren, obwohl leider die besseren frfihen kleinen Arbeiten von Zadkine fehlen. Sein „Gro- Ber Bote” ist zu uberladen und dekorativ. Zutiefst bedauern muB man das Fehlen von Arbeiten Brancusis — verschiedene Ten- denzen der modernen Plastik sind ohne ihn nicht verstandlich. Duchamp-Villon ist sehr stark vertreten, der zu fruh Verstor- bene gehort mit seinem „Pferd” allerdings mehr zum Futurismus als zum Kubismus. Gargallo fiberzeugt starker im ,.Torso” als in den kunstgewerblichen Bronzen. Der groBe Anreger und Experi- mentator der modernen Plastik, Picasso, ist mit der Sechsergruppe — totemistischen, auf Zeiehen reduzierenden Collagen — wohl aperfuhaft, aber keineswegs gfiltig vertreten. Eine Auswahl aus verschiedenen Epochen ware notwendig gewesen. Gonzalez, dir von Picasso herkommt, ist mit seinen Metallgraphiken einer der starksten Eindrficke der Ausstellung, obwohl hier die Frage der Grenzziehung zur Plastik auf- taucht. Giacometti kommt vom Surrealis- mus zu einer imaginativen Formaskese, Arp arbeitet mit der vegetativen Metamorphose assoziativer Formen. Bei Germaine Richier beeindruckt der „Nacht- Mensch” starker als ihre makabren Form- verwandlungen. Stahly bewegt sich zwischen Arp und Gilioli, der auf den Spu- ren Brancusis bleibt, ohne dessen Reinheit und Vorstellungskraft zu erreichen. Die Aufnahme der Plastiken von Leygue und Couturier in diese Schau muB mit Ver- wunderung erffillen, ihr Dilettantismus stort die schone Ausstellung, die der Zu- sammenarbeit der osterreichischen Kultur- vereinigung mit dem Institut Francais de Vienne zu danken ist. Claus Pack

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung